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Alt 10.07.2005, 14:46   #1
Dreamcatcher
 
Dabei seit: 07/2005
Beiträge: 13


Standard Das Geheimnis des Bermuda-Dreiecks

Das Geheimnis des Bermuda-Dreiecks

Mein Onkel Christopher hatte schon immer Abenteuer geliebt. Wenn es hieß, im Himalaya habe man neue Spuren des Yeti gefunden oder es gab Augenzeugenberichte über den Bigfoot, war er sofort zur Stelle und schloss sich einer eigenbrötlerischen Expedition mehrerer alter, merkwürdiger Käutze an, um „den noch unentdeckten Geheimnissen der Natur“ auf die Spuren zu kommen, wie er es nannte. Einmal hatte er „per Telegramm“ sogar ein paar Profitaucher angeheuert, um ihn bei seiner Suche nach dem Ungeheuer von Lochness zu unterstützen. Bislang jedoch waren seine Forschungen so gut wie nutzlos geblieben, was ihn jedoch eher anzuspornen schien als die Flinte ins Korn zu werfen. Allgemeine Aufmerksamkeit erreichte er durch waghalsige Expeditionen, auf denen ihn schon ein Team eines großen Fernsehsenders begleitet hatte. Außerdem hatte er mehrere Artikel für Zeitungen und Forschungsmagazine geschrieben, in denen er über seine Abenteuer berichtete.
An jenem Sonntagmorgen besuchte ich ihn wie immer in seinem kleinen Zimmer auf dem Dachboden, welches er zu einer Art Jägersitz umgestaltet hatte: Die Wände waren über und über tapeziert mit Landkarten, Fotos von Riesenkraken oder monströsen Seeschlangen und auch einigen Erinnerungsstücken aus all den Ländern, die er schon besucht hatte (in den vielen Jahren seiner strebsamen und eifrigen Arbeit war es ihm tatsächlich gelungen, einen Sponsor zu finden). Onkel Christopher saß beschäftigt an seinem ausladenden, robusten Eichentisch, den er sorgsam auseinandergenommen hatte, um ihn durch die Dachbodenluke zu befördern und ihn hier oben wieder zusammen zu bauen. Er war beladen mit Büchern über Ungeheuer und auch voller Notizen. In einer selbstgebastelten Glasvitrine daneben verwahrte er einen „Yeti-Fuß“, den er für teures Geld einem Mönch in Tibet abgekauft hatte, ein Glas mit einem Stück eingelegten Tentakel eines „Riesenkraken aus der Tiefsee“ und einige verblichene Knochen von unbekannter Herkunft, ein Büschel senffarbenes Fell, sowie einen Zehnagel, seltsame gräuliche Schuppen von denen jede so groß war wie eine Untertasse und, Onkel Christophers ganzer Stolz, „Bigfoot-Exkremente“, die er eigenhändig in der Nähe des Hudson Bays aufgelesen hatte. (Demnächst wollte er sie einem guten Freund an der Universität zur näheren Untersuchung anvertrauen. Ich bereitete mich innerlich schon auf seine große Enttäuschung vor, wenn sich sein jahrelang behüteter Schatz als die Reste eines guten Frühstücks von einem Braunbären herausstellte.)
„Jane, wie schön, dich jetzt schon zu sehen!“, begrüßte mich mein Onkel, als er mich endlich entdeckt hatte. „Ich bin gerade mit einem ganz besonders wichtigen Fall beschäftigt ... komm und sieh es dir an!“
Ich war die wöchentlichen sensationellen Entdeckungen Onkel Christophers gewohnt und beschloss, nachsichtig zu sein und mein brennendes Interesse wenigstens vorzutäuschen.
„Das ist ja aufregend“, sagte ich und hoffte, dass die Ironie in meinen Worten nicht zu hören war. Ich beugte mich über seine Schulter, um zu sehen, an was er wohl diesmal arbeitete. Er hatte eine Karte des Atlantischen Ozeans vor sich ausgebreitet und war gerade dabei, eine kleine Fläche mit roten Reißzwecken abzustecken.
„Erkennst du etwas, Jane?“, fragte er ganz aufgeregt und tippte ungeduldig mit dem Zeigefinger auf die Stelle.
„Ja ... die Zwecken bilden ein Dreieck!“
„Genau!“ Onkel Christopher schien völlig aus dem Häuschen zu sein. „Und dies ist ein neuer Fall, den es zu untersuchen gilt! All die Jahre habe ich diese wahre Fundgrube an Sensationen übersehen! Jane, ich habe mich einfach zu sehr der Tierwelt gewidmet ... aber nun habe ich den wahren Kern all meiner Forschungen und Reisen entdeckt: Das Bermuda-Dreieck!“
Ich hatte schon zuvor von jenem Dreieck gehört und erklärte mir Onkel Cristophers Sinneswandel so, dass er endlich eingesehen hatte dass seine Nachforschungen nicht allzu zukunftsträchtig waren und er sich nun ein neues Steckenpferd gesucht hatte.
Mein Onkel schien immer noch vollkommen aufgeregt zu sein. „Ich habe alles für eine zwei-Mann-starke Expedition vorbereitet. Morgen schon startet unsere Flieger nach Puerto Rico.“
„Was soll das bedeuten, ‚unser Flieger‘?“, fragte ich beunruhigt.
„Das soll heißen“, sagte Onkel Christopher mit der Miene eines Weihnachtsmannes, der ein besonders großes Geschenk aus dem Sack zieht, „dass du, Jane, mich auf meiner weltbewegenden Reise begleiten wirst, die alles Bisherige in den Schatten stellen wird!“
Ich wollte ungern die feierlich Stimmung durchbrechen, doch mir blieb keine andere Wahl. „Ich muss zur Schule, ich kann nicht einfach auf Safari gehen.“
Onkel Christopher lachte und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Die Wissenschaft geht immer vor!“, klärte er mich auf. „Pack deine Sachen und richte deinem Lehrer einen schönen Gruß aus, morgen geht es auf die Reise!“

