Die Mitte der Zweisamkeit
Jede Freundschaft hat Höhen und Tiefen. Manche liegen sich vertraut in den Armen, andere streiten, und alles geht kaputt. Und wer im Nachhinein keine Tränen vergießt, und merkt, dass die zweite Hälfte fehlt, hat auch nie eine zweite Hälfte gehabt. Wo keine Verbundenheit herrscht, kann sich auch nichts anziehen. Doch wenn man spürt, dass da noch etwas ist, was einem mehr als alles andere bedeutet, dann sollte selbst der eigene Tod vor dem Verlust dieser wunderbaren Bindung stehen stehen. „Was schreibst du schon wieder?" Bensu stand hinter mir und blickte mir über die Schulter.
„Nichts", log ich und ließ hastig sämtliches Papier in die Schubladen meines Schreibtisches verschwinden. „Du hast was zu verheimlichen." Sie schaute mich einen Moment vorwurfsvoll an, dann umarmte sie mich lachend, und ich strich ihr die Haare aus dem Gesicht und küsste sie. Sie war mein ein und alles. Und würde es immer sein. Ich war schon lange in einer Klasse mit ihr. Und wenn sie versuchte, sich zu konzentrieren, dann war der Gesichtsausdruck, denn sie dabei machte, mehr als süß. Was wäre es für ein Albtraum, wenn sie nicht da wäre, wo ich wäre? Es wäre, als würde man mir meine Wärme entziehen, die ich in jenen Augenblicken gespürt hatte, wenn sie ganz nah neben mir stand, und ich ihren Duft einatmen konnte. Und es wäre ein Beispiel für ordinäres Vokabular, wenn ich einfach nur schön zu ihr sagen würde. Vielleicht wunderschön? Sollte ich sie Miss World nennen? Aber das ging auch nicht, denn sie war ja nicht nur das schönste Mädchen auf der Welt, sie war das schönste Mädchen im ganzen Universum! Und wenn sie lächelte, wusste ich, dass sie die wahre Sonne war, die über uns allen strahlte. Vor allem erinnerte ich mich noch zurück an einen Tag, denn wir in der Stadt verbracht hatten. „Wenn jetzt ein Fest wäre, dann würde ich dir ein Kuchenherz kaufen, wo „Ich liebe dich" draufsteht", hatte ich ihr damals ins Ohr geflüstert, und sie hatte sich so sehr gefreut, dass sie minutenlang lachte. Manchmal waren wir sogar Hand in Hand gegangen. Niemals waren wir ein Paar gewesen, aber trotzdem waren wir uns jeden Tag auf's neue so vertraut, als hätten wir eine jahrzehntelange Ehe geführt. Aber für was brauchten wir schon Ringe, wenn wir zusammen sowieso einen Kreis bildeten?
Einsamkeit war uns ein Fremdwort. Wie könnten wir einsam sein, wenn wir zu zweit waren und dazu noch seelenverwandt? Es wäre selbstverständlich, dass ich sie trösten würde, wenn sie traurig wäre, aber vor allem versuchte ich, zu verhindern, dass sie überhaupt weinte. Es lagen sämtliche Briefe und Texte in meinen Schubladen. Geschrieben für und über sie. Und in vielen Jahren wären sie altes Papier voller Zeilen, in denen Leidenschaft und Liebe steckte, aus einer Zeit, die tief in unseren Herzen nie enden würde.
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