|
|
Geschichten, Märchen und Legenden Geschichten aller Art, Märchen, Legenden, Dramen, Krimis, usw. |
|
Themen-Optionen | Thema durchsuchen |
12.07.2011, 00:37 | #1 |
abgemeldet
|
Notausgang
Es war August.
So eine Hitze hatte sie noch nie erlebt, glaubte sie. Sie trug diese Tasche bei sich und war auf dem Weg zum Trödelmarkt. Drei Dinge waren darin. Zwei Spiegel und eine Uhr. Das war das Wertvollste, was sie hatte. Sie packte den Klapptisch langsam aus und legte eine Tischdecke darauf, damit die ganze Sache auch appetitlich aussah. Dann legte sie den Spiegel auf den Tisch. Dieser Spiegel … Es war Liebe auf den allerersten Blick. Als sie und ihr Mann diesen Spiegel bei einem Antiquitätenhändler kauften - und er war so wahnsinnig teuer - leuchteten ihre Augen. Sie befühlte seine Konturen. Ein letztes Mal. In der Sonne sah er immer noch so wunderschön aus. Tränen wollten kommen, doch sie atmete tief durch. Es musste sein. Dann kam dieses Pärchen auf sie zu. Die Augen der jungen Frau leuchteten so, wie damals die ihren. Sie versuchte den Preis, den sie sich vorgestellt hatte, dem Paar gegenüber durchzubringen, doch den beiden war das zu teuer. Fanny saß im Schneidersitz auf dem Rasen und sank in sich zusammen. Für 100 Mark sollte der Spiegel an das Pärchen weiter verkauft werden. Es vergingen gute vier Stunden, die meisten der Händler hatten ihre Stände bereits abgebaut, da kam das Paar aufgeregt auf sie zu. „Bitte“, sagte die junge Frau, und dabei legte sie ihre beiden Hände auf ihre Brust, „wir können nur 100 Mark zahlen“. Fanny nickte, wickelte den Spiegel in Zeitungspapier und reichte ihn der Frau. ------------------------------------------------------------------------------------ Als sie am Abend müde und durchgeschwitzt nach Hause kam, lief sie ins Wohnzimmer und starrte auf die kahle Stelle an der Wand. Sie konnte es einfach nicht fassen. ... In dieser Nacht regnete und stürmte es, als würde die Welt untergehen. @sabi de sombré Geändert von Ex-Sabi de Sombre (12.07.2011 um 06:01 Uhr) |
12.07.2011, 07:12 | #2 |
Forumsleitung
|
Liebe Sabi,
bei dem Wort "appetitlich" dachte ich, jetzt käme ein Knüller - aber dann war es nur der Spiegel, ein eher schwer verdaulicher Gegenstand. Und weshalb wird am Anfang eine Uhr erwähnt, wenn sie im Verlauf der Geschichte keine Rolle mehr spielt? LG Ilka-M. |
12.07.2011, 08:17 | #3 | ||
abgemeldet
|
@ Ilka: Weil das wertvollste, dass sie hat, ihre vergangene Zeit ist. (In Wirklichkeit ihre jetzige Zeit, aber dessen ist sich Fanny nicht bewusst...)
Hallo Sabi de Sombre, ich finde die Idee Deiner Kurzgeschichte ganz toll, es fielen mir nur ein paar Dinge beim ersten Lesen auf, die ich Dir gerne mitteilen möchte. Du erzählst: Zitat:
Und ich erschrecke ein wenig, wo dann plötzlich der Klapptisch und die Decke auftauchen...Wo kamen denn die her? Okay, ich lese drüber und stelle sie mir an dem Klapptisch vor und dann: Zitat:
Ich war verwirrt, weil ich mein geistiges Bild immer wieder korrigieren musste und das lenkt von Deiner Geschichte ab... Ansonsten hätte ich selbst es lieber gesehen, wenn nicht gleich das Paar auf sie zukommt, sondern dass erst vielleicht noch Blicke von Vorbeigehenden kommen, dass könnte Dir Gelegenheit geben, den Schmerz bzw. die Verzweiflung von Fanny noch stärker herauszuarbeiten, denn das Potential zu einer Gefühlstiefe hat die Geschichte ja. Ansonsten hat es mir gut gefallen, ich habs gerne gelesen. Liebe Grüße Jack |
||
12.07.2011, 08:27 | #4 | |
Forumsleitung
|
Zitat:
die abgegriffene Symbolik einer Uhr ist mir durchaus bewußt - aber was hat sie in der Tasche zu suchen, die hier ja offensichtlich ein völlig belangloser Behälter ist? |
|
12.07.2011, 09:21 | #5 |
abgemeldet
|
Naja, hätte sie denn alles in der Hand tragen sollen?