„Das Bermuda-Dreieck besitzt ein geographisches Gebiet von rund 3‘900‘000 Quadratkilometern, musst du wissen“, erklärte mir Onkel Christopher, als wir am nächsten Tag in einem großen gemieteten Motorboot über den Atlantik düsten. Wir hatten einen guten Flug gehabt und nachdem wir mit einem Taxi San Juan verlassen und die Küste erreicht hatten, nahm uns ein Wasserflugzeug mit. Es setzte uns auf einer wirklich winzigen Insel ab, von der ich sicher war, dass sie in keiner Karte verzeichnet war, da es schien als ob jede größere Welle sie dem Meer gleichmachen würde. Von dort aus fuhren wir mit dem Motorboot, welches wir von einem Einheimischen bekommen hatten, willkürlich ins Blaue, wie es mir schien. Als die In-sel schon längst nicht mehr zu sehen war, klangen mir noch immer die Abschiedsworte des Mannes in den Ohren: „Gute Fahrt!“ Oh diese Worte klangen so zweideutig, wenn man bedachte, dass mein Onkel und ich geradewegs zum Mitte des Bermuda-Dreiecks fuhren ... doch ich verdrängte alle meine schlechten Gefühle. Von einem völlig unzivilisierten Mann im Hula-Röckchen würde ich mir bestimmt nichts sagen lassen – ganz sicher gehörte das Boot noch nicht einmal ihm!
„Das Bermuda-Dreieck“, fuhr mein Onkel bestgelaunt fort, „liegt zwischen Puerto Rico, den Bermuda-Inseln und Melbourne in Florida. Das faszinierende an diesem Gebiet ist jedoch, dass zahlreiche Schiffe und Flugzeuge unter bisher ungeklärten Umständen verschwanden ...“
Die Nadel meines Stimmungsbarometers sank rapide und blieb zitternd auf der Null hängen. Um nicht im absoluten Minusbereich zu landen, wand ich schnell ein: „Aber es gibt bestimmt einige Erklärungen für diese Fälle – und es waren mit Sicherheit auch nur ein paar ...“ Wie ich kurz darauf bemerkte, redete ich mich in mein eigenes Verderben: Mein Onkel strotzte förmlich vor Energie und Ellan: „Oh die mysteriösen Geschichten gehen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Und seit dieser Zeit sind hier mehr als fünfzig Schiffe und zwanzig Flugzeuge spurlos verschwunden!“
Das unbedeutende Wörtchen ‚hier‘ bekam eine ganz neue Bedeutung für mich und lag mir augenblicklich schwer wie ein Stein im Magen.
„ ... aus alten Zeitungsberichten weiß ich, dass 1945 fünf Militärbomber Fort Lauderdale zu einem Routineflug bei gutem Wetter verließen. Und, hör zu, Jane: keines von ihnen kam zurück!“ Onkel Christophers Wangen glühten vor Entdeckerlust wie die eines kleinen Jungen, während mir allmählich übel wurde.
„Ein hinterher geschicktes Wasserflugzeug verschwand ebenfalls ... allgemein wurden so gut wie nie Wrackteile gefunden und deswegen hält sich das Gerücht, es gehe nicht mit rechten Dingen zu ... “
Der Gedanke, dass in meiner unmittelbaren Nähe geheimnisvolle Kräfte am Werk waren, wurde mir zuviel. Ich lehnte mich weit über den Rand des Motorbootes und übergab mich. Doch meinen Onkel ließ das unberührt. „Ja, ja ... das ist eines der Opfer, welches jeder Forscher geben muss. An die Fahrt auf See wirst du dich wohl noch gewöhnen müssen. Doch glaube mir, unsere Reise wird nicht umsonst gewesen sein!“
Ich unterdrückte alle Gedanken an monströse Seeungeheuer die Schiffe und Flugzeuge in die Tiefe zogen und schloss die Augen, um die Weiten des Atlantiks nicht mehr sehen zu müssen...
Nach unendlich vielen Stunden Fahrt, (ich hatte jedes Zeitgefühl verloren und schreckte nur ab und zu aus einer Art Dämmerschlaf auf, wenn mein Onkel „Faszinierend!“ oder „Das ist ja einfach unglaublich!“ hervorstieß. Jedes Mal musste ich jedoch entdecken, dass es sich lediglich um einen Wasservogel oder „höchst ungewöhnliche Algenformationen“ handelte), drosselte Onkel Christopher plötzlich den Motor.
„Was ist los?“, fragte ich ihn. Er beugte sich über eine merkwürdige Karte, die auf den ersten Blick durchweg blau wirkte. „Das“, sagte mein Onkel bedeutungsschwer, „ist ein ganz besondere Karte, die ich einem Seeforscher in Melbourne abgeschwatzt habe. Es handelt sich um die genaue Aufzeichnung von größeren Strömungen, Untiefen, aber auch Wrackteilfunden und den Stellen, an denen manche Schiffe oder Flugzeuge das letzte Mal gesichtet wurden.“
Erst jetzt konnte ich bei genauerem Hinsehen kleine Punkte, markierte Felder und unzählige Ziffern und Wörter in dem ganzen Blau erkennen.
„Swan ... Neighbour ... The Cook-Airplaine ...“, las ich laut.
„Ja, das sind nur einige Schiffe und Luftfahrzeuge, die im Bermuda-Dreieck spurlos verschwunden sind. Und wenn mich nicht alles täuscht, befinden wir uns genau an der Stelle, an der 1946 die Crow, 1952 die Anna-Maria und 1989 die Santa Barbara und die Yellow Dog verschwunden sein sollen ...“
Nichts ließ sich mit dem Gefühl vergleichen, welches ich mit einem Mal verspürte. Ich war fest davon überzeugt, wenn sich nicht augenblicklich ein Lichtpunkt zeigen und mir die Hoffnung geben würde, dass Onkel Christopher und ich eines Tages wieder heil in Seattle ankommen würden, würde es schlimm mit uns enden. „Onkel Christopher ... was ... was hast du vor? Ich meine, es wird nichts Aufregendes passieren, da bin ich mir sicher! Wie währe es, wenn du ein paar Fotos schießt und wir gucken in ein, zwei Jahren noch einmal vorbei, ob sich etwas verändert hat ...“
„Jane! Du machst wohl Witze! Glaubst du im Ernst, ich habe all die Monate der Vorbereitungen und der Nachforschungen geopfert, nur um einen kleinen Abstecher in den Atlantik zu machen? Nein. Wir befinden uns unmittelbar an einer Stelle, die in die Geschichte eingegangen ist als Schrecken aller Seefahrer und Piloten ... Du verstehst natürlich, dass das eine einmalige Chance für mich ist, endlich das Geheimnis des Bermuda-Dreiecks zu lösen!“
Dreamcatcher ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.07.2005, 14:47   #2
Dreamcatcher
 
