Ferienarbeit früher

[Ex-DrKarg]

Ferienarbeit früher

©Hans Hartmut Karg
2016

Das waren noch Zeiten, als ich Schüler war,
In den Ferien bedacht aufs Arbeiten,
Um mit der solidarischen Arbeiterschar
Den Horizont ständig zu weiten.

Im Sommer um Drei in der Limonadenfabrik
Hatte ich zwölf Stunden Flaschen zu waschen.
Das Fließband trieb mich zu Eile, Geschick:
Man brauchte keine Luschen und Laschen!

Zu Steinbrüchen fuhr ich Sprengladungen hin,
Dazu lockten mich Angst und Neugierde.
Der Jugendschutz stand noch im Anbeginn
Das Herausfordernde mich animierte.

In einer Villa war ich dann Gärtner,
Jätete Unkraut, mähte und pflanzte,
Übernahm auch Dienste, als wäre ich Pförtner,
So dass mein Gerede die Gäste umtanzte.

Als Beifahrer transportiert' ich Getränke,
Mit dem Brauer fuhren wir zu den Stammkunden.
In den Gaststätten füllten wir die Kühlschränk –
Und haben uns dabei mächtig geschunden!

Mit dem Presslufthammer sodann im Zementwerk
Mauerten Schamottteile wir in den Drehöfen aus.
Hitze und Staub machten aus mir einen hustenden Zwerg,
Doch jetzt verstand ich: „Mach' etwas draus!“

Da geht man gern in die Schule zurück,
Denn man weiß jetzt, was einem blüht,
Wenn aus dem Horizont Lernen, Geschick
Kommen – die Zukunft man nicht mehr sieht.

Erst spät kam dann die Kinderbetreuung,
Weil die Stadtranderholung da boomte
Und ich als Student nun und ohne Reuung
Das künftige Leben herzoomte.

Nur wer vielfältige Arbeit aufnimmt,
Der kann auch später ermessen,
Was an Schwerstarbeit manchen Arbeiter bestimmt,
Weil dort Körperarbeit das Tagwesen.

Man lernt nach schwerer Ferienarbeit
Wieder lieber in Schule und Buch
Und wird offener nun zum Studium bereit,
Weil die Arbeit kein rotes Tuch.

*

[gummibaum]

An so etwas kann ich mich auch noch gut erinnern. Übrigens: Etwa die Hälfte meiner Schüler/innen arbeitet auch während der Schulzeit.

Gern gelesen
LG gummibaum

[Thing]

Die Schülerarbeit wurde ja ziemlich "karg" bezahlt, aber es kam doch etwas zusammen, um sich ein Extra leisten zu können.

Für mich war das nichts. Ich hab in den Ferienzeiten durchweg gelesen.

[gummibaum]

Eine "karge" Mark pro Stunde in der Gärtnerei und dann in der Apotheke für Chemikalien ausgegeben.

[Thing]

Tja, das waren noch magere Zeiten!
Meine Schwester war auch in einer Gärtnerei - 4 Wochen Arbeit = 1 Paar neue Schuhe.

[Ilka-Maria]

So etwas gab es?

Auf die Idee, in den Ferien zu arbeiten, wären weder meine Eltern noch ich selbst gekommen. Auch meine Schulkameraden arbeiteten nicht, das war überhaupt kein Thema.

[Ex-Dabschi]

Zitat von Ilka-Maria

So etwas gab es?

Auf die Idee, in den Ferien zu arbeiten, wären weder meine Eltern noch ich selbst gekommen. Auch meine Schulkameraden arbeiteten nicht, das war überhaupt kein Thema.

Ja, so etwas gab es und es war zu meiner Kinder- und Jugendzeit in der ehemaligen DDR ganz normal, dass wir in den Ferien arbeiten gingen (natürlich nicht während der ganzen Ferienzeit), z.B. als Erntehelfer oder in der Produktion am Fließband ...

Es war ein tolles Gefühl, das erste selbstverdiente Geld in den Händen zu halten ...

[Thing]

Zitat von Dabschi

Es war ein tolles Gefühl, das erste selbstverdiente Geld in den Händen zu halten ...

Ja, das sagte meine Schwester auch.

[Ex-DrKarg]

Liebe Mitdichterinnen, liebe Mitdichter,
ab meinem zehnten Lebensjahr musste ich während der Sommerferien Ferienarbeit leisten, weil meine Eltern arm waren. Da es mit 2,80 DM am meisten Geld beim Flaschenwaschen in der Limonadenfabrik, beim Fahren von Sprengstoff für die Steinbrüche in Süddeutschland und später beim Presslufthämmern in der Zementfabrik gab, habe ich natürlich diese Arbeiten angenommen und konnte mir dadurch Dinge kaufen, die meine Mitschülerinnen und Mitschüler wegen des Reichtums ihrer Eltern schon lange hatten.
Herzliche Grüße H. H. Karg