Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Liebe, Romantik und Leidenschaft

Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 01.04.2013, 02:34   #1
männlich Ein Träumer
 
Dabei seit: 04/2013
Ort: irgendwo im Rheinland
Beiträge: 11

Standard Montréal

Leonard Cohen gewidmet, beim Hören seines Songs „Suzanne“

Letztens sah ich glücklich einen Mann,
Zu seiner Seite eine wundervolle Frau,
Mutig sprach ich den Beschenkten an:
„Woher dein Glück, bist du so schlau?“

Da sprach der Selige zu mir ganz leis’:
„Sie kommt aus Kanada, aus Montréal.
Mein Mut, ein Abend, das war der Preis,
Traf sie dort im schönen ‚Café Occidental'.

An Tischen saßen viele Damen ganz allein,
Sie lächelte warm und lieb mich an sofort,
Kaum kam ich zufällig zur Tür herein,
Da wusst’ ich, das war der rechte Ort.

Keine Herren saßen im feinen Lokal,
Ich war der einzig männliche Gast,
Im Eingang, ganz eng und schmal,
Fiel ab alles Leid und alle Last.

Wir wechselten nur wenige Worte,
Als ich meine große Chance spürte,
Saß an diesem lang erträumten Orte,
Als sie mich liebevoll verführte.

Doch höre genau die echte Sensation:
Die Frauen im feinen ‚Café Occidental'
Bedeuteten für alle Suchenden die Endstation,
Sie bleiben bei dir jederzeit und überall!

Um ihre Liebe muss man sich nicht sorgen,
Sie sind treu dem Mann ein ganzes Leben
Und nach jeder Nacht gibt es ein Morgen
Sie erfüllen alles, was wir zutiefst erstreben.“

„Wo liegt denn dies Café?“, frug ich bang,
Wie gern wollt‘ ich die Adresse wissen!
Doch seine Antwort dauerte unendlich lang,
Wollt‘ mich endlich nicht mehr sehnen müssen.

Er sprach und lächelte dabei weise, fein:
„Mein Freund, die Adress' hab' ich vergessen,
Doch will ich ganz, ganz ehrlich zu dir sein:
Ich hab' die Anschrift wirklich nie besessen.

Wenn du mich fragst, wie man das Café erreicht,
So sag’ ich dir, man muss tausend Nächte irren,
Indem man durch die dunklen Straßen schleicht,
Bis einem tausend Lichter vor den Augen flirren.

Nur wenn du hast gelernt wie ein Tier zu leiden
Und der Tod nimmt dich fast bei der Hand,
Wenn alle Götter des Glücks dich meiden,
Wirst du vielleicht finden dieses schöne Land.

Wenn deine Schmerzen dich langsam töten,
Dann siehst womöglich du jene große Stadt.
Und in deinen schlimmsten Liebesnöten
Liegt sie vor dir, nächtlich schwarz und matt.

Falls du nachts offenen Auges hast geträumt,
Ja, du weißt genau, was ich wohl meine,
Auch am Tage keine Illusionen hast versäumt,
Aus diesen Träumen besteh’n der Häuser Steine.

Und die Ströme deiner heißen nächt’gen Tränen,
Die als Regen auf ihre einsamen Straßen fallen,
Lassen deine Seele schon in der Stadt dich wähnen,
Hörst dumpf die eig’nen lauten Schritte hallen.

Aus den Gullys steigen graue Nebelschwaden,
Die deiner tiefsten Sehnsucht sind entstiegen,
Auf den Schultern mit dem schweren Kreuz beladen,
Schleppst du dich voran, dahin, wo alle Ängste liegen.

Der Asphalt spiegelt glänzend alle Hoffnungslosigkeit,
Aus der Schwärze deiner Verzweiflung fest gegossen,
Jetzt bist du, den letzten Schritt zu tun, bereit,
Die Zeit hat tausend Narben in dein Herz geschossen.

Wenn du so auf dieser Straße bist, und ganz allein,
Führt dein Blick nach vorn ein allerletztes Mal,
Dann erst gewahrst du eines hellen Lichtes Schein,
Es ist die Leuchtschrift des ‚Cafés Occidental'.

Und deine Eintrittskarte in dieses letzte Traumlokal,
Bilden die Millionen bitt’rer Sekunden Einsamkeit,
Die Lizenz machen nun die Schmerzen ohne Zahl,
Während der Wirt deine Schultern vom Kreuz befreit.

Dort wirst auch du dein Glück dann sicher finden,
Wo alle Träume in den Fluss der Flüsse fließen,
Dort wirst auch du dich leicht für immer binden,
Wird sich Labsal sanft über deine Seel’ ergießen.

Doch trittst du wieder heraus – nicht mehr allein,
Wirst du alles Vorherige vergessen, alle Qual,
Denn niemand weiß genau, wo denn soll es sein,
Das Café der Träume, weit entfernt in Montréal.“

Sprach’s und als er sich zu seiner Dame wandte,
Schaut ich ihm genauer ins freundliche Gesicht,
Da war’s mir, als ob ich ihn genau erkannte:
Sah Leonard Cohen, täuschte mich sicher nicht!

Der entschwand mit seiner wundervollen Liebe,
Noch einmal winkte er mit dem Hut von fern,
Dann war mir, als ob er ganz kurz stehen bliebe,
Es schien, als winke er von einem anderen Stern.

Viel später erfuhr ich, seine Liebe heißt Suzanne.
Eine Zeit lang fühlte ich mich ganz katastrophal,
Doch schließlich erkannte ich am Ende denn:
Ein Leben lang musst du leiden für Montréal!
Ein Träumer ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Montréal




Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.