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Beiträge: 13


Ich wollte meinem Onkel lieber nicht seine Illusionen nehmen und schwieg. Da ich ihn auch in den folgenden Stunden trotz aller Anstrengungen nicht zur Rückkehr bringen konnte, musste ich mich seinem Willen fügen und „dem Abenteuer ins Auge sehen“, wie es Onkel Christopher gesagt hatte und so lange mitten auf dem Meer warten, bis etwas Ungewöhnliches passierte. So verkrochen wir uns unter Deck in dem kleinen Raum, der zugleich als Schlafstätte, Minikombüse und auch als Schattenspender diente.
Mitten in der Nacht wurde ich von einem seltsamen Geräusch geweckt. Es klang beinahe so, als würde etwas riesiges von unten am Bootsbauch saugen. Panische Angst überkam mich und ich war mit einem Schlag wach. „Onkel Christopher! Wach auf! Da - da stimmt etwas nicht!“, rief ich voller Angst. Sofort fuhr mein Onkel aus dem Schlaf, griff fahrig nach dem alten Jagdgewehr, welches er unter dem Klappbett verstaut hatte und rief : „Wo? Wo ist der Riesenkrake?“
„Onkel Christopher! Kein Krake – das Boot ist außer Kontrolle!“, rief ich, denn im nächsten Augenblick riss etwas mächtiges das Motorboot herum und ich spürte, wie es in rasender Geschwindigkeit über das Wasser jagte. „Ich muss an Deck!“, rief mein Onkel. „Ich muss es sehen!“
„Du bleibst hier!“, rief ich verzweifelt und war bereits im Begriff die klapprige Tür der Kabi-ne mit Händen und Füßen zu verteidigen, als das Boot jäh kippte. Langsam rutschten sämtliche Einrichtungsgegenstände auf mich und meinen Onkel und geradewegs auf die Tür zu. „Zur Seite!“, rief er und packte mich gerade noch rechtzeitig, bevor eines der Klappbetten gegen die Tür donnerte und sich dort verkeilte. Das Boot kippte immer weiter nach unten und ich befürchtete, dass das Wasser in die Kabine dringen würde. Mit einem Blick durch das kleine, bullaugenartige Fenster sah ich gräuliches Wasser über das Boot zusammenbrechen. Im nächsten Moment wurde ich durch ein heftige Erschütterung, die das ganze Boot erzittern ließ, mit dem Kopf gegen die Wand geschleudert und mich umfing tiefe Schwärze ...

