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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 24.03.2022, 23:47   #1
Ex-Pennywise
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Beiträge: 599

Standard Aurora borealis

Ich hab es geliebt, wenn der Grünglanz die Sterne
in eiskalten Nächten am Himmel kaschiert
und deutlich in scheinbar mir greifbarer Ferne
den Ort deines jetzigen Daseins markiert.
Ein Dichter bin ich nun im Spätherbst des Lebens,
der in seinen eigenen Winter marschiert
und kurz vor dem Ziel seines mühsamen Strebens
sich wünscht, daß auch er sich im Grünglanz verliert.
Ex-Pennywise ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.03.2022, 02:09   #2
männlich Ex-petrucci
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Dabei seit: 05/2021
Beiträge: 414

Sehr schön!

Ein kleiner Punkt, zum Nachdenken. Ich persönlich hadere schon seit einigen Jahren mit diversen Wörtern und ihren unmittelbaren Gebrauch in der Lyrik.
Was ist nun richtig und was ist nun falsch, was ist zu lyrisch und was ist zu wörtlich. Und so fuhren sie fort...

Primär geht es mir um "scheinbar, anscheinend, offenbar".
Der verkopfte Sprachwissenschaftler könnte bei "scheinbar" vor Ärger die Haare verlieren, während der Kreative im Spiel der Silben und im Klang, eine Oase zu finden meint. Beides hat seine Berechtigung, denn wenn es streng um Bewertung des Handwerks geht, könnten Dinge wie diese relevant werden. Ob du darin etwas für Dich Wertvolles findest, steht Dir frei und auf einem anderen Blatt.

Wie dem auch sei: Natürlich ist das Gemeckere von mir schon etwas detailvernarrt und völlig unnötig, es könnte aber helfen, wenn man sich sprachlich fortbewegen möchte, in welche Richtung auch immer das sein mag.

Hier als kleine Literatur und Anreiz dazu:

https://ids-pub.bsz-bw.de/frontdoor/...alsch_2017.pdf

Als einen für mich wichtigen Marker aus dem Text [!]

Als Beschreibung dessen, was scheinbar und anscheinend wirklich bedeuten, ist die
Kritik jedoch grundsätzlich verfehlt, denn die wirkliche Bedeutung eines Wortes, jenseits seines Gebrauchs, gibt es nicht. Historisch gewachsene Sprachen, wie auch das
sogenannte Deutsche, konstituieren sich einzig und allein im Zuge und im Rahmen
der sprachlichen Interaktion ihrer Benutzer.
Ex-petrucci ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.03.2022, 09:00   #3
Ex-Pennywise
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Dabei seit: 12/2020
Beiträge: 599

Moin Petrucci,

die beiden Wörter habe ich mir als Morgenlektüre ausgiebig zur Brust genommen.
Ich habe immer wieder dies hier gefunden:

"Also muss es heißen: „Scheinbarsind die beiden Wörter anscheinend und scheinbar gleichbedeutend“, denn es zeigt sich, dass die beiden Wörter durchaus nicht gleichbedeutend sind. Hat etwas also nur den Anschein, so zu sein, verwendet man scheinbar, ist eine Tatsache vermutlich so, wie beschrieben, sagt man anscheinend".

Hat es nicht nur den Anschein, dass der Ort des jetzigen Daseins in greifbarer Ferne liegt? Denn das Polarlicht zu greifen, ist ja schlicht und einfach nicht möglich. So müsste per Definition "scheinbar" richtig sein. Zum Glück. Denn auf den kleinen aber feinen Unterschied habe ich beim Schreiben nicht geachtet.

Gruß

Pennywise
Ex-Pennywise ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.03.2022, 09:56   #4
männlich Ex-Tristanhirte
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Dabei seit: 12/2021
Beiträge: 139

Moin

ich will die interessante Diskussion gar nicht unterbrechen, sondern auch mal meiner Bewunderung Ausdruck verleihen. Die Verwebung der Infragestellung der eigenen Existenz wegen der Sehnsucht nach einer verstorben Person mit einer naturnahen, mystischen (und sicher auch mythischen, aber da kenn ich mich nicht so aus) Metapher sorgt hier für eine sehr sehr feine existenzielle Tiefe mit einer fast „schneidenden“ Melancholie zur Folge (vermutlich wegen der Todessehnsucht).

