Bist du für mich bereit?

[C.Alvarez]

Ich bin mir heilig,
das solltest du wissen,
deshalb kenne ich
kein schlechtes Gewissen.
Ich spiele keine Harfe,
ich spiele den Bass,
selbst nackt im Regen stehend
werde ich niemals nass.
Liebe ist mir nicht bekannt,
für mich nur ein Wort,
wenn du sie wirklich suchst
geh von mir lieber fort.
Ich bin das von der Jungfrau
grausam geschändete Kind,
erkenne im Schmerz die Welt
und die andern bleiben blind.
Ich bin der Stachel im Fleisch
menschlicher Gerechtigkeit,
Arroganz ist mein Name
Bist du für mich bereit?
Sei immer auf der Hut,
ich lüge oft und gerne,
ich kann nichts dafür,
das bestimmten die Sterne.
Wenn du mich willst,
werden wir für immer vereint
und du singst wie John Mayall
"She's a sensitive kind".

[Heinz]

Liebe Corazon,
ich kann es nicht erklären, aber mein erster Gedanke nach dem Lesen Deines Gedichtes war (lange vor mir von einem Großen der Dichter gedacht und aufgeschrieben):

Es ist ihr ewig Weh und Ach,
so tausendfach,
aus einem Punkte zu kurieren.

Ein wahrhaft teuflischer Ausspruch, aber bedenkenswert.
Liebe Grüße,
Mephistofeles

[C.Alvarez]

Zitat von Heinz

Es ist ihr ewig Weh und Ach,
so tausendfach,
aus einem Punkte zu kurieren.

Lieber Heinz,
wie ich sofort erkannte, nachdem ich lange gegoogelt habe, zitierst du hier aus Goethes Faust den Teufel. Dass du dich mit den Klassikern der deutschen Dichtkunst auskennst überrascht niemanden, mich schon gar nicht, ich kenne deine korpulente Kompetenz.
Ich habe zu diesem Zitat einen interessanten Kommentar gefunden:

"Diese monokausale Erklärung unpräzise definierter Erkrankungen bzw. Befindensstörungen der Frau ist bekanntlich für wissenschaftliche Diskussionen nicht gedacht. Doch die diskriminierende Wortwahl lässt auf einen reaktiv frustrierten, aggressiven Hintergrund schließen."

Den Zusammenhang mit meinem Gedicht zu erkennen fällt mir allerdings nicht leicht.

Ich danke dir sehr herzlich für diesen Kommentar und dein Interesse an meinen Gedichten.

Liebe Grüsse

Corazon

[Heinz]

Liebe Corazon,
den Zusammenhang zwischen meinen Einfällen, die mir bei der Lektüre fremder Gedichte kommen, und Deinem Gedicht kann ich mir selbst nicht erklären. Es ist also müßig, danach zu suchen.
Sicher könnte man nun analytisch geschult einen doch vorhandenen Zusammenhang konstruieren, etwa so:
Hier der innere Monolog einer Frau mit Problemen
- kenne kein schlechtes Gewissen
- spiele keine Harfe
- stehe nackt im Regen
- Liebe ist mir nicht bekannt
- ich bin ein geschändetes Kind
- bin arrogant
- lüge oft und gern
und dann die mephisoelische Erkenntnis:
Es ist ihr ewig Weh und Ach,
so tausendfach,
aus einem Punkte zu kurieren.
Anders ausgedrückt:
Es ist der Frauen ewig Weh und Ach,
so tausendfach,
aus einem Punkte zu kurieren.
Noch platter ausgedrückt:
Es gibt halt Frauen auf der Erden,
die brauchen nur
mal richtig ... werden.
Bleib wacker und fühl Dich nicht perönlich angesprochen.
Liebe Grüße,
Heinz

[Flocke]

Hallo Corazon,

du hast hier einen echten Knaller hingestellt, eine "ehrliche" Selbstdarstellung einer Frau, die den Femme fatale Typus lebt und feiert. Höhepunkt ihrer Selbstdarstellung ist, dass sie ausgerechnet den Song "Sensitve Kind" von John Mayall anführt, um sich mit der dort besungenen Frau gleichzusetzen, die dort als einfühlsam, sensibel und hilfebedürftig beschrieben wird. In den letzten Zeilen ihres Gedichtes verspricht sie:

Wenn du mich willst,
werden wir für immer vereint
und du singst wie John Mayall
"She's a sensitive kind".

