Wenn ich ein Menschlein wär

[Gram]

Ach wenn ich doch ein Menschlein wär,
das wünsch ich mir schon lang so sehr.
Warum kann ich euch gar nicht sagen,
kann doch über Menschen klagen.

Trotzdem scheint's euch zu gefallen:
Auf eure Weise Scheisse lallen,
stets grundlos optimistisch sein,
wie Unkraut prächtig zu gedeihn.

Menschlicher wär ich so gern,
doch liegt es mir noch sehr, sehr fern.

Ach Mann, ich wär so gern wie ihr,
so voller Hoffnung, Neid und Gier,
dann könnt ich Kriege führen, töten,
Siege wären mir von Nöten.
Dann könnte ich mich ständig paaren,
hätte gerne einen Harem.

Ich wär so gern wie ihr es seid,
so voller Leid und Traurigkeit,
um später wieder Trost zu finden
im Spaziergang unter Linden.

So gern würd ich Theater spielen,
wie ein Künstler unter vielen.
Ich würde brave Kinder wollen,
um mit ihnen rumzutollen.

Täglich würde ich dann lügen,
meine Ehefrau betrügen,
später um Vergebung flehen,
nur um wieder fremdzugehen.

Ich wäre immer auf der Suche
nach dem Gott den ich verfluche,
könnte lieben, könnte hassen,
könnt mein Glück wohl gar nicht fassen.

Ein Mensch zu sein, das wäre schön,
mit allen Tiefen, allen Höh'n,
darum studiere ich euch täglich,
doch bis jetzt versag ich kläglich.

Irgendwann werd ich's versteh'n,
euer komisches System.
Ich hoffe, ich hab irgendwann
mal Ehrgeiz oder Tatendrang.

Zu sein wie ihr,
das wünsch ich mir.
Das stelle ich mir lustig vor,
mit Alzheimer und Dreck im Ohr.

05.09.2005