Beat und ich

[Manqoba]

Eine Geschichte bewegt mich seit langem.
Eigentlich hab ich mit ihr gar nichts zu tu, es geht mich nichts an und es kümmert mich nur insoweit, wie das Unglück jedes anderen Menschen. Dennoch, die Sache beschäftigt mich, immer mal wieder denk ich dran. Mal beim Sport, beim Einkaufen, wenn ich nicht schlafen kann. Ich denk drüber nach, frag mich wie das mit Beat passieren konnte, versuche mich in ihn hinein zu versetzen. Natuerlich denke ich auch an seine Familie, seine Frau und Schwiegereltern, die ich vor langer Zeit kennengelernt habe.

Eine Urlaubsbekanntschaft, so fings an. Mit seiner Frau war ich manchmal zusammen auf den Ski, noch mehr mit Ihrer Freundin, was nichts zur Sache tut und ne andere, viel schönere Geschichte ist. Jeden Winter, viele viele Urlaube. Auf einmal trat Beat auf die Bildfläche und die beiden waren ein Paar. Er führte ein Firma, die sein Vater besass, und er war wohl sehr sportlich. Ich sah ihn nie auf Alpinski, aber ich hab ihn noch mit der Skatingausrüstung in der Hand in Erinnerung, lächelnd.
Wieso seh ich gerade dieses Bild von ihm. Wieso gerade dieses? Weil ich auch gerne skate, gerne Sport mache, die Berge liebe? Wie ählich sind wir uns, frage ich mich manchmal. Hab ich ihn beneidet? Wir haben nie miteinander geredet, mal ein "Hallo wie geht's" war alles. Was ich von ihm weiß, und das ist nicht viel, hab ich erst danach von anderen erfahren.

So weit weg ist sein Schicksal, warum schreib ich darüber? Also er kam aus nicht gerade armen Verhältnissen. Er war sehr sportlich und hatte, wie ich vermute, Zeit für die Herausforderungen der Berge. Wie ich erfahren hab hat er große Touren gemacht, zusammen mit seinen Kammeraden. Er war wohl ein Draufgänger, hat was gewagt, schwierige Dinge gemacht. Letztendlich so schwierige und ungewöhnliche Routen dass keiner mehr mithalten wollte oder konnte. Er hat die Herausforderung gesucht, trotz Frau und Kinder. Also war er auch zu einem gewissen Grad verantwortunglos. Das ständig hohe Risiko kannte er, er war ja Bergsteiger. Trotzdem! Ich bewundere das, mutig sich den Herausforderungen zu stellen, ich kann den kick nachvollziehen.

Letztendlich braucht es auch ungeheuren Mut, oder ists doch eher ungeheure Verzweiflung, um zu tun, was er tat. Bei vollem Bewusstsei, von klar denkend kann sicher keine Rede sein. Emotionsgeladen hat er es getan, sicher in einem extremen Tief! Ich bilde mir ein zu verstehen wie es ist wenn man sich in der Sackgasse befindet, ganz unten. Das ist vielleicht ein Grund, warum ich manchmal an Beat denk. Doch mich in den eigenen 4 Wänden mit der Pistole zu erschiessen, das übersteigt meine Vorstellung. Soweit zu gehen.
Was hat er seine Familie angetan, seiner Frau die ihn gefunden hat, seinen Kindern! All das Blut auf den Fliessen, dem Boden? Wie verzweifelt muss er gewesen sein? Was konnte das Leben ihm nicht mehr geben? Was war so überaus wichtig, daß er sich entschied, lieber zu sterben als darauf zu verzichten? Er war nicht alt, hatte noch vieles vor sich, viele schöne Gipfel und Herausforderunngen. Warum nur?
Man sagt er habe gemerkt, dass er körperlich nicht mehr so extrem anstrenge Touren mach konnte. Aber das ist doch der ganz normale Lauf des Lebens, denk ich mir. So geht's mir doch auch. Wir sind ungefähr gleich alt, auch ich merk dass manches schwieriger wird. Aber das ist doch kein Grund für all den Schmerz! Nur weil man einfachere Dinge tun muss, zurückschrauben muss, der Zenit überschritten ist. Hier tu ich mich schwer, kann das nicht mehr nachvollziehen. Vesteh das einfach nicht!
Mich beschäftigt auch die Frage: warum hat den Beat keiner aufgefangen? Er ist abgedriftet: hat das niemend gesehen oder hat er sich partout nicht helfen lassen. Hatte er keine Freunde, wirkliche Freunde? Sicher nicht.

Viele Fragen, viele Spekulationen, unlösbare Rätsel.
Und doch oder grad deshalb denk ich immer mal wieder an Beat!