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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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27.02.2023, 09:36 | #1 |
Das war’s
Du hast ein Leben lang geackert,
Dir den Arsch weit aufgerissen. Hast gebuckelt und gerackert, wurdest um den Lohn beschissen. Engagiert und produktiv hast Du alles mitgemacht. Zum Teil genial, meist kreativ hast Du im Job oft mitgedacht. Du hast den Rücken Dir verbogen, Arbeitsgänge optimiert, zur Not auch für den Chef gelogen, seinen Wahnsinn akzeptiert. Das hat vielen nicht gefallen, sie fanden Dich total bekloppt. Kollegen zeigten Ihre Krallen und haben Dich zu Recht gemobbt. Zu Ende geht nun die Epoche, was geschehen, ist vorbei. Du wirst sie missen, die Maloche, bist von allen Zwängen frei. |
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27.02.2023, 12:50 | #2 |
gesperrt
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Das war's
Lieber Rolli,
Da geht einer in Rente nach einem langen arbeitsreichen Leben, ein Arbeiter, hat geschuftet und gebuckelt. Reich ist er dabei nicht geworden, auch nicht reich an Erkenntnis. Der Text ist ehrlich, er übertreibt nicht, er zeigt die Realität des Arbeiters im Kapitalismus. Du zeigst einen von vielen, die den Zwängen des Arbeitsalltags ausgeliefert sind und versucht, irgendwie unbeschadet durchzukommen. Beliebt macht er sich nicht bei den Kollegen, sein Schleimen gegenüber dem Chef wird als unsolidarisch empfunden. Zu Recht, er weiß es, aber er wusste nicht, wie er anders hätte handeln können. Die Begriffe Klassenkampf und Klassenbewusstsein hat er sicher schon mal gehört, hat sie aber für sich selbst nicht wirklich als Handelsanleitung betrachtet, hat gedacht, es geht ja auch ohne sie. Nur nicht unliebsam auffallen, hat er gedacht. Zumal in einer Zeit, da die Arbeiterklasse das Kämpfen für ihre Rechte beinahe verlernt hat und der Boss zum Alleinherrscher wurde und jeder Arbeiter auf sich selbst gestellt ist. Dein Anti-Held ist nicht der stolze klassenbewusste Arbeiter, der er vielleicht einmal war. Die Arbeit war ihm Bedürfnis, trotzdem war sie ihm auch Maloche. Und jetzt, mit der Rente, wird er viel Zeit haben, darüber nachzudenken. Das schreibst du sehr direkt, ohne Schmus, kraftvoll in der Sprache der Arbeiter, und ich habe dein Gedicht auch gern gelesen, einfach deshalb, weil ich es für authentisch halte. Das Gedicht ist in der Du-Form gehalten, als spräche ein Kumpel zu ihm. Das halte ich für eine der besten Möglichkeiten, solch ein Gedicht zu schreiben. Ein technischer Hinweis: Metrisch geht es ein wenig durcheinander in deinem Gedicht. Aber ich würde trotzdem kein Wort daran ändern wollen. Es ist aus einem Guss. Danke für das Gedicht. Rumpelstilz |
01.03.2023, 08:55 | #3 |
Hallo Rumpelstilz,
vielen Dank für Dein ausführliches Feedback. Dadurch ist mir erst so richtig bewusst geworden, wie man die Zeilen interpretieren kann. Ich selbst habe nur Stimmungen in Worte gefasst, die ich zu dieser Thematik wahrgenommen habe und von denen ich glaube, dass sie vielfach zutreffen. Nochmals Danke und LG Rolli |
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01.03.2023, 16:48 | #4 |
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So sieht es wohl jemand, der im Kommunismus aufgewachsen ist. Im Kapitalismus war der Arbeiter der 70er und 80er Jahre König. Der Monteur, der in Stuttgart bei Daimler arbeitete, fuhr selbst einen Mercedes und machte mit seiner Familie Urlaub an der Adria. Meine Eltern konnten von ihrer Rente bestens leben, wie ich inzwischen auch, denn sie wird Jahr für Jahr an die Gehaltserhöhungen in der Wirtschaft und an die Inflation angepasst. Ist logisch, denn der Kapitalismus lebt vom Konsum der Bürger. Chef-schleimende Kollegen habe ich in meinen weit über vierzig Berufsjahren nicht erlebt.
