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17.07.2022, 19:06 | #1 |
Forumsleitung
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Tristan
Tristans Sparringspartner war der Alkohol. Drei Tage lang hatte er die Oberhand beim Kräftedrücken, dann war Al wieder dran. So ging es seit Jahren hin und her.
Es gab Zwischenstadien, in denen Tristan dachte, er sei über dem Berg. Aber als er wieder durch den Supermarkt schlenderte, nachdem er drei Einkäufe lang an den Regalen mit den Wein- und Sektflaschen und den Spirituosen voller Verachtung vorbeigegangen war und sich dabei anerkennend auf die Schulter geklopft hatte, überkam ihn doch die Selbstüberschätzung, dem Kräftedrücken widerstehen und trotzdem nebenbei einen zwitschern zu können. Er lud kräftig in den Einkaufswagen ein: Vier Flaschen Wein, zwei Flaschen Sekt und dazu ein Sortiment aus Grappa, Cognac und Whisky, fest im Glauben, nach den Tagen der Entsagung dieser geballten Ladung an Promille gewachsen zu sein. „Aus meiner Erfahrung ließe sich doch eine Story machen“, dachte er. „Wenn ich es geschafft habe, nicht mehr jeden Tag besoffen zu sein, kann es jeder schaffen.“ Und so setzte er sich an seinen Computer und begann eine Story über sich und seine Trunksucht zu schreiben. Wie ein Wilder schrieb er drauflos, tausend Gedanken im Kopf, die er für so brillant hielt, dass sie schnell festgehalten werden mussten, ehe sie der Welt für immer entschlüpfen konnten. Als er eine Pause machte, um sich die nächsten Passagen zurechtzulegen, jedoch ins Stocken geriet, wurde er unruhig und goss sich einen Whisky ein. Doch der Schlagbaum in seinem Kopf hob sich nicht, um den Weg freizugeben. Also goss sich Tristan einen weiteren Whisky ein. Als auch dieser nicht half, griff er zum Rotwein als der weicheren und liebevolleren Substanz zur Bewusstseinserweiterung. Ruckartig ging es mit dem Schreiben weiter. Weil aber eine Flasche Wein nur eine Seite lang reichte, machte er, bevor er die zweite Seite begann, die nächste Flasche auf. Mitten in der Nacht, von der Sucht nach noch mehr Alkohol geweckt, hob er seinen Kopf von der Tastatur, auf die er vor Müdigkeit gesunken war. Was er auf dem Bildschirm sah, waren endlose Zeilen aus Buchstabensalat und Sonderzeichen. „Perfekt“, murmelte er. „Besser kann man einen alkoholkranken Schriftsteller nicht beschreiben.“ 17.07.2022 |
24.07.2022, 00:37 | #2 |
abgemeldet
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Eine sehr authentisch wirkende, feine Geschichte, liebe Ilka-Maria. Ich frag mich ja nur, wo nimmst du nur diesen Stoff her? Die hier geschilderte Vorliebe für Sekt und Grappa scheint mir allerdings ein wenig unglaubwürdig. Besser wäre eine Präzisierung gewesen, etwa von Whiskey auf JackDaniels oder auch in grober Form, etwa IrishWhiskey. Die genaue Wahl liegt natürlich im Ermessen der Autorin. Davon mal abgesehen ist deine Faszination für diese Figur nur allzu verständlich und menschlich.
Herzlich Tristanhirte |
24.07.2022, 00:51 | #3 |
Forumsleitung
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Vielleicht kennst du den Film von Billy Wilder "Lost Weekend" mit Ray Milland in der Hauptrolle. Vier Oscars.
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24.07.2022, 00:54 | #4 |
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Mit Filmen kenne ich mich null aus. Aber ich sehe grade, die haben Musik von Verdi verwendet, das klingt ja schon mal vielversprechend.
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