Tanznacht

[Isabel Seifried]

Angelockt von ihren Blicken,
ihrer warmen Augen Glanz
stand der Mann, voll von Entzücken
da und bat um einen Tanz.

So wolle gerne, sagte sie,
für ihn ein Wink. Welch Euphorie!
Und siehe da, sie tanzten schon,
für ihn welch Jubel, welcher Lohn!

Und sieh, er zog sie eng an sich,
spürte, die Vernunft verblich,
fühlte das Verlangen schlich
sich in seine Gedanken.
Die Schranken
waren schnell dahin,
welch Augenschlag, welch Eigensinn,
welch Blicke, die versanken.

Jedoch welch Starrsinn war in ihm,
er tanzte stolz im Kreise,
die Frau, sie wankte stolpernd hin,
auf tänzerische Weise.

Und wackelnd fiel die Dame hin,
welch Augenschmaus, welch Widersinn,
da lag die Frau, sie stand kurz auf,
dann nahm das Unheil seinen Lauf,

wütend stand sie wieder auf,
und warf mit einem Schuh nach ihm,
dann fiel der Gute krachend hin,
und sie war stolz darauf.

[Thing]

Hallo -


So wolle gerne, sagte sie, ???????
Ich nehme an, daß dies ein Tippfehler ist.

Dein Gedicht beginnt schwungvoll, aber sehr bald geht ihm die Puste aus und zuletzt landet es in einer Jauchenpfütze.
Schade!


Thing

[Isabel Seifried]

"So" bedeutet natürlich "Sie".
Ab wann endet das Gedicht denn deiner Meinung nach in der "Jauchenpfütze"? Und bis wann empfindest du es schwungvoll?

[Ilka-Maria]

Ich habe es ebenso empfunden wie Thing:

Das Gedicht beginnt beschwingt wie ein Walzer, gleitet dann aber sehr unromantisch zum Slapstick über. Das nennt man "Stilbruch".

[Isabel Seifried]

ab welcher Zeile wird das Gedicht denn zum Slapstick? Ich würde es gerne nachvollziehen können.

[Thing]

Bis zum "Augenschlag" (wahrscheinlich ist Augenaufschlag gemeint) gefällt es mir.
Dann wird es wirklich sehr seicht.
Für mein Gefühl.

[Ilka-Maria]

Ab hier:

die Frau, sie wankte stolpernd hin,
auf tänzerische Weise.

Und wackelnd fiel die Dame hin,
welch Augenschmaus, welch Widersinn,
da lag die Frau, sie stand kurz auf,
dann nahm das Unheil seinen Lauf,

wütend stand sie wieder auf,
und warf mit einem Schuh nach ihm,
dann fiel der Gute krachend hin,
und sie war stolz darauf

Das "stolze" Gebaren des Tänzers, der sich eigentlich nur selbst in Szene setzen will und dadurch die "Führung" verliert, hätte man sehr schön anders umsetzen können, z.B. daß ihm die Tanzpartnerin von einem anderen Tänzer ausgespannt wird und davoneilt, ohne daß der selbstherrliche Pfau das merkt und solange alleine seine Kreise zieht, bis er ausgelacht wird.

Oder die Frau könnte seinen Stolz brechen, indem sie mit einem Fingerschnippen dem Orchester ein Zeichen gibt, jäh ein anderes Stück zu spielen, einen Tanz, den der Gockel nicht beherrscht, so daß er sich lächerlich macht und beschämt vom Tanzboden schleicht.

Es gibt viele Möglichkeiten ...

Gruß
Ilka-M.

[Isabel Seifried]