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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 10.06.2015, 16:44   #1
männlich Laie
 
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Standard Elegie

Es senkt die Nacht sich auf den Tag hernieder
und Dunkelheit senkt sich hinab auf mich;
und altes Denken legt sich einmal wieder
ja so gedankenschwer auf mein Gesicht.
Zwar macht des Kummers Walten mich rasch müder,
doch nur der Tat, die Sinne aber nicht.
Ich weiß, so darf, so kann ich nicht verbleiben;
ich will, ich muss die Qualen niederschreiben:

Welch' grausam Los ist mir denn nur erhoben,
dass Neid die Liebe übermannet hat,
dass wilde Wehen mir im Herzen toben
an einer himmelshohen Wonne Statt?
Von Unglück scheint mir jeder Weg durchwoben;
o Herr, ich bin des tristen Lebens satt.
Sieh, welch' Entbehrung muss ich einsam leiden;
und ohne Hoffen blieb' mir nur das Scheiden.

So hoffe ich des Morgens frischer Helle,
die mich aus meiner Finsternis befreit,
der jungen Seele viel zu engen Zelle.
Doch ist der Mut auch kühn, das Herz auch weit,
was wartet Neues hinter alter Schwelle?
Wird segensreich und reicher noch die Zeit?
Vergehen Aug' und Brust in stillem Sehnen?
Mir bleibt kein Rat, nur tausendfache Tränen.
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Alt 10.06.2015, 22:13   #2
männlich urluberlu
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Mensch, Tiger, das klingt, als würdet du in einem ganz fürchterlichen Elend hocken und dich unter einem Hagel melonengrosser Steine ducken!

Aber ich sehe da auch Lichtblicke: Du treibst die Verfremdung, deren sich ein Künstler (auch wir Möchtegern-Künstler) befleissigt, waghalsigst auf die Spitze, indem du korrekte und zweifelhafte Genitiv- und Dativkonstrukionen zu einem Haufen häufst, der stilistisch ungemein komisch wirkt.

Sollte dir diese Handhabung der Sprache am Herzen gelegen haben, nimm mir mein Lachen nicht übel, sondern sei versichert: das wichtigste ist, einen eigenen stil zu enhtwickeln, und das ist hier offensichtlich im tun.

Ich wünsche dir weiterhin viel Spass beim Schreiben. Vielleicht wirst du es schaffen, dass Genitiv und Dativ wieder auferstehen.

Schönen Abend und
freundliche Grüsse
Urluberlu
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Alt 11.06.2015, 13:11   #3
männlich Laie
 
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Hallo urlbuberlu,
zu meinem großen Glück habe ich die Phase, in der dieses Gedicht entstand, hinter mir

Es wäre mir eine große Hilfe, wenn du mir sagen könntest, welche Kasus zweifelhaft sind? In meinen Augen sind sie alle korrekt bzw bewegen sich in einem Rahmen, der - obschon veraltet- grammatikalisch zu vertreten ist

LG
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Alt 11.06.2015, 18:48   #4
gummibaum
 
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Hallo Tiger,

als Parodie auf einen am Leben Krankenden gern gelesen. Das aufgefaltete Jammertal irdischen Leidens versetzt auch sprachlich gekonnt ins Barock zurück.

Für mich ein echter Leckerbissen!

LG gummibaum
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Alt 11.06.2015, 19:52   #5
männlich urluberlu
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lieber tiger
das freut mich sehr!
da wir hier "in einem deutschen forum" sind (vgl. den faden "deutsches forum?"), schlage ich vor, dass du ein gedicht nicht "auf barock" à la gummibaum schreibst, sondern auf deutsch. dann werde ich mich um die casus kümmern.
ach was: hauptsache, du schreibst wieder was!
schönen abend!
url
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Alt 11.06.2015, 19:55   #6
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Hallo gummibaum,
als Parodie war es eigentlich nicht gedacht Als ich dieses Gedicht aufschrieb, ging es mir genau so, wie es hier steht. Ich war ziemlich am Ende. Wenn mein Gedicht wirklich wie eine Parodie wirkt, ist es wohl sehr schlecht geschrieben.