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01.03.2023, 18:14 | #5 |
gesperrt
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Das war`s
Liebe Ilka-Maria,
ich beneide dich. Du hast im Paradies gelebt. Bewahre dir die Erinnerung daran, denn künftig wird es das nicht mehr geben. Lieben Gruß, Rumpelstilz |
02.03.2023, 04:17 | #6 | ||
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Zitat:
Zurück zum Gedicht: Zitat:
Es gibt nur einen Zustand der Kohärenz, wo alles in sich ruht, und das ist der Tod. Vielleicht ist das mit der letzten Strophe gemeint. Aber es geht nicht klar genug aus ihr hervor. |
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02.03.2023, 10:35 | #7 |
Hallo Ilka-Maria,
den Hinweis auf die letzten Zeilen halte ich für sehr berechtigt und habe ihn für mich wie folgt verarbeitet: Zu Ende geht nun die Epoche, was geschehen, ist vorbei. Sie ist Geschichte, die Maloche, bist von alten Zwängen frei. LG Rolli |
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02.03.2023, 14:36 | #8 |
Dabei seit: 02/2021
Ort: mit beiden Beinen in den Wolken
Alter: 61
Beiträge: 1.672
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... sauber Rolli, mit der Änderung der letzten Strophe kann auch ich dein Werk nur loben.
... Ilka, bisher gab es noch keinen kommunistischen Staat und auch der "real existierende" Sozialismus war nur drauf geschrieben. Es waren gescheiterte Versuche, nicht weil sie unmöglich sind, sondern weil sie Marx nicht ausreichend berücksichtigt hatten. wsT dT |
02.03.2023, 15:57 | #9 | |
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Zitat:
Mit Marx hat das nichts zu tun, denn er war kein Kommunist und kein Sozialist, sondern ein ewig bankrotter Journalist, der mit Geld nicht umgehen konnte und von seiner Frau Jenny ausgehalten wurde. Er hatte den Frühkapitalismus beobachtet, analysiert und beschrieben, ohne ihn zu werten. Sein Blick in die Zukunft ging in die falsche Richtung, denn die Proletarier alle Länder vereinigten sich nicht, sondern das Gegenteil ist der Fall: Die Schere zwischen reich und arm geht immer weiter auf, und die Lämmer schreien noch immer nicht. Genau dazu war das demokratische Modell gedacht, als es in Nordamerika in seiner modernen Form begründet wurde: Das Stimmrecht musste bei der Oberschicht und den Bewahrern der Besitzstände verbleiben, damit der breiten Masse der Zugriff darauf verwehrt blieb. Diese Demokratie nebst DM-Währung wurde uns Deutschen nach dem 2. WK übergestülpt. |
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08.03.2023, 00:34 | #10 |
Dabei seit: 02/2021
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Beiträge: 1.672
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... nee nee Ilka, null Religion, der Imperialismus (Lenin) hat die Welt übernommen. Die wirtschaftliche Globasierung existiert seit über 100 Jahren, auch wenn sie erst jetzt immer wieder als Argument verwendet wird. LTI wird allerorten verwendet und hier wurde der Antikommunismus/ Antibolschewismus indoktriniert, obwohl es nie einen echten Kommunismus als Staatsform gab. Wobei dies irgendwie zu philosphisch für diese Schriftform erscheint.
beaux rêves dT |
08.03.2023, 10:22 | #11 |
gesperrt
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Das war's
Woran man sehen kann, Ilka-Maria, dass Politik eher Glatteis als Erkenntnis und Handeln ist. Gehört zu den schwierigen Gebieten des Lebens, sozusagen nicht meisterbar. Bleib immer hübsch bei dieser Annahme, so kommst du nicht in Schwierigkeiten. Und was will der kleine Mensch mehr?