Als ich erwachte, sah ich zunächst nichts als Düsternis. Mein Kopf schmerzte und ich wusste nicht, wo ich mich befand. Eigenartiger Weise fühlte ich felsigen Boden unter mir ... Langsam kamen meine Erinnerungen zurück. Ich war mit Onkel Christopher auf dem Atlantik gewesen ... auf der Suche nach ... nach den Geheimnissen des Burmuda-Dreiecks. Langsam richtete ich mich auf. Ich war mir sicher, dass ich mich nicht im Wasser befand; ich betastete meine Kleidung – sie war trocken! Hatte es mein Onkel geschafft, das Boot auf eine Insel zu steuern und uns gerettet? Mein Onkel ... „Onkel Christopher?“, rief ich ängstlich in die Dunkelheit. Mein Ruf hallte aus allen Richtungen wieder ... was hatte das zu bedeuten? Ich spähte umher. Plötzlich erschien ein seltsam grünlich-gelbes Licht in meiner Nähe. Voll Angst wich ich zu-rück – und stieß an eine Felswand.
„Jane?“, hörte ich die Stimme meines Onkels - aus der selben Richtung, aus der auch das Licht kam ... „Onkel Christopher, pass auf! Hinter dir!“
„Was soll da sein? Ach – du meinst meinen Leuchtstab ...“
Ich verstand überhaupt nichts mehr. „Wo sind wir – ich ... ich kann nichts sehen“
Das Licht näherte sich mir und bald darauf konnte ich das graubebartete Gesicht meines Onkels erkennen. „Wir sind in einer unterirdischen Höhle“, sagte er. „Schön, das du endlich aufgewacht bist, du musst dir das ansehen! Oh – hier: Du bekommst auch einen Leuchtstab. Du musst ihn nur in der Mitte knicken ...“ Völlig verdutzt nahm ich den Stab entgegen. Als das Licht unserer zwei Leuchten den Ort an dem wir uns befanden erhellte, stockte mir das Blut in den Adern. Es war tatsächlich ein riesige Höhle – ich schätzte sie auf dreißig Meter Höhe. „Wie ... wie sind wir hierher gekommen?“, fragte ich verwirrt.
„Das war ganz einfach. In der Nacht erfasste uns eine starke Strömung – oh eine sehr starke Strömung, will ich meinen! Wir gerieten mit samt dem Boot in einen mächtigen Strudel, der uns wohl tief ins Meer schleuste. Und jetzt sind wir hier in dieser äußerst interessanten untermeerischen Höhle.“ Ich konnte all das nicht glauben. „Und was ist mit unserem Boot? Was ist aus unserem Boot geworden?“, fragte ich verzweifelt.
„Oh. Das befindet sich dort drüben ...“
Ich leuchtete in die von ihm gewiesene Richtung und gewahrte am Boden der Höhle einen Trümmerhaufen, der nur noch aus Bruchstücken zu bestehen schien. „Aber mach dir keine Sorgen, Jane. Ich konnte einen Großteil unserer Ausrüstung retten ...“
„Wie beruhigend“, sagte ich während mir unsere ausweglose Situation klar wurde. Wir befanden uns Tausende von Metern unter dem Meer und saßen hier unentrinnbar fest. Mein Onkel sah meine entsetzte Miene und legte mir seine Hand auf die Schulter. „Du brauchst dir wirklich keine Sorgen machen, Kind“, sagte er beschwingt. „Hier unten haben wir alles, was wir zum Überleben brauchen, bis wir gerettet werden: Ich habe mehrere Krater entdeckt, aus denen Sauerstoff dringt und einige Konservendosen und Wasserflaschen konnte ich bergen. Und falls das zu knapp wird, gibt es hier genug Krebse und Schnecken ...“
„Bitte hör auf!“, rief ich in heller Verzweiflung. „Ich möchte nicht eine Minute länger hier unten bleiben und mich von Schnecken ernähren!“
„Etwas anderes wird uns wohl nicht übrigbleiben“, meinte mein Onkel achselzuckend. „Aber ich repariere gerade unser Funkgerät. Wenn wir ein wenig Glück haben, können wir schon in einer Stunde Hilfe hierher kommandieren.“
„Du glaubst doch nicht im Ernst, dass wir Funkkontakt zum Land herstellen können! Onkel Christopher, wir befinden uns tief im Meer!“
Doch mein Onkel lächelte nur vielsagend. „Warte es ab!“
