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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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01.10.2017, 12:32 | #1 |
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Erbarmungslos
Ein Säugling sucht nach der Mutterbrust,
er giert nach der Quelle des Lebens, längst liegt sie im Blut, und all seine Lust zu Saugen, bleibt letztlich vergebens. Er trinkt ihr Blut statt stärkenden Saft, im Willen, den Kampf zu gewinnen, im Tode noch gibt die Mutter ihm Kraft, dem ewigen Schlaf zu entrinnen. Mit Grausen schaut ein Söldner das Bild, das gespannte Gewehr in der Hand, er zieht um sein Herz einen harten Schild: Im Auftrag zu töten kam er ins Land. 01.10.2017 |
01.10.2017, 12:59 | #2 |
Das ist wahrhaftig grausam und trifft es auf den Punkt: Der Soldat muss jedes Mitleid, jede menschliche Regung auslöschen, selbst bei einem solchen Anblick, um das zu tun, wozu er ausgesandt wurde.
Das transportiert das Gedicht sehr gut. |
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01.10.2017, 13:24 | #3 |
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Hallo Ilka,
dein Gedicht erinnert mich an eine grausame Filmszene aus "Tränen der Sonne", werd ich wohl nie vergessen. Schrecklich düster, aber gut geschrieben. LG Letreo Ich möchte nicht kleinlich wirken, aber Muttermilch, insbesondere Erstlingsmilch ist nicht reinweiß. Vorschlag: statt nährenden Saft |
01.10.2017, 13:51 | #4 |
Brachial gut. Eine in Erinnerung bleibende Szene.
Schlimm, aber so kommt und kam sie sicher schon oft vor. Technisch tadellos. Düster, dunkel, Kriegsgedicht. Ein Vorschlag: schaut -> sieht, rein aus klanglichen Gründen (der Klang erinnert mich Stellenweise an Ribbeck aus Havelland) |
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01.10.2017, 14:26 | #5 |
Forumsleitung
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All diese Überlegungen hatte ich ebenfalls angestellt. "... statt nährenden Saft" ging nicht, denn Blut nährt ebenfalls. Ich bin bei "reinweiß" geblieben, weil ich damit nicht die Farbe, sondern die Substanz der Muttermilch gemeint habe. Ist natürlich gemogelt, aber vielleicht finde ich noch etwas anderes. Vielleicht "weißlich" oder "gelb-weiß"?
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01.10.2017, 14:50 | #6 |
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Er trinkt ihr Blut wie nahrhaften Saft...?
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01.10.2017, 14:53 | #7 |
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01.10.2017, 14:58 | #8 |
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Ich denke, dass es so deutlich wird. Der Säugling trinkt instinktiv...
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01.10.2017, 14:58 | #9 |
Wie wäre es mit "stärkenden" ?
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01.10.2017, 15:12 | #10 |
Forumsleitung
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01.10.2017, 17:15 | #11 |
Hi Ilka!
Ein Säugling sucht nach der Mutterbrust, er giert nach der Quelle des Lebens, längst liegt sie im Blut, und all seine Lust zu Saugen, bleibt letztlich vergebens. Kein Komma nötig. Er trinkt ihr Blut statt stärkenden Saft, Kein Komma hier. im Willen, den Kampf zu gewinnen, im Tode noch gibt die Mutter ihm Kraft, dem ewigen Schlaf zu entrinnen. Mit Grausen schaut ein Söldner das Bild, das gespannte Gewehr in der Hand, er zieht um sein Herz einen harten Schild: Im Auftrag zu töten kam er ins Land. xXxXxxXxX xXxxXxxXx xXxxXxXxxX xXxxXxxXx xXxXxXxxX xXxxXxxXx xXxxXxXxxX xXxxXxxXx xXxXxXxxX xxXxxXxxX xXxxXxxXxX xXxxXxxXxX Aus dem Betonungsschema werde ich nicht so ganz schlau. Die fetten Zeilen stimmen an gleicher Stelle überein. S1Z1 passt nicht zu Z1 in S2 und 3, da die Doppelsenkung dort mittig liegt, in S2 und 3 zum Versende hin. In S1 und 2 stimmen die