Eigentlich wäre eine solche Verbindung unmöglich, so sollte man annehmen. Doch diese aggressive, verführerische und dämonische Seite der Femme fatale ist für viele Männer von solch erotischer Anziehungskraft, dass sie für diesem Typus vieles, wenn nicht gar alles aufgeben würden. Sie würden, um einer solchen Frau zu gefallen, ihren Verstand aufgeben. Ich denke natürlich an den Film: "Der blaue Engel" mit Marlene Dietrich als Jola und Emil Jannings als Pofessor Rath. Besonders die folgenden Zeilen führten mich zu diesem Film:

ich lüge oft und gerne,
ich kann nichts dafür,
das bestimmten die Sterne.

Es finden sich in deinem Gedicht einige interessante Textstellen wie:Ich bin das von der Jungfrau grausam geschändete Kind, u.a. - aber darauf will ich heute nicht eingehen
Wenn du so eine Person als dein lyrisches Ich kostruierst, dann besteht die Gefahr, dass mehr oder weniger unbewusst auch dir manche der Femme fatal Eigenschaften unterstellt werden. Das weißt du natürlich! Dass du das auf dich nimmst, zeugt von deinem Mut. (Oder davon, dass du die männliche Dummheit als geringer einschätzt, als sie es tatsächlich ist!)

Liebe Grüße Flocke

Corazon zitiert den Song "Sensitive Kind" von John Mayall.
Ich habe den John Mayall Song für diejenigen verlinkt, die ihn nicht kennen.
https://www.youtube.com/watch?v=i5fUw1ZQz3c

[C.Alvarez]

Zitat von Heinz

Hier der innere Monolog einer Frau mit Problemen

Zitat von Heinz

Es gibt halt Frauen auf der Erden,
die brauchen nur
mal richtig ... werden.

Lieber Heinz,
die Quintessenz deines Kommentare ist also dass es sich bei meinem Gedicht um den Monolog einer Frau mit Problemen handelt, der es lediglich fehlt mal richtig geknallt zu werden um wieder in die Spur zu kommen. Analytisch geschult könnte man zu dieser Analyse kommen meinst du.
In der Tat glauben viele Männer wenn sie eine Frau kennenlernen die nicht ihren üblichen Vorstellungen wie eine Frau sein sollte entspricht, dass diese nur mal richtig geknallt werden müsste um normal zu werden. Was sie in diesem Zusammenhang unter "richtig" verstehen wäre eine interessante Frage.
Ich bedauere sehr, dass ein Mann deiner Bildung und Lebenserfahrung so etwas auch nur in Erwägung zieht und sich damit auf ein Niveau begibt dass ich eher bei primatenhaften Proleten vermutet hätte.
Das lyrische Ich meines Gedichtes hat weder Probleme noch bräuchte es mal richtig geknallt zu werden.
Dein Kommentar und dein Frauenbild - beides hat mich zutiefst erschüttert.

No obstante, muchas gracias por ocuparse de mi poema.

Corazón


Lieber Flocke,
wieder so ein treffender, hier kann man tatsächlich sagen analytisch geschulter Kommentar von dir. Dass du hier keine Frau mit Problemen siehst, sondern etwas ganz anderes, zeigt, dass du es wirklich verstehst meine oft für andere unverständlichen Texte differenziert zu betrachten und dem was ich ausdrücken will nicht nur sehr nahe kommst sondern es genau triffst.
Ich bin immer wieder überrascht mit welcher Sorgfalt und mit welchem Einfühlungsvermögen du meine Text liest und kommentierst. Dafür kann ich dir nicht genug danken.
Dass meine Texte dazu führen, dass manche Leser, mir die darin beschriebenen Eigenschaften unterstellen macht mir keine Sorgen, mir ist schon so viel unterstellt worden, da kommt es jetzt auf etwas mehr auch nicht an. Ausserdem macht so ein Kommentar von dir alles andere wieder gut.
Ich bewundere deine Art Texte wirklich gründlich zu lesen, Verbindungen zu knüpfen wie hier zum Blauen Engel, und vor allem Texte zu verstehen, meine Texte zu verstehen...
Danke auch für den Link zum Lied!