Die Minuten zogen sich hin wie zäher Kaugummi, während ich, in meine klammen Decke gehüllt, die uns erhalten gebliebene Ausrüstung sortierte. Ich wusste nicht, ob es noch Nacht oder bereits Tag war: das einzige Licht in der Höhle erzeugte ein Vorrat von Leuchtstäben, den ich um mich herum aufgebaut hatte. Wir hatten tatsächlich noch einige Dosen Rind- und Schweinefleisch so wie Brechbohnen und Pfirsiche. Onkel Christophers umfangreiche Ausrü-stung war um mehr als die Hälfte geschrumpft, doch er hatte ein Gewehr, Leuchtstäbe, Feuerzeuge, einen Kompass, ein Buschmesser, mehrere Bücher und (aus einem mir unerklärlichen Grund) Alufolie retten können. Was uns all diese Dinge hier unten nützen konnten war mir noch schleierhaft. Doch nicht einmal mein Onkel hätte sich auf eine ähnliche Situation, in der wir uns befanden, vorbereiten können.
„Ich habe es geschafft, das Gerät funktioniert wieder!“, kam Onkel Christophers Ruf endlich aus einer kleinen Nische, in der er sich eine Art Werkstatt eingerichtet hatte. Tatsächlich hatte ich das dumme Gefühl, dass er all das, was sich mir als mein schlimmster Alptraum offenbart hatte, als furchtbar aufregend und spannend empfand.
Die nächste Zeit saß ich neben Onkel Christopher und sah ihn bei seinen Versuchen, mit irgend jemandem Kontakt aufzunehmen, zu. Doch ich vernahm eine halbe Stunde lang nichts als ein klägliches Rauschen. Auf einmal rief er ganz aufgeregt: „Da – ich hab jemanden! Es muss ein ziviles Schiff oder so etwas sein ... Hallo? Hallo ... können sie mich hören? ... Jane – ich höre jemanden! Ja, Hallo! Wir brauchen ihre Hilfe! Nein ... doch, wir sind in gewisser Hinsicht schon in Seenot geraten ...“ Ich hielt es nicht mehr aus. Jeden Moment konnte der Kontakt abbrechen und unsere einzige Chance Hilfe zu erhalten, wäre dahin gewesen! Hastig ergriff ich das Funkgerät und rief: „Hören sie mich? Wir brauchen dringend Hilfe! ... ja, mein Onkel und ich hier. Nein – hören sie, es klingt unglaublich, aber wir sitzen in einer Höhle Tausende Meter unter der Meeresoberfläche fest! Nein - Bleiben sie dran! Mein Onkel ist der berühmte Forscher Christopher London! ... in Washington kennt jeder seinen Namen! Holen sie Hilfe! Mein Onkel kann ihnen die ungefähren Daten geben, wo wir sind ...“
In den nächsten Stunden hatten wir Funkkontakt zu mehreren Rettungsstationen, zu einem Nachrichtensender, der ununterbrochen über unser „dramatisches Unternehmen“ berichtete und sogar zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Ich weiß nicht mehr, wie lange wir warteten und wie sie es schafften, ob mit Messgeräten oder ob es schlichtweg Glück war, als endlich eine Art U-Boot in Unserer Nähe auftauchte. Mehrere Rettungstaucher fanden mit Hilfe von Signalen, die mein Onkel mit den Leuchtstäben gab, den Eingang zu der unterirdischen Höhle. Es muss ein seltsamer Anblick gewesen sein, wie ein Mädchen und sein alter Onkel den Rettern entgegen gerannt kamen, in schmutzige Decken gehüllt und mit Alufolie umwickelten Schuhen gegen die Nässe.
Drei Tage nachdem wir vom Strudel erfasst und in die Tiefe des Meeres gesogen worden wa-ren, brachte man uns endlich wieder an Land. Als ich das erste Mal seit langem wieder Sonnenlicht sah und im Trockenen stand, bemerkte ich die Blitzlichter all der Fotografen gar nicht, die der Sicherheitsdienst nur mit Mühe zurückhalten konnte.
Mein Onkel wurde gefeiert wie nie zuvor über seine Entdeckung der Strudel und vor allem der unterirdischen Höhle im Bermuda-Dreieck. Er hielt zahlreiche Lesungen an großen Universitäten und erhielt mehrere Preise. Ich hingegen hatte die nächsten Wochen schulfrei und es gab niemanden der mir das verübelte. Auch ich hielt einen Vortrag über unser Abenteuer vor der ganzen Klasse, die noch nie zuvor zwei Stunden lang still und wie gebannt einem Referat gelauscht hatte. Doch eine Frage konnten weder ich noch mein Onkel all den Reportern, Lehrern und Wissenschaftlern beantworten: Was war aus der Crow, der Anna-Maria, der Santa Barbara, der Yellow Dog und den vielen anderen Schiffen und Flugzeugen geworden, die für immer spurlos im Bermuda-Dreieck verschwunden waren?
Dreamcatcher ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.07.2005, 15:34   #3
Saphire
 