Lieben Gruß, Rumpelstilz |
08.03.2023, 10:47 | #12 | |
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Zitat:
Wenn man von wirtschaftlicher Globalisierung spricht, kann man weiter zurückgehen als 100 Jahre, nämlich bis zu Marco Polo oder sogar bis zur Völkerwanderung. Aber die heutige, vom Neoliberalismus geprägte Globalisierung ist mehr als der Austausch von Gütern, denn im Vordergrund steht das Handeln mit Finanzkapital. Güter sind den großen Playern völlig egal, es geht nur noch um das Geschiebe des Geldes. Nein, LTI wird nicht allerorten verwendet, denn es ging Klemperer um ganz bestimmte Begriffe, die im Dritten Reich geprägt wurden und mit der heutigen "Political Correctness" nichts zu tun hatten. Diese Begriffe sind längst "ausgemerzt", weil sie nicht mehr salonfähig sind. Heute werden keine neuen Begriffe geprägt wie beim LTI, sondern "verdächtige" Wörter werden in Euphemismen umgewandelt oder auf den Index des Nichtsagbaren gesetzt. |
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08.03.2023, 21:12 | #13 | |
John Lennon hat das Thema ja auch schon verarbeitet... Er hat sich, ebenso wie Du, einer direkten und schlichten Sprache bedient. Das ist in vielen Fällen, so auch hier, viel wirkungsvoller als eine zu abgehobene Sprache.
Zitat:
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09.03.2023, 03:36 | #14 | |
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Immer mehr Menschen werden steinalt. Die Mutter unserer lieben, leider vor einigen Jahren verstorbenen Thing, war über hundert Jahre alt. Meine Mutter wird im Mai vierundneunzig, genauso alt wird mein Patenonkel im selben Monat. Mein Lebensgefährte steuert im nächsten Jahr die neunzig an. Sie alle sehen zehn bis fünfzehn Jahre jünger aus, als sie wirklich sind.
Meine Nachbarin und Freundin, mit der ich gestern mal wieder geklönt habe, geht auf die achtzig zu, könnte sich aber locker als sechzigjährig "verkaufen" und ist fit im Kopf. Wir leben in einem goldenen Zeitalter, und ich wundere mich, dass dies nur wenigen Menschen bewusst ist. Vor zwei- oder dreihundert Jahren wären viele von ihnen schon vor ihrem vierzigsten Geburtstag verbraucht oder gar tot gewesen. Zitat:
So sieht das moderne Leben mit der Empfehlung, alles aus ihm herauszuholen, aus. Das hatten wir als Kinder schon in den Fünfzigern kapiert, als die ersten Selbstbedienungläden aufmachten und uns mit bunten Klebebildchen in der Schokolade und in den Haferflocken lockten. Wer stellt sich denn heute noch in die Küche und schält und schnippelt Gemüse? Einfacher ist, eine Tüte aufzureißen oder eine Dose aufzudeckeln. Da hat man allerdings nur Dreck im Kochtopf. Das bekommt aber nur mit, wer sich die Mühe macht, die Zutaten auf dem Aufdruck der Tüten und Dosen zu lesen. Ich mache mir diese Mühe, selber zu schnippeln und alles frisch zu kochen. Und ich lese, was auf den Produkten steht. Das meiste von dem Dreck bleibt im Regal stehen, denn das zu fressen und auch noch Geld dafür abzudrücken wäre eine Zumutung. Wenn ich mal keine Zeit habe, in der Küche zu stehen, gibt's halt gar nichts zu essen. Geht auch und hält die Taille schlank. |
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11.03.2023, 19:56 | #15 |
11.03.2023, 20:15 | #16 |
Forumsleitung
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Das halte ich für eine Illusion. Old habits die hard.
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