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09.09.2009, 15:35 | #1 |
Forumsleitung
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Die Wahrheit über Mensch und Kultur
Wenn ich mich nach einem absolut kulturfreien Raum sehne, um mich von den Strapazen der gebotenen Rücksichtnahme und Höflichkeit am Arbeitsplatz zu erholen, eignet sich dafür am besten der Gang in die Firmenküche.
Schon vor dem Eintreten höre ich am Röcheln der Pumpkanne, daß der Kaffee ausgegangen ist. Eilt dann ein Kollege oder eine Kollegin mit scheuem Blick durch die Tür, geschieht dies in der Hoffnung, nicht dabei erwischt zu werden, vor dem Verlassen der Küche versehentlich keinen frischen Kaffee aufgesetzt zu haben. Irgendwo sind ein paar Kekse übriggeblieben, die jemand freundlicherweise gestiftet hat, das erkenne ich an der leeren Packung, die verlassen auf der Anrichte ruht. Wer auch immer sich zuletzt bedient hat, dem ist die Kalorienzufuhr offensichtlich nicht ausreichend gewesen, um die Energie aufzubringen, diesen außerordentlich schweren Gegenstand anzuheben, eine halbe Körperdrehung zu vollführen und ihn in den Mülleimer zu befördern. Daneben befindet sich ein flacher, offener Pappkarton , aus dem heraus mich ein Pizzafragment mit vertrocknetem Käse und gewellten Wurstscheiben ansieht; und natürlich liegt das fettige Besteck oben drauf, denn beim Öffnen der Spülmaschine könnte einem ja die Tür gegen das Knie knallen. Diese Sorge scheint auch die Kaffeetrinker umzutreiben, die ihre Tassen ins Spülbecken gestellt haben, teilweise mit kalt gewordenem Inhalt - aber immerhin. Neben der Espressomaschine häufen sich kleine Tütchen, was vernünftig ist, denn wegen jedem einzelnen den Mülleimer zu öffnen, wäre alles andere als ökonomisch, und wer will sich schon wegen unnötigem Kräfteverschleiß lächerlich machen. Zwei leere Milchpacks, eine für Vollmilch und eine für Magermilch, sind den letzten Benutzern ohne Zweifel aus der Hand gefallen und machen das Stilleben perfekt, das als Vorlage jedes Malerherz höher schlagen lassen dürfte. Am Kühlschrank hängt ein Zettel mit der Aufforderung: "Schön, wenn ich mit meiner Flasche Sekt aushelfen könnte, aber noch schöner wäre es, wenn sie ersetzt würde." Es gibt eben noch Optimisten auf der Welt. Es lohnt sich also, ab und zu mal nachzusehen, was sich in diesem Kühlschrank so alles befindet. Dabei kann man olfaktorisch immer wieder neue Erfahrungen machen, je nachdem, welcher Art von Lebensmittel es nach etlichen Wochen gelungen ist, eine Lebensform zu entwickeln. Der positivste Aspekt an der Mißachtung der Kultur in einer Firmenküche ist die Tatsache, daß die Putzfrau Beschäftigungsgarantie hat, weil ihr die Arbeit nie ausgeht. Im Gegenteil: Wenn die Küche aufgeräumt ist, die Spülmaschine läuft und die Böden gesaugt sind, reicht die Zeit kaum noch zum Abwischen der Schreibtische. Das müssen wir dann zähneknirschend akzeptieren und notfalls selbst zum Putzlappen greifen - denn wer sitzt schon gerne in einem dreckigen Büro? 9. September 2009 copyright by Ilka-M. |
26.02.2012, 22:04 | #2 |
Interessanter Winkel, um diesen Sachverhalt rüberzubringen.
Das Traurige ist, dass es oftmals genau so aussieht, in den Büroküchen der Nationen. |
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26.02.2012, 22:34 | #3 |
R.I.P.
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Grööööööhl!
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