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Fantasy, Magie und Religion Gedichte über Religion, Mythologie, Magie, Zauber und Fantasy.

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Alt 21.11.2022, 20:39   #1
männlich Dionysos von Enno
 
Benutzerbild von Dionysos von Enno
 
Dabei seit: 07/2021
Alter: 47
Beiträge: 274

Standard Winterfee



Bloße Hände greifen den Schnee
Packen geschwind
Schlitten und Kind
richten sie auf, Lachen erklingt
fliehen das Kind
Mythe und Weh

Zitternd im Schnee
als sei er ein See
aus tausenden Eiskristallen
Schluchzer verhallen,
Schneeflocken fallen
Stille sinnt
ins Weiße das Kind
Flüstrer wallen
aus Winterfees
Hallen
Durch Eissee und
Schnee

Flüstert das Kind
in den eisigen Wind
Die Grotte umschließt schon der Schnee
Sein Tränchen verrinnt
Sein Name verschwind
und es würde schon eins mit der
Fee

Bekriecht es die Stille,
die kühlende Hülle
des Eisschacht, gestülpt wie ein Weh
Das passt auf das Mündchen
Der passt auf das Kindchen
Das stemmt sich noch
gegen den Schnee

Erlahmen die Augen
die schläfrigen Augen
Sinkt weiß schon die Hand der Fee
Die Wärme zu rauben
Das Kindchen zu rauben
Zur Halle unter dem See

Grad recht und geschwind
packen Schlitten und Kind
bloße Hände tief in den Schnee
Vaters Lachen erklingt
entfliehen das Kind
blaue Mythe und frierendes Weh
Wie darunter bestimmt
das Eis so gerinnt
fließt zurück in den See
die Fee

Geändert von Dionysos von Enno (21.11.2022 um 22:49 Uhr)
Dionysos von Enno ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.11.2022, 00:45   #2
weiblich Donna
 
Dabei seit: 02/2020
Beiträge: 406

Hi Dionysos,

das Ganze schreit nach Auflösung.
Auf der sichtbaren Ebene erleben wir einen Vater und sein Kind beim Spiel im Schnee mit dem Schlitten. Zwischen Lachen, Tränen und Schluchzern schickst du uns auf eine unwirkliche Eiswüste, wo auf zweiter Ebene eine Eisfee das Kindchen rauben will, um es in ihre unterirdische Hallen zu ziehen. Der Vater mit seinem sicheren Griff ist der lachende Retter. Das Fliehen ist eine Flucht vor dem Alltag? oder vor einer lebensbedrohlichen Lage? Irgend etwas will mit der unschuldigen Spielsituation nicht zusammenpassen, und der Vater scheint sich der Gefahr und des Wehs überhaupt nicht bewusst zu sein. Der LeserIn kann nicht genau erkennen, was hier gespielt wird.
In der Verschmelzung mit der Geisterwelt ( Mythen ) werden mir Bilder in der Symbolsprache eines traumhaften Unterbewussten präsentiert. Auf eine subtile Art beunruhigend und fragil scheint das Spiel auf einer dünnen Eisdecke stattzufinden, wo die Situation jederzeit kippen könnte. Die Erzählperspektive bleibt unklar und lässt den Leser Beobachter und gleichtzeitig Betroffener einer mulmigen Situation werden.
Zunächst wollte es mich ein wenig an den Goethes Erlkönig erinnern, welcher ähnliche Symbolfiguren benutzt.
Die Stimmung changiert und bricht sich wie das Licht im Eis.
Es ist ein interessanter Text und in seiner Tiefe schwer fassbar, eher was für Fortgeschrittene. Die Fee stelle ich mir fast wie der weiße Tod vor, in eiskalter Schönheit, wie solche Feen nunmal sind.
gerne gelesen, Donna
Donna ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.11.2022, 17:11   #3
männlich Dionysos von Enno
 
