Dem Seelenfreund

[Thing]

Das schwarze Ufer - Lethe? - ist erreicht,
Fährmann flößt sein dunkles Boot
neuen Sternen, neuem Traum entgegen.
S e i n e Seele, die so keiner andern gleicht,
schwingt sich auf in neues Rot,
hinauf zu süßen grünen Wegen,
die paradiesisch glühen.

Sein wehes Herz hat aufgehört, zu schlagen,
sein volles Dasein - unerfüllt!!! -
ward ihm allein zur Qual.
Er hört sie nicht, all diese Klagen,
die Wünsche, die ihm ungestillt
in diesem leeren Jammertal
so bittre Tränen zugetragen,
so viele qualgefüllte Mühen.

Er ist nun da, ist angekommen,
wo ihn das Leid nicht mehr beschwert.
Kein böses Wort trübt seinen Blick
in sanfte, jetzt nicht mehr gezählte Tage!
Was er mir gab, hat er genommen,
von seiner Fülle mir das Herz geleert,
läßt mir die Wunden nur zurück,
die er geschlagen.

Er ist daheim. Er geht durch seine Reben,
umhüllt mit Liebe seinen Schritt
hinein ins leuchtende Gefild
mit immerwährend vollem Geben:
und läßt mit Tritt um ewgen, ewgen Tritt
weit hinter sich
mein bitteres Verzagen.

[Ilka-Maria]

Neben einigen Gedichten, Texten und Kommentaren, die hohe Wellen geschlagen haben, wäre dieses hier beinahe untergegangen. Aber ich habe mich erinnert, daß da noch etwas war, das ich lesen wollte - und jetzt habe ich es gleich dreimal gelesen, weil ich es wunderbar finde. Mir ist, als hätte mein Herz nichts als Türen und Fenster, die plötzlich aufgestoßen wurden. Das Gedicht durchzieht eine seltsame, fast mythische Stille - keine Ahnung, wie man so etwas mündlich vortragen könnte. Welche Stimme sollte dazu fähig sein?

Gruß
Ilka-M.

[Thing]

Halli Hallo, Ilka-Maria -

so ist das mit den hohen Wellen:
Sie spülen Vieles weg.

Deswegen freue ich mich sehr, daß Du das Gedicht im Auge behalten hattest.
Dein Kommentar ist außergewöhnlich lyrisch - ich entdecke immer wieder neue Seiten an Dir.
Vortragen?
Ich fürchte, das Gedicht eignet sich nicht für einen Vortrag. Dazu wurde es auch nicht geschrieben. Die Melodie teilt sich eher dem Leser mit, zumal die klassischen Metrikregeln außen vor blieben. (Denen füge ich mich immer schwer, weil ich die Silbenzählerei während des Schreibens nicht beachte).

Hab vielen Dank für das große Lob!


Thing

[Daisy]

Lieber Thing,

wie ich sehe und lese, ist mir in der Zeit meiner Abwesenheit einiges entgangen und ich bin soeben dabei mich überall durchzulesen.

Bei diesem Gedicht geht mir, wie bei vielen Deiner romantischen Texte in dieser Art, das Herz auf und unendliche Sehnsucht nistet sich ein. Mir ist, als würde ich in Deinen Worten versinken. Ein wahres Lese-Erlebnis!

In meinen Kommentaren kann ich immer nur beschreiben, wie ein Gedicht auf mich wirkt und ob es meinem Geschmack entspricht.
Leider fehlt es mir am nötigen Wissen um fachlich kompetente Beurteilungen abzugeben, das überlasse ich gerne den dafür geeigneteren Usern.

Herzliche Grüße

Daisy

[Thing]

Halli Hallo, Daisy!

Du treue Seele!
Ich danke Dir sehr herzlich für den lieben Kommentar.
Im übigen kommentiere ich ebenso wie Du, da mir Fachwissen fehlt - also rein nach Gefühl.

Thing