LG
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Alt 11.06.2015, 20:01   #7
gummibaum
 
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Nein, aus meiner Perspektive gesehen, unfreiwillig besser als du ahnst.

LG gummibaum
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Alt 11.06.2015, 21:58   #8
männlich Laie
 
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Hallo urluberlu,
soweit ich weiß, schreibe ich auf deutsch.

Hallo gummibaum,
freut mich sehr, dass du das so siehst Dennoch bin ich jetzt ein wenig verunsichert

LG
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Alt 12.06.2015, 19:37   #9
männlich Laie
 
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Hallo Jonny,
vielen lieben Dank für dein aufmunternden Worte

LG
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Alt 12.06.2015, 20:08   #10
männlich urluberlu
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Es senkt die Nacht sich auf den Tag hernieder
und Dunkelheit senkt sich hinab auf mich;
und altes Denken legt sich einmal wieder
ja so gedankenschwer auf mein Gesicht.
Zwar macht des Kummers Walten mich rasch müder,
doch nur der Tat, die Sinne aber nicht.
Ich weiß, so darf, so kann ich nicht verbleiben;
ich will, ich muss die Qualen niederschreiben:

Welch' grausam Los ist mir denn nur erhoben,
dass Neid die Liebe übermannet hat,
dass wilde Wehen mir im Herzen toben
an einer himmelshohen Wonne Statt?
Von Unglück scheint mir jeder Weg durchwoben;
o Herr, ich bin des tristen Lebens satt.
Sieh, welch' Entbehrung muss ich einsam leiden;
und ohne Hoffen blieb' mir nur das Scheiden.

So hoffe ich des Morgens frischer Helle,
die mich aus meiner Finsternis befreit,
der jungen Seele viel zu engen Zelle.
Doch ist der Mut auch kühn, das Herz auch weit,
was wartet Neues hinter alter Schwelle?
Wird segensreich und reicher noch die Zeit?
Vergehen Aug' und Brust in stillem Sehnen?
Mir bleibt kein Rat, nur tausendfache Tränen.

So, lieber Tiger, nun habe ich mal angeschaut, wo die happigsten Dinger in deinem Text sind. Der Rest ist, so brutal démodé er ist, nicht entgegen grammatikalischen Bräuchen gezimmert. Aber nochmals: Gerade die falschen Verschwurbelungen geben dem Ganzen einen gewissen Reiz.

1.) Die Dunkelheit kann sich nicht „hinab auf mich“ senken, weil ich ja das Ziel bin, deshalb „herab“, wenn schon.

2.) Etwas kann mich einer Sache müde machen (in dichterischer Freiheit, aber stilistisch fragwürdig sogar komparativ „müder“ - z.b. als ich es schon war),
nur: „die Sinne“ dann als Parallel-Objekt zu „mich“ zu nehmen, das geht gar nicht. („die Sinne wurden der Tat nicht müder gemacht“, im Gegensatz zu „mir“?!?!?)

3.) Der Uni-Duesburg-Deutsch-Trainer führt „satt“ als Adjektiv auf, das den Akkusativ verlangt.
Die Germanistin Frau Dürrscheid stellt 1998 fest, dass der Akkusativ bei „satt“ den Genitiv ablöse. (Könnte es sein, dass sie mit ihrer Studie etwas (so ungefähr 40 Jahre) der Zeit nachhinkte, damals?)