Ganz liebe Grüsse

Corazón

[DieSilbermöwe]

Liebe Corazon,

ich finde das Gedicht faszinierend.

Mit dem Kommentar von Flocke wird es glasklar, wie es gemeint ist. Ich wäre von alleine nicht so schnell darauf gekommen, deswegen hatte ich es bis jetzt nicht kommentiert.

LG DieSilbermöwe

[C.Alvarez]

Zitat von DieSilbermöwe

ich finde das Gedicht faszinierend.

Liebe Silbermöwe,
wenn ich nicht so bescheiden wäre würde ich sagen "das geht mir runter wie Öl".
Ich danke dir ganz herzlich für's Lesen und Kommentieren!

Zitat von DieSilbermöwe

Mit dem Kommentar von Flocke wird es glasklar, wie es gemeint ist. Ich wäre von alleine nicht so schnell darauf gekommen, deswegen hatte ich es bis jetzt nicht kommentiert.

Ja, der Flocke ist schon eine Nummer für sich. Wie genau der auf Anhieb meine Gedichte interpretiert und analysiert ist mir schon fast unheimlich. Vielleicht liest der meine Gedanken und ich muss mir einen Aluhut kaufen

Liebe Grüsse

Corazón

[Flocke]

Nur an gute Freunde verkaufe ich den praktischen und formschönen Telepathieabsorber "Thinkaway Hippocam Protect". Der Preis, den ich euch vollkommen frei von Eigennutz zum Selbstkostenpreis pro Gerät und zuzügl. Mehrwertsteuer anbieten kann, beträgt selbstlose 234,- Euro;
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Ihr braucht mir keine Kauforder zu schicken; ich weiß es ja eh, wenn ihr so weit seid.

Meine besten Grüße habt ihr ja gerade in eurem Kopf vernommen. Deswegen erspar ich sie mir an dieser Stelle.

[C.Alvarez]

Ich habe zwar noch nicht genau herausgefunden, was ich bei dem Zehnerpack spare, aber die höhere Mathematik war nie meine Stärke. Auf alle Fälle freue ich mich drauf, auch das Design ist ansprechend und wird gut mit meinem dunklen Haar harmonieren.

Supernett von dir, Flocke, so ein tolles Angebot!

Liebe Grüsse

Corazón

[Andri]

Liebe Corazon,
Flocke hat gewiss recht, dass du eine Frau konstruierst die etwas von einer femme fatale hat. Obwohl dafür die erotisch damenhafte Aura fehlt. Ich würde eigentlich nicht an die blaue Lola denken, an diese Art starker erotischer Aura und Dominanz.
Das Lyri ist ganz offensichtlich sehr egozentrisch und wird sich immer als wichtiger als das Gegenüber ansehen. Es erweckt da gar keine Hoffnung dass es anders sein könnte, dem Mann wird dies nur zu deutlich gesagt. Auch die Hoffnung sie sexuell anmachen zu können, wird klar verneint:

selbst nackt im Regen stehend
werde ich niemals nass.

(Ich interpretiere das mal frech so)
Und eigentlich wird alles verneint was eine Liebesbeziehung ausmachen könnte:
Die Liebe selbst, die Romantik (Harfe), die Nähe (vs. Arroganz), das Vertrauen (die Lüge). Und zu allem ist der Mann immer im Unrecht, denn sie ist ja von der Jungfrau grausam geschändet, erkennt den Schmerz der Welt...
Was also macht diese Frau so verdammt anziehend?
Naja Herausforderungen ziehen einen an.... Aber vor allem steht dies alles in der Spannung zum Anfang und zum Beginn des Gedichtes:
Bist du für mich bereit? Was auf der anderen Seite ja sagt, dass sie es wäre wenn er bereit ist... sie annimmt wie sie ist.
Und fast am Ende, das Versprechen der Treue des neuen Lebens:

werden wir für immer vereint

Plötzlich nicht "ich", sondern das wir...dieses schöne "wir" Und vom Ende her gelesen sagt das Gedicht auch: All dies bin ich, so schwierig, so selbstsüchtig, verletzt, aber ich kann dein Schicksal sein, wenn du es annimmst.

