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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 20.09.2009, 19:20   #1
derSkeptiker
 
Benutzerbild von derSkeptiker
 
Dabei seit: 09/2009
Ort: Sargstadt
Alter: 56
Beiträge: 52

Standard Trinken macht einsam

Trinken macht einsam
Der Abend stirbt ungenutzt
Die Zeit liegt brach
Der Sommer zieht bemerkt
Jedoch freigelassen
An uns vorbei

Der letzte Zug verlässt den Bahnhof
Die Stadt stirbt schonungslos
Schwarz zerbirst der Tag
In Nacht und Regen

Ich
-einsam betrunken-
Stehle stumm mich durch Stunden
Spreche tausend Worte
Indes
Und verliere doch keinen Gedanken

Apollon hat Delphi verlassen
Und mit Pauken und Trompeten
Ziehen die Untoten durch die Strassen

Wir wollen engelsgleich fallen
Wir, die wir die Ausgestossenen sind
Und sterben doch als Strolche
Auf Steinen

Sind Mensch nicht - und doch Mensch
Sind Tier nicht - und doch Tier
Sind ichvergessene Egoisten
Nachtliebende Tagträumer
Wasserscheue Giftschwimmer
Leber zersetzt
Magen zersetzt
Und gesund wie keiner!

Sind Gastgeber in untoten Welten
Prediger des Lebens
Und Todbringer im Selbst
Lebenskaraoke in stiller Atmosphäre
Kabarett ohne Publikum
Genießer ohne Schönheit
Kenner eines blinden Universums
Und die Mormonen unter den
Wilden

Wildnis zu bringen
Wo Zivilisation krank macht
Und taub
Und blind
Und sind verjagt
Verachtet
Unter denen
Die längst gestorben sind

Weil wir wissen:
Zeit ist nicht Geld!
Zeit ist Leben!
Unwiederbringlich!

So schätzen wir das Jetzt
Und sterben weise
In jeder Minute
Des Seins
Eine Minute mehr
Mit Genuss!
derSkeptiker ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.09.2009, 13:38   #2
weiblich Ex-phönixe
abgemeldet
 
Dabei seit: 08/2007
Beiträge: 401

Standard nachgedacht

Hallo Der Skeptiker,
sehr schwer zu lesen, oder ein Bild aufzubauen was mir gefällt,
liegt an diesem Thema, ( bei dem ich abschiessend den Genuß nicht wählen würde)
ein wirklicher Trinker ist süchtig, der würde es wohl so beschreiben, weil er sich und andere schon lange selbst belügt,
ein nüchterner Betrachter, härter umsetzen was er wahrnimmt,
aber ansonsten sehe ich hier viele Voruteile bestätigt,
diese Form eines Gedichtes gefällt mir,


lg phönixe
Ex-phönixe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.10.2009, 05:02   #3
männlich movfaltin
 
Dabei seit: 06/2009
Ort: Glei newwa da Elegdrisch
Alter: 42
Beiträge: 130

Ahoi.

Sehr gut. Das ist mal Lyrik, die in Form UND Inhalt zu bestechen vermag.

Warum auch immer - aber ich musste da ein bisschen an den selbstreflexiven Whitman mit seinen diversen ewig weilenden Stücken denken, und sogar an Nietzsches Zarathustra. Sehr merkwürdig. Ein ausdrucksstarkes Stück.

Eine schön düstere Stadtstimmung, beim Überfliegen stach mir zudem nicht ein formaler Fehler ins Auge (okay, ss statt ß, aber das verbuche ich unter Eigenart oder Schweizertum).

Mir fällt eigentlich nur der hedonistische Grundtenor im Gedicht auf, dieses unbedingte "Carpe diem", diese - zwanghafte? - Justifizierung eines "Lasters", das den Konventionen entgegensteht, und die Verbitterung über die Einsamkeit, die ich zwischen den Zeilen ausmachen zu können meinte.

Übrigens, von wegen "wasserscheu": Rate mal, was in jedem Bier Hauptzutat ist?! Ein solches Wortspiel scheint doch wahrlich etwas gewollt.

Cheers,
MovFaltin
movfaltin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.10.2009, 05:14   #4
weiblich C.Alvarez
 
Benutzerbild von C.Alvarez
 
Dabei seit: 07/2006
Ort: Mauritius, stella clavisque maris indici
Beiträge: 4.892

Zitat:
Zitat von movfaltin Beitrag anzeigen
an den selbstreflexiven Whitman
Zitat:
Zitat von movfaltin Beitrag anzeigen
und sogar an Nietzsches Zarathustra
Zitat:
Zitat von movfaltin Beitrag anzeigen
stach mir zudem nicht ein formaler Fehler ins Auge
Zitat:
Zitat von movfaltin Beitrag anzeigen
der hedonistische Grundtenor
Zitat:
Zitat von movfaltin Beitrag anzeigen
dieses unbedingte "Carpe diem"
Zitat:
Zitat von movfaltin Beitrag anzeigen
diese - zwanghafte? - Justifizierung eines "Lasters
Ja, klar
Und was will uns dieser interessante Kommentar sagen?
Zwei Dinge:

1. Man hat studiert.
2. Man gibt wieder an.

Tja, warum nicht?

corey (gravur idol und überaus beeindruckt)
C.Alvarez ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.10.2009, 12:13   #5
weiblich Ex-Itchy
abgemeldet
 
Dabei seit: 09/2009
Beiträge: 30

Zitat:
Zitat von Corazon De Piedra Beitrag anzeigen
Und was will uns dieser interessante Kommentar sagen?
...vielleicht, dass es (endlich) jemand geschafft hat, das Werk richtig zu interpretieren/ zu verstehen?

Ex-Itchy ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.10.2009, 13:04   #6
derSkeptiker
 
Benutzerbild von derSkeptiker
 
Dabei seit: 09/2009
Ort: Sargstadt
Alter: 56
Beiträge: 52

Nun bin ich mehr als begeistert, denn es ist selten, dass jemand genau das im Gedicht sieht, was es sagen soll. Zugegeben mache ich es dem Leser/ Hörer nicht einfach und das auch mit Grund. Dennoch liegt jedem meiner Gedichte eine, ich sag mal "eigentliche Aussage" zugrunde, logisch eigentlich, denn es gibt ja zu jedem Werk eines jeden Autors eine situative "Vorgeschichte".

Dass man beim Lesen an den großen Nietzsche denkt, schmeichelt mir.
Whitman kannte ich, zugegeben, bis zu deinem Kommentar, lieber movfaltin, noch nicht, doch aber werde ich mich dringlich bemühen, mir einiges dieses Autors zu besorgen.

Und ja, die Aussage "wasserscheue Giftschwimmer" soll tatsächlich den Widerspruch darlegen, das Paradox und das "Ja und Nein" aus einem Mund, zur gleichen Zeit.

Kurzum: danke für deinen Kommentar, der mir beweist, dass es Menschen gibt, die hinter die puren Worte blicken.
derSkeptiker ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.10.2009, 16:17   #7
männlich movfaltin
 
Dabei seit: 06/2009
Ort: Glei newwa da Elegdrisch
Alter: 42
Beiträge: 130

Sorry, merke grade selbst, wie ich mal wieder geschwätzt habe wie die Bagage der Feuilletonbuchbefüller. Aber: Es war schon arg spät...
Daher wohl der inadäquat abundante Abusus lingual diffiziler Xenologismen.
;-)

Danke für den Hinweis.
movfaltin ist offline   Mit Zitat antworten
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