4.) „hoffen“ mit Genitiv, wo findet man denn so was? Ich denke, da muss man sehr weit zurückgehen, wenn es denn überhaupt irgendwann mal üblich war. Frau Hentschel weiss offenbar Bescheid. Sie stellt aber fest, dass der Akkusativ den genitiv abgelöst habe, ohne zu sagen, wann das geschah.

wenn der rahmen veraltet ist, ist er dann korrekt? nein. man darf sich dann fragen, was der dichter damit bezweckt. will er für die wiedergeburt eines unbekannten schiller-zeitgenossen gelten?

du hast gefragt, ich habe geantwortet.
schönen abend
url
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Alt 12.06.2015, 22:19   #11
männlich Laie
 
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Hallo urluberlu,
und für deine Antwort danke ich dir auch.
Das “hinab“ muss ich wirklich ändern und die Formulierung in S1V6 ist wohl nicht optimal gewählt.
Der Rest deiner Anmerkungen mag von dir mit Quellen untermauert sein, sagt aber nicht aus, dass ich falsch liege. “Satt“ mit Genitiv ist nicht meine Erfindung. Ich weiß zwar leider nicht mehr wo genau, doch ich habe es mal - sehr wahrscheinlich bei Goethe - gelesen. Und auch ansonsten: Ich mag die Sprache, in der Goethe, Schiller, Heine und andere Dichter jener längst vergangenen Epochen schrieben. Für mich ist das die Sprache der Dichtung. Und ich will als nichts gelten, ich schreibe nur wie es mir gefällt

LG
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Alt 12.06.2015, 22:57   #12
männlich urluberlu
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also ich weiss nicht.
hat der olle goethe wirklich solche gedichtanfänge?
"es senkt die nacht sich auf den tag hernieder"?
oder solche verlegenheits-zeilenanfänge:
"ja so gedankenschwer auf mein gesicht"?
wenn das so ist, dann müsste ich meine bewunderung für jenen herrn doch etwas reduzieren.
trägst du gepuderte perücken, wenn du auf die strasse gehst?
fährst du in der kutsche zum aldi?
liest und schreibst du bei kerzenschein?

es schwebt mein gruss aus stillem federkiele
hinaus ins nächtlich eingesunkne land
und sucht den weg an deine tür und diele
berichtet dir vom lichtschein an der wand.

trotz allem mit tastatur geschrieben und mit www versendet
gute nacht
u.
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Alt 12.06.2015, 23:32   #13
männlich Laie
 
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Ich habe mit keinem Wort behauptet, dass ich mich mit dem Genie Goethe vergleiche, nein nicht einmal, dass ich gut dichte. Aber vielleicht warst du so darauf fixiert, mich lächerlich zu machen, dass dir das gar nicht aufgefallen ist
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Alt 13.06.2015, 06:26   #14
männlich urluberlu
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Nein, mein Freund
So ist das nicht.
Ich rufe deinen smiley als Zeugen dafür, dass mein Wiederkäuen deiner Grabesklänge das ernsthafte Bemühen war, eben gerade nicht über diesen dumpf-hohlen Klang der von dir so meisterlich verinnerlichten historischen Genitive zu lachen.
Und, in derselben Streitsache, jedoch in anderer Angelegenheit, dafür, dass ich nie ein Wort über Dichter geschrieben habe, hießen sie Goethe oder Tiger. Stets nur über meine Reaktion auf ihre Verse. Oder, in deinem Fall hier, seit neuerem auch über die Erläuterungen zu ihren Versen, deren Ernsthaftigkeit ich gewiss zu sein glaubte.
Deshalb sende ich dir abschließend mein Ersuchen um Abbruch der Korrespondenz, da ich der Beschuldigung, dir einen von dir angestellten Vergleich der Qualität deines Schaffens mit derjenigen des Werks Goethes unterstellt zu haben, müder werde.
Durch dich habe ich mein Wissen um die historische Relevanz des Genitivs erweitern können, dafür danke ich.
Und so verabschiede ich mich denn,
zwar satt der Querelen, aber hungrig deiner weiteren Archäologischen Arbeit,
mit ergebenen Grüßen
Urluberlu
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