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Alt 30.09.2021, 21:41   #1
weiblich Ilka-Maria
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Standard Diskussion: Tempolimit auf Autobahnen

Ein umstrittenes Thema. Es wurde in Verbindung mit den Coronamaßnahmen mehrfach aufgetischt. Dahinter stand immer die Frage: Wieso diese Aufregung angesichts der vielen Toten, die wir zum Beispiel durch die Influenza-Viren, die jährlich mutieren, hinnehmen, oder durch die zigtausend Verkehrtoten, die bei einem Tempolimit auf deutschen Autobahnen vermeidbar wären?

Aber stimmt das?

Nach meiner Wahrnehmung werden die meisten Toten im Straßenverkehr, bei denen überhöhte Geschwindigkeit angenommen oder nachgewiesen wurde, im Städte- und Landstraßenbereich vermeldet. Oft waren Radfahrer, alte Leute oder Kinder betroffen.

Bei Unfällen auf den Autobahnen lagen Ursache und Anzahl der Opfer selten im überhöhten Tempo, sondern in Geisterbahnfahrten, Stauauffahrten und Busunglücken. Nicht selten hat ein einzelner schwerer Unfall auf der Autobahn zwischen zwei bis fünf Toten zur Folge.

Nach meinem Empfinden sind die deutschen Autobahnen sichere Strecken, ganz im Gegensatz zu Landstraßen und Stadtstraßen. Und mal ehrlich: Wenn ich auf einer Autobahn einen Unfall erleiden müsste, hätte ich ihn lieber bei Tempo 200 als bei 100. Denn das, was ich hinterher noch lebend wäre, würde ich nicht mehr sein wollen.

Das soll nicht heißen, dass ich gegen ein Tempolimit bin. Ich bin aber ein Befürworter dessen, dass es jeder selbst entscheiden soll, wie schnell er fährt und welche Verantwortung er übernehmen will - für die er natürlich im Ernstfall auch einzustehen hätte. Ich selbst fahre auf der Autobahn selten schneller als 100, weil alles darüber nur die Muskeln verspannt. Allenfalls drücke ich nur dann mal "the pedal to the metal", wenn ich einen Lkw oder einen stinkenden Diesel überholen will - und dann ist's wieder gut.

Entspannt ankommen lautet die Devise. Und ich bin mir sicher, dass auch andere Autofahrer so denken. Auf den meisten unserer Autobahnen steht sowieso alle paar Meter ein Schild mit Geschwindigkeitsbegrenzung. Wer rasen will, soll nach Berlin fahren, da gibt es noch ein paar Kilometer der altehrwürdigen Avus.

Und jetzt die Frage: Wie denkt ihr darüber?
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Alt 01.10.2021, 14:14   #2
weiblich AlteLyrikerin
 
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Leider weiß ich nichts über die genauere Statistik der Verkehrstoten in Bezug auf die Frage, auf welcher Straße, bei welcher Geschwindigkeit die meisten Todesfälle auftreten (für Recherchen habe ich heute keine Zeit, aber es wäre interessant).
Was das Argument angeht, jeder solle selbst entscheiden, da denke ich etwas anders. Wir haben u.a. den Zwang eingeführt sich im Auto anzugurten. Das hat sicherlich viele Todesfälle verhindert und eine bestimmte Art von sehr schweren Verletzungen verringert. Auf der Basis von Freiwilligkeit hat das nicht funktioniert.
Freiwillig würden auch viele Menschen keine Steuern zahlen. Gesetzlich legitimierter Zwang scheint mir angebracht, wenn ein Ziel zum Allgemeinwohl beiträgt und auf freiwilliger Basis nicht erreichbar ist.
Tempolimit 130 würde unsere CO2-Emissionen auf jeden Fall verringern ohne große Kosten zu verursachen. Darum wäre ich für das Tempolimit.

Herzliche Grüße, AlteLyrikerin.
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Alt 01.10.2021, 16:19   #3
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von AlteLyrikerin Beitrag anzeigen
Tempolimit 130 würde unsere CO2-Emissionen auf jeden Fall verringern ...
Die Erfahrung spricht dagegen. Alle Maßnahmen der EU und insbesondere Deutschlands in den vergangenen zehn Jahren haben zu keinem Rückgang der CO2-Emissionen geführt. Das Gegenteil ist der Fall: Die Emissionen haben zugenommen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sie von ganz anderen, gewichtigeren Quellen kommen als von allen Verkehrsmitteln zusammen, also bis hin zu den Schiffsunternehmen. Die Fahrzeugzulassungen haben in den letzten 30 Jahren zwischen 3 und 4 Mio. jährlich zugenommen, der Lkw-Verkehr beherrscht zu einem Großteil die Autobahnen (und diese Großfahrzeuge fahren selten schneller als 120 kmh), und nicht zuletzt ist es den Staaten, die an Produktion und Mobilität zulegen, völlig egal, wieviele Emissionen auf ihr Konto gehen. Sie wollen sich an Wohlstand dem Westen nicht nur angleichen, sondern ihn als Industriemächte überholen, und diesem Ziel wird alles andere untergeordnet.

Außerdem besteht ein Widerspruch zwischen Umweltpolitik und Autolobby, weil beides eng verzahnt ist. Wer wie Niedersachsen Hauptaktionär bei VW ist, kann den Autofahrern mit allerlei Argumenten das Geld aus der Tasche ziehen, wird aber der Autoindustrie weiterhin Zugeständnisse machen. Wie sonst wäre es möglich gewesen, SUV-Fahrzeuge zuzulassen, die doppelt so schwer sind wie ein herkömmlicher Pkw?