Benutzerbild von Dionysos von Enno
 
Dabei seit: 07/2021
Alter: 47
Beiträge: 274

Zitat:
Zitat von Donna Beitrag anzeigen
Hi Dionysos,

das Ganze schreit nach Auflösung.
Auf der sichtbaren Ebene erleben wir einen Vater und sein Kind beim Spiel im Schnee mit dem Schlitten. Zwischen Lachen, Tränen und Schluchzern schickst du uns auf eine unwirkliche Eiswüste, wo auf zweiter Ebene eine Eisfee das Kindchen rauben will, um es in ihre unterirdische Hallen zu ziehen. Der Vater mit seinem sicheren Griff ist der lachende Retter. Das Fliehen ist eine Flucht vor dem Alltag? oder vor einer lebensbedrohlichen Lage? Irgend etwas will mit der unschuldigen Spielsituation nicht zusammenpassen, und der Vater scheint sich der Gefahr und des Wehs überhaupt nicht bewusst zu sein. Der LeserIn kann nicht genau erkennen, was hier gespielt wird.
In der Verschmelzung mit der Geisterwelt ( Mythen ) werden mir Bilder in der Symbolsprache eines traumhaften Unterbewussten präsentiert. Auf eine subtile Art beunruhigend und fragil scheint das Spiel auf einer dünnen Eisdecke stattzufinden, wo die Situation jederzeit kippen könnte. Die Erzählperspektive bleibt unklar und lässt den Leser Beobachter und gleichtzeitig Betroffener einer mulmigen Situation werden.
Zunächst wollte es mich ein wenig an den Goethes Erlkönig erinnern, welcher ähnliche Symbolfiguren benutzt.
Die Stimmung changiert und bricht sich wie das Licht im Eis.
Es ist ein interessanter Text und in seiner Tiefe schwer fassbar, eher was für Fortgeschrittene. Die Fee stelle ich mir fast wie der weiße Tod vor, in eiskalter Schönheit, wie solche Feen nunmal sind.
gerne gelesen, Donna
Hi Donna,

das sind beachtliche Eindrücke, die Du in Deinem Kommentar summierst und konstatierst. Ich kann sie mit Zustimmung nachvollziehen. Auch auf mich haben die Bilder ähnlich gewirkt, bzw. ähnliche Assoziationen befördert.

Beisteuern möchte ich noch das Thema -und jetzt spreche ich ausschließlich für mich- : Grenze zur "zweiten Welt", wie sie CG Jung oft genannt hat. Diese scheint mir in der Kindheit und in der Pubertät besonders durchlässig für große Kräfte, wie sie auch im Gedicht vorkommen.

Andererseits ist die weiße Fee auch ein Animasymbol und als solches selber Archetyp, Mythos, Präfiguration vielleicht am ehesten im Sinne von Marie Louise von Franz als eine ambivalente Entwicklungssymbolik zu begreifen.

Die Rolle der Anima als Führerin nach innen, schrittweise immer weiter durch die unbewussten Räume, wird besonders deutlich durch die Beatrice in der Göttlichen Komödie von Dante gezeigt und entwickelt da auch eine beachtliche Dramatik und Dynamik.

In meinem obigen Gedicht erkenne ich für mich persönlich auch den schier überwältigenden Aspekt der Anima, wie sie gerade auf die männliche Psyche schon von frühen Jahren an wirken kann.

mes compliments

Dio
Dionysos von Enno ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.11.2022, 12:37   #4
männlich Georg C. Peter
 
Benutzerbild von Georg C. Peter
 
Dabei seit: 03/2017
Ort: Karlsruhe
Beiträge: 834

Kalimera Dionysos von Enno,

gefällt mir sehr gut!
Vor allem der fließende Übergang von Fee zu Hexe und Dämon.
Die Bedeutung der Winterfee lässt den Leser lange im Ungewissen.

Vielleicht meint sie es ja am Ende doch gut...nein. Meint sie nicht!
Sie will das Kind besitzten.
Und das wiederum lässt natürlich viele Deutungen und Interpretationen zu.

Einen einzigen kleinen Vorschlag hätte ich:

Vaters Lachen erklingt

Ich stelle mir da eher einen besorgten Vater vor, der sein unterkühltes Kind vor dem Tode rettet. Insofern frage ich mich, ob

Vaters Stimme erklingt

nicht passender wäre.
Dann mag sich jeder Leser selbst vorstellen, ob das ein besorgter oder ein gut gelaunter Vater ist.

So.
Bei so vielen Wintereindrücken brauche ich jetzt dringend Tee und Gebäck!
Viele Grüße von
Georg C. (von Christoph, nicht von Cäsar ) Peter
Georg C. Peter ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.11.2022, 20:11   #5
männlich Dionysos von Enno
 
Benutzerbild von Dionysos von Enno
 
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Alter: 47
Beiträge: 274

Zitat:
Zitat von Georg C. Peter Beitrag anzeigen
Kalimera Dionysos von Enno,

Georg C. (von Christoph, nicht von Cäsar ) Peter
Kalispera Lieber Georg von Christoph ;-) ,

vielen Dank für Deine Überlegungen und Deinen Vorschlag, der auch sehr gut funktionieren würde.

Mir war allerdings sehr wichtig, diesen starken Kontrast herauszuarbeiten.

Im Grunde ist das Kind lediglich mit dem Schlitten umgekippt und in einen Schneehügel gefallen. Es geht also um die Unterschiede in der Wahrnehmung etc. Der Vater lacht, weil er einfach sein Kind mit dem Schlitten umkippen sieht. Die Brisanz aus der Tiefe ist ihm nicht bewußt. Gerade der Kontrast zwischen den Erlebniswelten macht hier für mich den Reiz aus.

mes compliments

Dionysos
Dionysos von Enno ist offline   Mit Zitat antworten
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