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Alt 08.05.2016, 14:09   #1
weiblich Ilka-Maria
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Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.133


Standard Teenager-Träume

Die Welt hat beschlossen, unterzugehen.

Sie hat bereits damit begonnen, das kann ich bezeugen: Meine Mutter liebt mich nicht mehr, mein Vater ignoriert mich, mein älterer Bruder ist zum Sportler des Jahres gekürt geworden, Cousine Vanessa hat ihr erstes Kind geboren, meine Patentante hat eine lebensgefährliche Lungenentzündung, meine Schwester Julia verlobt sich demnächst, meine beste Freundin Katrin hat ihren ersten festen Freund, und kein Aas hat eine Ahnung, dass es mich noch gibt. Während das alles abläuft, sitze ich in meinem Zimmer, lese in einem Buch und kaue mir die Nägel ab.

Alles wäre gut, wenn nur einmal dieser Weiße Ritter auftauchte, von dem in dem Buch fabuliert wird. Der im letzten Moment das Mädchen vom brennenden Scheiterhaufen rettet oder das verstoßene Kind aus dem Wald der Verbannung befreit und zu seiner Gemahlin macht.

Das passiert natürlich nicht. Aber es liegt nicht daran, dass es diese Ritter – oder diese Prinzen – nicht gibt.

Die Wahrheit ist: Die Wege des Prinzen und der Prinzessin kreuzen sich nur selten. Eigentlich nie. Wenn doch, ist das wie ein Sechser in der Lotterie.

Aber selbst wenn sich die Wege gekreuzt haben, ist der Prinz längst nicht am Ziel, denn er muss noch den Drachen überwinden. Für manche Prinzen ist der Drache die Schwiegermutter, für andere Prinzen der innere Schweinehund. Andere Mütter haben auch hübsche Töchter, die von Dornenhecken umgeben sind – drum prüfe, wer sich ewig bindet!

Warum also das Schwert in die Scheide stecken, solange es so viele Dornenhecken zu durchdringen gibt? Solange es noch viele hübsche Königstöchter gibt, die wachgeküsst werden wollen?

Seufzend schlage ich mein Buch zu. Vielleicht kommt mein Prinz vorbei, drückt auf die Klingel und begehrt Einlass, damit ich ihm in Mathe helfe, weil er mit seiner Hausaufgabe nicht klar kommt. Vielleicht muss ich ihn wachküssen, damit er die binomische Formel kapiert.

Das wäre immerhin ein Anfang. Und eine mutige Tat, meine Welt zu retten. Und seine vielleicht auch.

Danach könnten wir in die Eisdiele gehen. Das wäre zwar nicht romantisch, aber wahnsinnig cool.

08.05.2016
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.05.2016, 15:02   #2
weiblich Ex-Thrud
abgemeldet
 
Dabei seit: 04/2016
Beiträge: 213


Standard Liebe Ilka,

jaha! Der Titel ist gut gewählt. Mir gefällt die leichte Ironie, die durch den Text hindurch schimmert. Es soll ja Frauen geben, die mit 50 noch auf den Prinzen warten und nie begreifen wollen, dass Märchen nicht wahr werden. Selbst wenn der Prinz alle Dornen überwindet, mit dem Drachen kämpft und ihm den Kopf abschlägt, ist da noch dieses verflixte reale Leben, in dem man Tag für Tag etwas für die Traumbeziehung tun muss, weil sie sonst schnell stirbt.
Gerne gelesen!

Liebe Grüße

Thrud
Ex-Thrud ist offline   Mit Zitat antworten
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