Der Lkw-Verkehr wird zunehmen, schon deshalb, weil die Städte entvölkert werden, Einkaufsmöglichkeiten im nahen Bereich immer mehr wegfallen und das Einkaufen nur noch mit dem Auto oder über Bestellung im Internet möglich ist. Die Verpackungsindustrie floriert, Kraftfahrer sind längst Mangelware, Auslieferungsfahrzeuge sieht man inzwischen in jeder Straße dutzendweise.

Was wirtschaftspolitischen Anspruch und reale Umsetzung angeht, passt da vieles nicht zusammen. Und die CO2-Emissionen durch den Autoverkehr sind dabei das kleinste Übel, aber einer der stärksten Goldesel für die Staatsschatulle.

Hier die Statistik des Bundesamtes über Verlauf bzw. Stand der Anzahl an Verkehrstoten seit 1950:
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Alt 01.10.2021, 16:53   #4
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.078

Und noch zwei Statistiken zu den CO2-Emissionen.
Angehängte Dateien
Dateityp: pdf Weltweiter CO2-Ausstoß bis 2019 _ Statista.pdf (220,5 KB, 3x aufgerufen)
Dateityp: pdf CO2-Ausstoß weltweit nach Ländern 2019 _ Statista.pdf (124,3 KB, 2x aufgerufen)
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Alt 06.10.2021, 08:30   #5
männlich BladeRuner
 
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Das für mich wichtigste Argument für ein Tempolimit, ist die damit verbundene erhöhte Reisegeschwindigkeit.
Die Harmonisierung der Geschwindigkeit macht den Verkehrsfluss homogen und führt im Mittel zu einer höheren Durchschnittsgeschwindigkeit. Je unterschiedlicher das Tempo der einzelnen Verkehrsteilnehmer ist, desto höher wird das Störpotenzial. Dies führt zu ständigem Abbremsen, Beschleunigen, Spurwechseln und in Folge dessen, zu Störung bis hin zu Stau.
Eine einheitlich gefahrene Geschwindigkeit, macht die vielen Überhol- und Ausweichmanöver überflüssig. Wenn dies begleitet wird, von intakten Autobahnen und schnell durchgeführten Reparaturarbeiten, verkürzt sich die Reisezeit und das Fahren wird entspannter.
Beispielhaft ist für mich Frankreich, wo trotz der Mautstellen, der Verkehr fließt und die durchschnittliche Geschwindigkeit trotz Tempolimit höher ist, als in Deutschland.
Kaum Baustellen, kaum Regulierung und ständig wechselnde Tempolimits stattdessen einheitlich 130 km machen den Verkehr flüssig. Der ständige Spurwechsel, weil von hinten wieder einer mit 220 angerast kommt, das Abbremsen, weil der vor einem nur 120 fährt, entfällt.
Kurz um ein Tempolimit harmonisiert den Verkehrsfluss macht ihn dadurch flüssiger und fahren ist für alle entspannter.
Und noch ein kleiner Hinweis, die Avus in Berlin ist schon lange mit einem 100 kmh Limit reguliert, da innerstädtisch.
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Alt 06.10.2021, 08:44   #6
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Zitat:
Zitat von BladeRuner Beitrag anzeigen
Kurz um ein Tempolimit harmonisiert den Verkehrsfluss macht ihn dadurch flüssiger und fahren ist für alle entspannter.
Und noch ein kleiner Hinweis, die Avus in Berlin ist schon lange mit einem 100 kmh Limit reguliert, da innerstädtisch.
Gutes Argument. Außerdem könnte eine Menge Geld gespart werden, weil man keine Tempo-Schilder mehr aufstellen müsste.

Bei der Avus (bin selber schon dort gefahren) ist die Geschwindigkeitsbegrenzung sinnvoll, denn als ehemalige Rennstrecke für Sportwagen lädt sie natürlich zur Raserei ein. Wie ihre Geschichte zeigt, hatte man damals beim Bau und bei der Nutzung noch nicht auf die Sicherheit geachtet, die heute Standard ist. Mit anderen Worten: Diese Strecke ist brandgefährlich.
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Alt 06.10.2021, 08:46   #7
männlich BladeRuner
 
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Standard Nachtrag

Die Selbstverantwortung ist an dieser Stelle eher ein Wunsch.
Die Probleme, die durch die freie Regelung entstehen, verführen zu der Annahme, eingebüßte Zeit durch hohe Geschwindigkeit wieder einholen zu können.
Dues führt zur Verschärfung des Problems und erhöht wueder8den Wunsch noch schneller zu fahren.
Und dazu kommt leider, dass viele Verkehrsteilnehmer sehr rücksichtslos agieren.
BladeRuner ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.10.2021, 08:57   #8
weiblich Ilka-Maria
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Raserei und Rücksichtslosigkeit wirst du mit einem gesetzlichen Tempolimit nicht zügeln können, BladeRuner. Wer sich über Grenzen und Regeln hinwegsetzen will, tut es einfach, denn das ist eine Charakterfrage. Und auch eine Frage des Alters, denn junge Menschen schäumen hormonbedingt über und denken über die Folgen ihrer Handlungen weniger nach als ältere Menschen mit mehr Lebenspraxis. Siehe die Statistiken.

Deshalb finde ich es richtig, dass Richter inzwischen dazu übergegangen sind, Wettrennen in den Städten, bei denen Passanten zu Tode kommen, als Mord ersten Grades zu behandeln. Das führt zwar zu endlos langen Prozessen, weil gegen das Urteil, das diese Einstufung nach sich zieht, immer wieder Berufung eingelegt wird, hat aber hoffentlich dennoch eine abschreckende Wirkung.
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