Ich würde gern generell zu diesen Dingen etwas sagen. In jeder Art von Erzählung (also auch Film, Stück oder Roman) wird ja darauf großen Wert gelegt, alles herauszustreichen, was nicht der Prämisse oder dem Strang der Hauptgeschichte dienlich ist. Dazu muss ich sagen, dass mir genau dieses Verfahren immer öfter den Spaß daran verleidet, weil ich bei bestimmten Sätzen oder durch Erwähnung eines Gegenstandes, bereits (viel zu oft richtig) vermuten kann, welche Rolle er später spielen wird und damit dann schon meist das Ende der Geschichte absehen kann. Ich kann mittlerweile sehr gut Dinge haben, die später keine Rolle mehr spielen, denn das ist ja auch ein Spiegel des Lebens: Wir wissen nicht, wofür manche Sachen gut sind und welche Bedeutung sie später vielleicht noch einmal für uns haben könnten. Ein bisschen "Leben und Ansichten des Tristram Shandy" oder "Jaques, der Fatalist und sein Herr", tut mir ab und zu mal ganz gut... Aber das ist natürlich Geschmacksache... |
12.07.2011, 09:29 | #6 | |
Forumsleitung
|
Zitat:
Außerdem genügt ein Symbol alleine nicht, den Verlauf und das Ende einer Geschichte abzusehen. Beispielsweise spielen Uhren aller Art und Größe in zwei Filmen - längst sind sie Klassiker - eine symbolische Rolle, obwohl sie eine völlig unterschiedliche Geschichte erzählen, lediglich das Thema "Zeitreise" ist das gleiche. Oder auch: Die Kornfelder am Anfang der Filme "Der einzige Zeuge" und "Gladiator" stehen für dieselbe Symbolik, und doch erzählen sie ganz andere Geschichten, sogar in unterschiedlichen historischen Zeiten. Aber dies nur nebenbei. Ich kann mit Sabis Geschichte nicht allzuviel anfangen. LG Ilka-M. |
|
12.07.2011, 09:50 | #7 |
R.I.P.
|
Ich bemängele die Zeilenabstände.
Bitte komprimieren! K u r z geschichte: Kurz und knapp. Dann folgt mein Kommentar. LG Thing (Ich verweise schüchtern auf meine Kurzgeschichten) |
12.07.2011, 09:59 | #8 |
abgemeldet
|
Ja, die guten Filme und Romane überraschen uns, weil sie das Übliche immer ein wenig (oder ein wenig mehr) abwandeln oder ganz durchbrechen...ja.
Vielleicht kannst Du, Sabi de Sombre, eine andere Symbolik dafür erschaffen, ein anderes Bild, dass Deine Geschichte noch stärker macht...Vielleicht nicht grade das alte s/w- Foto, sondern vielleicht einen Reisepass oder eine handgemachte Glasfigur aus einem Urlaub? Oder etwas Selbstgemachtes, dass er ihr schenkte, als sie noch gar kein Geld hatten, etwas dass er ihr aus den Schuttbergen nach dem Krieg zusammengebastelt hat (ein kleiner Ring, den er aus gefundenem Aluminium gedreht hat und sich dabei die Finger zerschnitten hat. Später als ihr mal die Handtasche herunterfiel, sah er ihn wieder und da wollte er, dass sie ihn wegwirft, "Das alte Ding..."...huch verrannt, Entschuldigung...). Oder Dir fällt etwas noch viel Besseres, Tieferes als meine doch eher klassische Denkweise ein... Da Du ja von Beginn an Fanny mehrere Gegenstände mitgegeben hast, ist eben die Frage, ob und inwieweit, die Dinge, außer dem Spiegel, Erwähnung finden sollen und welche Rolle sie spielen... Liebe Grüße Jack (hoffend, dass Dir irgendetwas davon weiterhilft...) |
12.07.2011, 17:41 | #9 | |
abgemeldet
|
Zitat:
lg sabi @jack: leider ist mein terminkalender ziemlich vollgekackt, so dass ich evtl. später auf dich zurückkomme. |
|