Grünglanz ein sehr schönes Wort übrigens

Liebe Grüße
Ex-Tristanhirte ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.03.2022, 11:53   #5
männlich Ex-petrucci
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Dabei seit: 05/2021
Beiträge: 414

Ganz so einfach ist es scheinbar nicht, da der Autor der PDF der Sprache quasi die Wörtlichkeit nimmt, viel mehr sehe ich es als einen Stein des Anstoßes, mit Sprache zu arbeiten.

Ein Bekannter von mir hat "scheinbar" gänzlich aus dem Sprachkatalog gestrichen und durch "offenbar" ersetzt. Du kannst mir glauben, wir hatten etliche hitzige Diskussionen zum Thema. "Scheinbar" tut deinem Werke nichts ab, so war es definitiv nicht gemeint.
Ex-petrucci ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.03.2022, 12:03   #6
Ex-Pennywise
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Dabei seit: 12/2020
Beiträge: 599

Moin Tristanhirte,

lieben Dank für die freundlichen Worte. Ich habe dem lyrischen Ich nicht bewusst eine Todessehnsucht angedacht. Vielmehr ist es am natürlichen Ende seines Lebens angekommen. Ich schätze, beides geht.

@ Petrucci

So, hab ich das nicht aufgefasst.
Ich mag "scheinbar" grundsätzlich. "Scheinbar" finde ich hier sogar durch das Wortspiel ganz charmant. (Der Schein vom Nordlicht). War aber so gar nicht angedacht.

Gruß

Pennywise
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Alt 25.03.2022, 15:58   #7
männlich Heinz
 
Benutzerbild von Heinz
 
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Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879

Lieber Pennywise,

leider kenne ich die nordischen Länder, in denen man die Farbenpracht des Nordlichts bewundern kann, nicht und muss mich mit Fotos oder Filmen
begnügen. Aber angesichts der wunderbaren Bilder kann ich nachempfinden, dass dieses Naturwunder Dich zu poetischen Versen anregt. Ein Musenkuss, ein kühler, aber immerhin ein Kuss.
Heim zu den Sternen, ein schöner Wunsch!
Möge der Grünglanz Deine Seele schmücken!
Liebe Grüße,
Heinz

Nur das Kaschieren macht mir ein Problem. Was soll sollen diese farbigen Lichterscheinungen kaschieren? Was wäre kaschierenswert oder -bedürftig?
Über dem Farbwunde rfolgt in sternklaren Nächten das nächste Wunder - der Sternenhimmel (den ich nach nachttrüben Nächten im Rheinland hier in Mecklenburg in vollen Zügen genieße.
H.
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.03.2022, 16:34   #8
Ex-Pennywise
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Beiträge: 599

Moin Heinz,

danke Dir für die lieben Worte.
Der Grünglanz kaschiert für den Moment seiner Existenz die Sterne, weil er sie überstrahlt. Sowohl optisch als auch hinsichtlich des Schönheitsgefühls des lyrischen Ichs. Das Polarlicht ist Sehnsucht. Die Sterne in dem speziellen Fall irrelevant, weil der Blick einzig dem Polarlicht gilt.
Zumal, "kaschieren" nicht zwanghaft das verdecken eines Makels bedeuten muss. So zumindest mein Wissensstand. Als Wortbedeutung findet man auch "verbergen" und "verhüllen" allgemein.
Sollte ich mit meinem Synonymverständnis hier falsch liegen, bitte ich um entsprechenden Hinweis.

Gruß

Pennywise
Ex-Pennywise ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.03.2022, 17:41   #9
männlich Heinz
 
Benutzerbild von Heinz
 
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Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879

mit verbergen und verhüllen hast Du völlig recht. In meinem Verständnis kaschiert man etwas zu einem bestimmten Zweck - man verbirgt/verhüllt Mängel um das darzustellende Objekt ansehnlicher, hübscher zu machen.
Insofern können wir uns aber einigen auf Deine Lesart.
H.
Heinz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.03.2022, 18:33   #10
männlich Ex-petrucci
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Dabei seit: 05/2021
Beiträge: 414

"kaschieren" wird dann verwendet, wenn eine Sache durch eine Veränderung verbessert wird. Verbergen und oder verhüllen sind implizit.
Ex-petrucci ist offline   Mit Zitat antworten
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