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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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23.06.2020, 20:46 | #1 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Zur Hölle mit den Jammerlappen
Hört, liebe Brüder, lauscht, holde Schwestern:
Aus dem Liederbüchlein riss ich gestern fast die Hälfte aller Seiten raus, gab den Flammen sie zum Gaumenschmaus. Alle Trauermelodein warf ich in die rote Glut hinein. Erst erklang ein Winseln und Gestöhne, rasch erstarben dann die Schmerzenstöne. Mit einem Tritt erstickte ich ein letztes Zündeln, ein „de profundis“ seufzten gelbe Flammenzungen - von dicht beschriebnen Blättern, ganzen Notenbündeln, verblieb nur Asche und mir war der Coup gelungen. In meinem Liederbüchlein blieben nur Texte, die wir alle lieben - sie machen unsre Herzen frei und froh und jauchzend klingts: „In dulce jubilo!“ Ich höre die Kritik: „Du machst es dir zu leicht, du blendest alles Negative aus den Sinnen! Was du uns da empfiehlst, ist töricht, dumm und seicht! Ich sage nur: Mit Trauermiene wirst du keinen Blumentopf gewinnen! |
23.06.2020, 21:01 | #2 |
Kommt in meinen Ohren sehr wuchtig an.
Angenehm kompakt geschmettert, rampensäuisch. Ahoy P. |
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23.06.2020, 23:10 | #3 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Lieber Pjotr,
mit "rampensäuisch" hast Du mir ein Riesenkompliment gemacht. Danke schön! Liebe Grüße, Heinz |
24.06.2020, 09:16 | #4 |
Guten Morgen Heinz,
Dein Rat: "Verbrenne die traurigen Lieder und gewinne dafür den Blumentopf" Aber ich habe schon so viele Töpfe und liebe getragene Worte in Zeiten des Übermuts. Trotzdem, danke für die Empfehlung
-ganter- |
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24.06.2020, 12:10 | #5 |
Lieber Heinz,
zwar ist das launig leicht gedichtet mit dem ironischen Ton einer burlesken Operette, aber letztlich ist es doch ungesund. Denn alles Verdrängte sucht sich seinen Weg ins Leben und zertritt dabei so manches, was ohne das Tabu vorsichtig überschritten werden könnte. Dennoch gerne gelesen, AlteLyrikerin. |
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24.06.2020, 13:46 | #6 |
Dabei seit: 05/2017
Ort: Gut gemeinte Grüße gen gern gesehene, Kalauer genießende, großartige Gäste!
Beiträge: 369
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Heinz,
ich bin beeindruckt. Aber ich bin mir sicher, Dir werden schon abwertende Texte, in weiter Zukunft einfallen, eventuell spöttische von daher, ist dieser ernstgemeinte Versuch zu lieben, der Weg Deiner Vernunft, der versucht Ideen zu töten, was nicht jedem gelang in der Vergangenheit, wohl der richtige. Syssiphos ist ein glücklicher Typ! Weil er einen Schneemann baut. MfG Cilonsar Motto: "Mein Schatten fällt nicht ins Gewicht, ich drehe weiter am Rad... schlicht..." |
24.06.2020, 20:35 | #7 |
abgemeldet
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ja hat mich auch wuchtig getroffen dein text, Heinz
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24.06.2020, 21:37 | #8 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Liebe AlteLyrikerin,
dass ich auf Deine Meinung großen Wert lege, muss ich nicht betonen. Natürlich hast Du Recht, wenn Du sagst, dass Verdrängtes sich seinen Weg sucht. Mein Ziel ist es nicht, die Augen und die restlichen Sinne vor der Realität zu verschließen. Genau das machen aber die Miesepeter - sie wollen oder können die zahllosen Wunder des Lebens nicht sehen und erleben und finden auch im leckersten Apfel garantiert den Wurm, vernachlässigen die Weisheit, dass aus einem traurigen Arsch kein fröhlicher Furz kommen kann. Ich nehme Deinen Namen (pars pro toto) und frage: Wer Gottes Gaben nicht zu schätzen weiß, der darf meinetwegen seufzen: O wär ich nie geboren! Was soll ungesund daran sein, wenn man die täglichen Wunder genießt? Liebe Grüße, Heinz |