Dabei seit: 07/2005
Beiträge: 9


Hey Dreami!

Mir gefällt diese Geschichte. Vorallem, wie du den etwas verrückten Onkel beschreibst.
Du scheinst dich auch gut darüber informiert zu haben.
Nur der Schluss geht meiner Meinung nach, etwas zu schnell. Plötzlich sind sie schon drei Tage in der Höhle. Das ist etwas seltsam.
Aber insgesamt super!

Saphire
Saphire ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.07.2005, 18:49   #4
Dreamcatcher
 
Dabei seit: 07/2005
Beiträge: 13


Danke für dein liebes FB Saphire!
Ja, du kannst recht haben in Bezug auf das schnelle Ende der Geschichte ...
Geschichten zu abrupt und schnell enden zu lassen ist eine meiner Schwächen ... ich hoffe das es trotzdem geht!

Dreami
Dreamcatcher ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.10.2005, 00:20   #5
Haumichblau
abgemeldet
 
Dabei seit: 06/2005
Beiträge: 107


Dein Onkel hat tatsaechlich recht, denn Bigfoot und der Yeti sind miteinander verwandt und leben im Sommer nur 2 km von hier im Zelt,
im Winter fliegen sie nach Mexiko,weil es dort waermer ist.

und die Nelly von Lochness See ist deren Cousine,sie ist eine tolle Koechin.
[ es gibt jeden tag Fischgerichte ]
Haumichblau ist offline   Mit Zitat antworten
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