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22.08.2023, 12:48 | #1 |
Der Knabe und der alte Fuchs
Der Knabe und der alte Fuchs von Holger Jürges
Eine Knabe einst, von edlem Geblüt, schritt in den hellen Wald darüber blau der Himmel stand, um in der Ferne mit endlosen Horizonten zu verschmelzen. Dem Jungen war´s so dunkel im Gemüte, das unliebsame Schicksal zwang sein Herz in ein Tränenmeer von Verzweiflung und dunkler Not. Neben einem kühlen Quell ruhte ein mächtiger Lindenbaum, dessen Zweige sich tief zu dem wellenspringenden Naß hin neigten, als wenn sie mit den sprühend silbernen Tropfen Fangen spielen wollten. Von einem Strahl warmer Sonne beschienen, ruhte ein Fuchs am Saume der Linde und schaute listig dem Knaben entgegen. Nun war´s dem Jungen gar nicht nach einer kurzweiligen Unterhaltung zumute, denn was sollte ein Gespräch schon ändern an seiner Pein, die ihn blicklos werden ließ für all die muntere Schönheit um ihn herum. Der jungen Sträucher Grün in die sich blaue Blumen woben, darüber und darinnen emsig bunte Vögel hüpfend jubilierten - all das war fern entrückt, wie taube Nebelschatten schwer. "Halt ein, sei hier mein Gast in gottgeweiht Natur, du flinker Bursche" sprach der Fuchs. "Ach, liebes Tier, was sollt ich denn an deiner Seite still verweilen, mir hülfe auch kein Wort und keine Geste in der Not" ließ der Knabe verlauten und wollte still vorüber gehn. Doch der weise Fuchs neigte schräg den Kopf und der Junge fand zaudernd einen Platz im weichmoosigen Saum der Linde. Der Fuchs sprach sodann zum Knaben: "Am Ende ist auch die drückende Last deines Schattens nur eine kleine vorübergehende Sache. Siehe, es gibt goldnes Licht und große Schönheit für immer, außerhalb der Reichweite der Schatten. Nun laß deine Seele dieses wundersame Licht finden und es wird so sein, daß die Schatten dich niemals mehr erreichen können." Dem Jungen ward ganz heiß ums Herz, das Blut strömte, so schien´s ihm, seelenhaft tief ins Gemüt. - Ja, er mußte dringendst die Perspektive wechseln, dem Dunkel die Stirn bieten und ins gleißende Licht glücklicher Tage schreiten. - Ja, das würde er tun, sofort ! Der weise Fuchs wies ihm den Weg zum Triumph des Daseins - man muß diesen Pfad nur sehen wollen; was wäre da noch für Zeit zu verlieren. Und sein Herze fühlte zärtlichbebend jeden Laut, sein Blick hing im Bunt von Hain und vögleinstrebender Höh. - Für all seine Liebe fand der Knabe eine Welt, die so reich vor seines Herzens Bilde stand und sein Weg war gesäumt von Duft und goldnem Schein... |
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22.08.2023, 19:46 | #2 |
Die Geschichte punktet für mich vor allem mit der Wahl dieser blumigen, man könnte sagen "nostalgischen" Sprache, die wahrscheinlich nicht jeder "hinkriegte". Sie macht dann m.M. die eher schlichte Handlung sozusagen bedeutungslos(er). Für mich wäre es auch ok, dies als Satire gegenüber einer "Alltagssprache" aufzufassen.
FG. K. |
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22.08.2023, 20:21 | #3 |
Den romantischen Duktus im Märchen zu nutzen macht aus meiner Sicht Sinn, Kurt, denn das in westlicher Tradition stehende Märchen hat seinen Ursprung bei den Brüdern Grimm, die bekanntlich Romantiker und Sprachwissenschaftler waren.
Die Handlung ist Mittel zum Zweck und kreist um die kulminierende Aussage: Zitat: Der Fuchs sprach sodann zum Knaben: "Am Ende ist auch die drückende Last deines Schattens nur eine kleine vorübergehende Sache. Siehe, es gibt goldnes Licht und große Schönheit für immer, außerhalb der Reichweite der Schatten. Nun laß deine Seele dieses wundersame Licht finden und es wird so sein, daß die Schatten dich niemals mehr erreichen können." Die Handlung dient somit diesem besagten Kernpunkt meiner Gedanken, welche vor dem Schreiben des Märchens vorhanden waren. Gruß, Holger |
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22.08.2023, 21:04 | #4 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Hallo Barde,
mit unserer Sprache, Du beweist es mit Deiner Fabel (?), kann man zaubern. Ich schwelge gern in der Musik dieser Töne und ruf Dir ein "bravo poeta" zu. Liebe Grüße, Heinz |
22.08.2023, 22:22 | #5 |
Dankeschön für Deinen poetischen Gruß, Heinz.
...ich stimme Dir zu: das Stück ist sowohl Märchen als auch Fabel im erzählerischen Sinne. Herzlichst, Holger |
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Lesezeichen für Der Knabe und der alte Fuchs |
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