Zeilen 2-4 im Takt überein, in S3 allerdings nicht. So ergibt sich ein zwar in groben Zügen ähnlich klingendes Schema, aber im Detail holpert es, vor allem in S3. Denn was den Rhythmus hauptsächlich trägt sind die übereinstimmenden regelmäßigen Takte der jeweiligen Zeilen 2 und 4, und die fehlen in S3 gänzlich. Auch der Kadenzenwechsel dort in Z2 und 4 trägt dazu bei, sowie die unpassende Doppelsenkung im Auftakt von Z2. Versuch einer Angleichung (zum Vergleich) mit folgendem regelmäßigem Rhythmus: xXxXxXxxX xXxxXxxXx xXxXxXxxX xXxxXxxXx Ein Säugling sucht nach Mütterchens Brust, er giert nach der Quelle des Lebens, sie liegt im Blut, und all seine Lust zu Saugen bleibt letztlich vergebens. Er trinkt ihr Blut statt stärkenden Saft im Willen, den Kampf zu gewinnen, im Tode noch gibt die Mutter ihm Kraft, dem ewigen Schlaf zu entrinnen. Mit Grausen schaut ein Söldner das Bild, gespannt das Gewehr in den Händen, und um sein Herz zieht er einen Schild: Er kam, um zu töten und schänden. Ich hoffe, du bemerkst den Unterschied beim lauten Lesen. Ob er wichtig für dich ist, bleibt dir überlassen - für mich spielt es eben eine große Rolle, im Takt zu bleiben, den ich einmal festgelegt habe. Es erleichtert dem Fremdleser ungemein die Lektüre, und die Sprache fließt gleichbleibend. Gerade wenn der Rhythmus unkonventionell ist wie in Z1 und 3, ist ein gleichbleibendes Schema sehr wichtig, sonst verliert sich der Takt ins Beliebige der Wortmelodie. Das kann im Optimalfall auch sehr schön sein, aber meist lässt es den Lesefluss holpern, egal, wie schön die lyrische Sprache sein mag. Sehr gern gelesen! LG, eKy |
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01.10.2017, 17:23 | #12 |
Forumsleitung
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Danke für die Mühe, Erich. Der uneinheitliche Rhythmus war mir bewusst, ich habe das für die Wortwahl in Kauf genommen. Auch mit "Händen" statt "Hand" hatte ich wegen der Kadenzen gedanklich gespielt, mich aber dagegen entschieden.
Das Wort "schänden" geht mir zu weit. Einen solchen Soldaten wollte ich nicht zeichnen, er wäre wohl kaum dazu fähig, Grauen zu empfinden und müsste sich keineswegs hinter dem Argument des Befehls verstecken. Kurz gesagt: Ich habe bei diesem Gedicht dem Gefühl den Vorzug gegenüber der Perfektion gegeben. LG Ilka |
01.10.2017, 18:04 | #13 |
Hey Ilka und Erich,
Erich ich kann deinen Einwand zum Rhythmus verstehen, aber ich teile ihn hier nicht. In manchen Gedichten ist der Inhalt wichtiger als der perfekte Rhytmus. Ich denke da an den Erlkönig, oder den Ribbeck auf Havelland, da kam mir auch nichts richtig perfekt vor und trotzdem blieben mir beide Gedichte in Erinnerung Deswegen teile ich hier Ilka's Einstellung: ein deutlicheres Gefühl wiegt hier mehr als die Perfektion, wenn sie denn überhaupt möglich wäre. Liebe Grüße |
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02.10.2017, 00:22 | #14 |
Dichten ist zwar gebundene Sprache, doch steht mir der Sinn grundsätzlich mehr nach Deutung, vor allem wenn es wie hier sofort und tief unter die Haut geht.
Respekt für die Analyse, Erich. Keine Überhöhungen, nichts versinkt in sich selbst, keine Verzierungen, hinter denen sich Gehalt und Deutung verstecken; Form und Inhalt neigen sich zu, sehr eindringliche Wirkung. |
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02.10.2017, 13:20 | #15 | |
R.I.P.
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Hallo, Ilka-Maria -
Zitat:
Kein Säugling trinkt Blut. Er orientiert sich lediglich an der milchspendenden Brustwarze. Und die Söldner haben ungerührt dermaßen viele tote Kinder gesehen, daß sie wahrhaft ebgebrüht sind. Fürs Töten werden sie bezahlt. Lieben Gruß von Thing |
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02.10.2017, 15:14 | #16 |
Forumsleitung
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