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Alt 13.05.2024, 14:39   #1
weiblich Katy.A
 
Dabei seit: 05/2024
Alter: 21
Beiträge: 5


Standard Die verflixte FlixBus-Schnarcherei

Es sollte eigentlich eine ruhige FlixBus Reise werden. Gerade hatte ich mir,
mit einem sehr zufriedenen Grinsen im Gesicht, den letzten freien
Fensterplatz im FlixBus nach München geschnappt.

Zufrieden über diesen Erfolg ließ ich mich erst mal mit einem tiefen Seufzer
in den Sitz fallen und zog die, von dem ausgeatmeten CO2 der Italiener
versengte und verpestete Luft tief in die Lunge. Schlechte Idee. Von einem
imaginären Würgereiz gepackt, musste ich mir erst mal an den Hals fassen
und die Spaghetti von Mittag wieder runterwürgen. Oh Mann, hoffentlich
hat das keiner gesehen.

Der Motor vom Bus startete schnurrend und im selben Augenblick plärrte
die Stimme des Busfahrers durch die Lautsprecher. Seine kratzige, rauchige
Stimme, die übrigens sogar Brian Johnson von ACDC neidisch gemacht
hätte, teilte uns mit, dass der nächste Halt in Brixen sein würde. Alles klar.

Die Lampen gingen aus und wir fuhren Richtung Autobahn. Der Busfahrer,
ein kleiner rundlicher Italiener mit Vollglatze, lenkte den Bus in einer
Geschwindigkeit, dass man hätte meinen können, er hätte was gestohlen.
RIMS, RAMS, KURVE LINKS HAA; Fliehkräfte schienen ihm ein
Fremdwort zu sein! Ruck zuck schlängelten wir uns zwischen LKWs und
anderen Autos an der Brenner-Autobahn entlang. Und wenn ein Autofahrer
nicht schnell genug auf die rechte Fahrspur wechselte, blies er seine Backen
auf, sodass er aussah wie ein wutentbrannter Kugelfisch, hob die Faust und
setzte zu einer Tirade von italienischen Schimpfwörtern an. Die Frau, eine
Reihe vor mir, kicherte gerade nervös zu ihrem Mann hinüber und ließ ihren
Blick sorgenvoll durch den Bus huschen.

Mir machte der Fahrstil des Busfahrers Gott sei Dank nicht allzu viel aus,
denn ich war schon einiges von meiner Mutter gewohnt. Da ging‘s
manchmal auch RIMS, RAMS, KURVE LINKS UND KURVE RECHTS.

Einen Vorteil sollte die halsbrecherische Geschwindigkeit jedoch haben. In
weniger als 30 Minuten erreichten wir die Haltestelle in Brixen.

Gerade hatte ich es mir auf meinem Platz richtig gemütlich gemacht, als
sich jemand neben mir heftig räusperte. Ein Mann, geschätzt Mitte 50, mit
einer von Flecken besudelten Brille, deutet auf den freien Platz neben mir.
Widerwillig zog ich meinen Rucksack von dem freien Platz runter. Mist,
jetzt konnte ich die Beinfreiheit über zwei Plätze für die nächsten drei
Stunden wohl vergessen. Aber es sollte noch schlimmer kommen…

Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte mein Sitznachbar endlich seine ganzen
Taschen verstaut. Genau in dem Moment als er sich auf seinen Hintern
plumpsen lassen wollte, raste der Busfahrer los. Hui, dem Stecher vom
Verein kam das übel zu. In einem eher uneleganten Hopserlauf kam er, das
Gleichgewicht suchend, ein paar Reihen weiter hinten zum Stillstand.
Hilfesuchend angelte er sich, an den Sitzen festkrallend, wieder nach vorne
und ehe es ihn noch einmal von den Füßen reißen konnte, schaffte er es,
sich hinzusetzen. Oh gosh das wird ne unterhaltsame Fahrt.
Gedacht…passiert.

Ich war mitten im Traumland als mich ein Grunzen aus dem Schlaf
schreckte. Himmel, war ich das??? Hatte ich gerade echt laut geschnarcht??
Peinlich berührt ließ ich meinen Blick durch den Bus schweifen und
begegnete den Blicken anderer. Oh nein wie peinlich. Bevor ich mich weiter
in der Peinlichkeit suhlen konnte, schreckte ich abermals auf.

SCHNAAAARCH!!!!

Ok was passiert hier, das war ich jetzt definitiv nicht!!

Eine leise, böse Vorahnung überkam mich und ganz langsam wendete ich
meinen Kopf nach rechts. Was ich dann sah, ließ mir den Speichel im Mund
gefrieren. Der Kollege neben mir saß da, den Nacken unnatürlich verdreht,
den Mund sperrangelweit aufgerissen und gab ganz grausame Töne von
sich. Als wäre dies anzuschauen nicht schon Qual genug, rümpfte er
rhythmisch zwischen jeden Schnarchzug seine Nase, um die Brille, die
bereits auf Halbmast baumelte, wieder zurechtzurücken.
Vergeblich. Den Speichelfäden, die aus diesem Instrument "Mund" klafften,
folgend, wagte ich nochmal einen Blick auf das Schnarchmonster. Niemals
hätte ich gedacht, dass man zu solchen Leistungen fähig wäre. Kurz
überlegte ich zu googeln, ob es einen Schnarchwettbewerb gibt, um ihn da
anzumelden. Aber dann besann ich mich eines Besseren. Ich wurde mir
dessen bewusst, dass ich gerade das Privileg hatte, einem 1a Schnarchkonzert beizuwohnen.
Wortwörtlich in der ersten Reihe.
Wo bleibt dieses verflixte Popcorn wenn man es braucht??

Naja irgendwann, als meine Hände vom Mitdirigieren der
Schnarchmelodien ganz müde waren, kamen wir in München an. Hätte der
Busfahrer in seinem Schwung keine Vollbremsung hingelegt, dann wäre
mein Sitznachbar vermutlich nie aus seinem "Schläfchen" aufgewacht.
Dafür knallte er jetzt mit voller Wucht gegen den Vordersitz. Etwas verwirrt
zupfte er seine speckige Brille zurecht und schaute mit verschlafenem
Hundeblick umher. Dabei ignorierte er ganz wissentlich die bösen Blicke
der anderen Gäste und machte sich keinen großen Hehl daraus.
An diesem Abend ging ich mit einem Grinsen auf dem Gesicht heim und
noch viele Tage danach hatte ich einen kleinen leisen Ohrwurm von der
herrlichen Schnarchsymphonie.
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