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Alt 30.09.2011, 19:59   #1
im9today
 
Benutzerbild von im9today
 
Dabei seit: 09/2011
Alter: 31
Beiträge: 3

Standard hypochondrie.

Ich bin nicht mehr die, die ich einmal war.
Ich bin nicht mehr die, die ich sein sollte.

Eine Fehlfunktion, schleichend und fatal –

nun habe ich wieder diese tödliche Krankheit.
Gestern, wie ein Flashback, kam alles wieder.

Der heilige Gral der Angst,
schimmernd und blendend,
schließe ich meine Augen –
doch jeder weiß,
dass helles Licht durch alles scheint,
vorallem durch fragile, dünne Lider.

Ich habe verloren,
schon wieder.

Und ich habe immer gesagt,
sollte es wieder passieren,
dann flüchte ich,
geradeaus.

Rot und schwarz,
dunkel und ein Licht am Ende.

Doch jetzt sitze ich hier
und alles ist anders als geplant.

Ich bin Gefangene.
Und törichterweise dachte ich,
ich wäre frei.
im9today ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.10.2011, 12:24   #2
männlich Ex-Jack
abgemeldet
 
Dabei seit: 05/2011
Beiträge: 954

Hallo im9today,

ein toller Text, den ich sehr gut nachempfinden kann.
Mir gefällt, dass Du mit den ersten beiden Zeilen einen gut und sicher einleitenden Einstieg in den Text gibst, an dessen Ende eine Erkenntnis steht und so einen Gedankengang nachzeichnet, nachvollziehbar und klar.

Einige Formulierungen finde ich total Klasse:

"Fehlfunktion" in diesem Zusammenhang weist ja auf das nötige (?) Funktionieren in unserer Gesellschaft hin...je nachdem wie weit das maschinelle schon Besitz von mir ergriffen hat: Beruf/Job/Schule? Oder geht es auch schon um das Funktionieren in der Familie? Im Freundeskreis? Oder womöglich in der Beziehung?
Diese "Fehlfunktion" ist, wie ganz oft in Filmen und Büchern, ja meist der Beginn des Freiheitskampfes hin zum wahren Selbst...

"Der heilige Gral der Angst" finde ich großartig!!!
So steht die Angst da: Furchteinflößend! Man wagt nicht sie zu berühren, an sie heranzutreten und sie in die Hand zu nehmen: Sie erscheint unantastbar!
Ebenso ist sie, je nach Glaube, auch entweder luftiges Geistgebilde und existiert nur in unserem Kopf oder harte Realität, vielleicht ein Stück von beidem...dieser Gegenstand wabert durch die Geschichte und den Geist und damit scheint mir diese Angst doch ganz toll auf den Punkt gebracht!

"Rot und schwarz", die Liebe/das Herz/das Blut und der Tod/die Nacht/das Ende, wie auch natürlich das Roulettespiel und der Roman von Stendhal...das alles passt natürlich und weist auf den eigentlichen Konflikt hin, wobei sich hier natürlich, je nach Assoziation, die Frage stellt ob es hier um Glücksache oder um eine bewusste Etscheidung geht oder eine bewusste Entscheidung, die mich dann - mit Glück - gewinnen lässt - oder alles verlieren...
Jedenfalls ist das die Hoffnung und die Angst, die das LI (Lyrische Ich) in dieser Situation hat. Klasse! (also: geschrieben... )

Insgesamt ist das für mich ein runder Text mit schönen Highlights.
Ich hab es richtig gern gelesen.
Toller Einstand, im9today!

Liebe Grüße,
Jack
Ex-Jack ist offline   Mit Zitat antworten
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