24.06.2020, 22:33 | #9 |
Sehr eigenartig
Guten Abend Heinz,
um es mal offen zu sagen: Die Strophen 1-3 sind für mich eine vollkommen unverhohlene Aufforderung zur Bücher(oder Manuskript-)verbrennung, und "Texte, die wir alle lieben" klingt doch verdächtig nach Gleichschaltung - ein Lied, zwei, drei, Narrhallamarsch. Wie viel Prozent der Weltliteratur müssten dann eigentlich verbrannt werden? 70? 80? Vor dem Hintergrund Deiner des Öfteren geschilderten leidvollen Erfahrungen mit einem Unrechtsregime finde ich das, vorsichtig ausgedrückt, befremdlich. Mir sei auch noch die Anmerkung erlaubt, dass ich zumindest Lyrik ganz bestimmt nicht schreibe, um damit einen "Blumentopf" (Frau? Anerkennung und Bewunderung?? Geld???) zu gewinnen. Mir geht es stets darum, inneren Zuständen eine sprachliche Form zu geben und sie dadurch gewissermaßen zu verarbeiten. Vielleicht ist alles nur ein Missverständnis (...) Eine angenehme Nachtruhe wünscht Epilog |
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24.06.2020, 23:03 | #10 | |
Ich hatte mich heute schon gefragt, wieviele Stunden es dauern wird, bis einer in diesem Faden den obligatorischen Vergleich mit der Bücherverbrennung bringen wird. Und da kommt er auch schon:
Zitat:
Ich habe neulich ein paar alte Schallplatten weggeschmissen. Weil ich dafür sowohl körperlich als auch geistig keinen Platz mehr habe. Und verschenkbar waren sie auch nicht mehr. Ich habe gesündigt. Ich hätte mich zwingen sollen, die alten Platten zu ehren und zu lieben. |
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24.06.2020, 23:37 | #11 |
Dabei seit: 10/2006
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Beiträge: 7.879
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Hallo Epilog,
bei meinem Text in die Nähe von Verbrechern, denn nichts anderes sind die Bücherverbrenner, gerückt zu werden, bedarf schon einer perversen Fantasie. Aus meinem "Liederbüchlein" die "Trauermelodein" heraus zu reißen hat nichts, aber auch gar nichts mit der Aufforderung, Unliebsames dem Feuer zu überantworten, zu tun. Auf diese Schiene lass ich mich nicht setzen und lehne eine weitere Diskussion darüber ab. Merke: Nicht jeder, der misstönende Texte aus dem "Liederbüchlein" oder seinem Tagebuch heraus reißt und verbrennt, wird dadurch zum nazistischen "Bücherverbrenner" . Liebes Ralfchen, Dich beieindruckt zu haben, freut mein Herz! Lieber Pjotr, ich danke Dir für Deinen Kommemntar! Liebe Grüße, Heinz |
29.06.2020, 00:00 | #12 |
abgemeldet
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Vor meinen Augen blitzen Sterne
manche Worte les ich gerne... doch eines treibt mich ins Verwesen: Habe es dennoch gern gelesen. |
29.06.2020, 00:47 | #13 |
Dabei seit: 10/2006
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Beiträge: 7.879
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Was treibt dich, Ralfchen, in den Rachen
des Charon und seinen Nachen? Nein, ich will dir nicht verwehren, den Styx mit ihm zu überqueren. Bedenke aber unsres Landes Sitte: Nehmt mich in eure Mitte, ich sei im Bund der Dritte. H. |
29.06.2020, 17:11 | #14 |
abgemeldet
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schön
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