Ein schönes Gedicht, keck fast, vielleicht ein Hauch zu larmoyant im Mittelteil, aber dort halt auch "Corazonstyle" wie ich es liebe.
Dass es besonderen Mut bräuchte das LI so darzustellen und wie es sich zum Ich stellen könnte.. nun ich glaube die Sorge hat Corazon nicht. Das LI ist doch eh das Ich, zumindest ein Ich das sein könnte, ein potentielles Ich, ein neues Kleid dafür.

Liebe Grüße,
Andri

[C.Alvarez]

Lieber Andri,
du hast natürlich den Vorteil mich durch unser enges freundschaftliche Verhältnis und die Kommunikation zwischen uns beiden besser zu kennen als andere Leser. So weisst du zum Beispiel genau wie die Sache mit dem nackt im Regen stehen und nicht nass werden gemeint ist. Natürlich ist das lyrische Ich hier keine abstrakte Schöpfung sondern spiegelt die Autorin wieder. Aus ihrer subjektiven Sicht. Und ebenso natürlich werden negative Eigenschaften in Metaphern versteckt oder zumindest abgemildert. Da kann man dir aber nichts vormachen, die Egozentrik und Selbstsucht des LI, die ja in unserer Freundschaft auch schon für Probleme sorgte hast du sofort im Text erkannt. Da kann ich mich nun drüber freuen oder es vehement als Fehlinterpretation hinstellen, natürlich bevorzuge ich die erste Möglichkeit sonst würde ich solche Texte nicht schreiben. Ich gebe oft viel von mir preis, und wenn es dann Leser wie dich gibt, die mich dadurch besser verstehen und mich bis zu einem gewissen Punkt akzeptieren können freut mich das, dass sich andere von mir dadurch abwenden ist mir klar, das muss ich akzeptieren.
Am Besten gefiel mir dieser Satz von dir, weil er so deutlich ausspricht was der Hintergrund eines solchen Gedichtes von mir ist:

Zitat von Andri

Plötzlich nicht "ich", sondern das wir...dieses schöne "wir" Und vom Ende her gelesen sagt das Gedicht auch: All dies bin ich, so schwierig, so selbstsüchtig, verletzt, aber ich kann dein Schicksal sein, wenn du es annimmst.

Du und Flocke, ihr habt euch wirklich mit dem Text beschäftigt und und eure Kommentare ergänzen sich auf wundersame Art - dafür bin ich dankbar.

Dir ganz liebe Grüsse

Corazón

[DieSilbermöwe]

Auch die Hoffnung sie sexuell anmachen zu können, wird klar verneint:
Zitat:
selbst nackt im Regen stehend
werde ich niemals nass.

Ich wünschte, ich hätte es gestern schon geschrieben, jetzt sieht es ein wenig aus wie nachgeplappert, aber ich hatte das genau so interpretiert (zugegeben, erst nach dem Kommentar von Flocke).

[C.Alvarez]

Zitat von DieSilbermöwe

Ich wünschte, ich hätte es gestern schon geschrieben, jetzt sieht es ein wenig aus wie nachgeplappert, aber ich hatte das genau so interpretiert (zugegeben, erst nach dem Kommentar von Flocke).

Liebe Silbermöwe,
bei dir würde ich nicht, und sicher auch kein anderer, vermuten, dass du Kommentare einfach nachplapperst, da mach dir mal keine Gedanken. Andris und deine Interpretation der betreffenden Textstelle treffen genau den Punkt, der gemeint war.

Liebe Grüsse

Corazón