|
|
Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
|
Themen-Optionen | Thema durchsuchen |
11.05.2021, 16:46 | #1 |
Wellen. Wellen. (Sonettkranz)
Für Thomas Rackwitz
I Die uns vor falschen Wegen oft bewahren, Sind nicht oft die, auf die wir hören wollen. Wir tun es nicht, wir gehen in die Vollen, Als würde Dummheit sich mit Wagnis paaren. Ich würde mir das nur zu gern ersparen: Wie wahr, ich hätte einfach hören sollen, Anstatt die ganze Zeit mit Inbrunst schmollen Und dann mein Leben an die Wand zu fahren. Ich hatte nichts als Widerwort im Kopf. Wenn mich der Unsinn listig zu sich pfiff, Ergriff ich die Gelegenheit beim Schopf. Ich war nur ungehobelt, ohne Schliff, Ritt Stürme und das Meer im Suppentopf: Die Wellen balzten lüstern um das Riff. II Die Wellen balzten lüstern um das Riff. Die Wirklichkeit gab’s nurmehr als Chimäre: Der Mensch spielt Argonaut auf einer Fähre Und hat vom Ziel der Reise kein Begriff. Das Rätsel löste man mit einem Kniff! Stattdessen fuhr man los ins Ungefähre, Man fraß, anstatt zu speichern, jede Ähre Und hielt für höherwertig auch den Siff. Ich lag an Stränden allzu vieler Meere Und hatte niemand, der mich einmal kniff. Ertränkte ich das Volle in der Leere, Wenn der Klabautermann am schönsten pfiff, Gereichte es den Wellen wohl zur Ehre: Auf ihren Kämmen tanzte dieses Schiff. III Auf ihren Kämmen tanzte dieses Schiff: Ich hatte lang schon jeden Kurs verloren. Aus tiefster Not wird kaum ein Held geboren, Nein, meist ein Feigling, auf den jeder pfiff. Nicht immer half die Flucht als letzter Kniff. Die Götter hatten sich doch längst verschworen, Die rauen Wetter hatten sie dazu erkoren, Dass selbst letzte Mensch sehr schnell begriff, Worum es ging, wenn man die Meere schwebte. War da der Kompass irgendwann abhanden, Verfehlte man das Ziel, zu dem man strebte. Ich stand allein da, und die Sinne schwanden, Als unter mir das Schiff beim Krängen bebte: Es wollte und es konnte nirgends landen. IV Es wollte und es konnte nirgends landen. Die Wellen wurden flacher, Böen schwächer, Ein Hai zog weite Kreise als ein Rächer Und Warner, habe ich sehr schnell verstanden. Ich dachte an die Zeit, als wir empfanden, Die Welt gehörte uns: Wir waren Zecher, Wir tranken alles bis zum letzten Becher, Bis wir uns in Verliesen wiederfanden. Ich stieg hinauf zum Ausguck, es war Flaute. Man sah nur Wasser, nichts von fernen Landen, Soweit man auch die Horizonte schaute. Es wollte eine Möwe bei mir landen. Auf einmal schien’s, dass sie sich nicht mehr traute: Der Wind kam auf, als mir die Sinne schwanden. V Der Wind kam auf, als mir die Sinne schwanden. Halb wach konnt ich das stete Schwanken fühlen, Die Winde, die mich wiegten, mit den kühlen Und feuchten Böen. Zeit kam mir abhanden, Der Tag wurde zur Nacht, und Sterne standen Und malten mir das Kreuz des Südens. Fühlen War, was ich suchte, doch des Lebens Mühlen Vermahlten alles, und sie ließen es versanden. Die Wanten klatschten, und die Fische sprangen. Was nicht gewesen war, war jetzt doch wahr. Ich konnte mit der Hand mir Silber fangen, Das über mich so schnell geflogen war. Dann war der Wachtraum aber schon vergangen: Es war die Zeit, in der ich klar begriff. VI Es war die Zeit, in der ich klar begriff, Dass Reisen meist nur eines war: ein Flüchten, Ein Fallen aus dem Alltag, zu den Süchten, Das mit dem hehren Ziel war bloß ein Kniff. Die allermeisten Fahrten endeten am Riff. Das Wellenraunen ähnelte Gerüchten, Die in uns falsche Lebensbilder züchten. Die Ozeane querte ich auf einem Schiff, Die Mannschaft war gebildet aus den Träumen. Der erste Offizier, der bei acht Glasen pfiff, Ließ Decks und die Quartiere plötzlich räumen: Es muss ein Ende sein, rief er, mit Dreck und Siff. Und die Erkenntnis ließ sich nicht versäumen, Dass es nichts nutzte, wenn man feige kniff. VII Dass es nichts nutzte, wenn man feige kniff, War eine Binsenweisheit, die nichts brachte. Die Mannschaft, die an Deck grad Ordnung machte, Gab meinem Schiff den allerletzten Schliff. Der Ausguck wackelte, und ich nahm einen Sniff Vom Kokain, das machte, dass ich lachte, Die Welt bekam den Glanzanstrich, und sachte Glitt ich den Mast hinunter. Als ich mich vergriff. Fiel ich ins Leere und schlug auf die Planken. Der Schmerz war Antwort auf das harte Landen. Ich sah die Träume sich nach oben ranken, Und hatte nichts und niemand mehr verstanden. Die Masten würden sich vielleicht verschlanken: Ein Unglück würde niemals nur versanden. VIII Ein Unglück würde niemals nur versanden, Erkannte ich und kettelte den Riss In meinem Glauben, als ein Möwenschiss Mich wissen ließ, ich wär nicht von den Granden, Ich wäre eher einer der Probanden, Die der Versuch und auch der Irrtum biss, Die allseits man als Tierversuch verschliss, Weil sie, wohl Zufall, an der Stelle standen. Ich wälzte mich voll Ekel in den Schatten. Der Schiss begann rasch fürchterlich zu stinken, Den meine Freunde für mich übrig hatten. Es schien die Zeit, mich hier jetzt auszuklinken. Doch Selbiges ging nicht so leicht vonstatten: Es würde unter Dünen nicht versinken. IX Es würde unter Dünen nicht versinken. Es würde vielmehr mit dem Sandberg wandern, Die Küste lang von Hamburg bis nach Flandern. Es war mir klar, dass diese Bilder hinken. Am Horizont sah ich die Lichter blinken. Die Augen hüpfen hin und her. Mäandern Die Hoffnungen? Kommt diesmal eins zum andern? Es war, als würden sich von selbst die Karten zinken – Am Spieltisch mit Klabautermann und Hein: Wenn sich Versagen und das Unglück paaren, Dann musste ich da immer mittenrein. Sie soffen Rum und danach alten Klaren. Das schlimmste Schicksal war amEnde mein: Ich wachte auf mit Gischt in meinen Haaren. X Ich wachte auf mit Gischt in meinen Haaren. Der Sturm erweckte mich, die Wellen rauschten, Und Segel blähten, schlugen hart und bauschten, Der Sturm war scharf aus Nord in uns gefahren. Wir kreuzten im Atlantik. Die Kanaren Verschwanden rechts von uns. Die Ohren lauschten, Als sich die Richtungen wie wild vertauschten Und Spunten wimmerten wie die Fanfaren. Ich wollte stehen, doch ich musste fallen. Das Barometer musste schneller sinken, Als je zuvor. Wie lautes Peitschenknallen Zerhieb die Takelage Licht und Blinken. Vor Müdigkeit begann ich leis zu lallen, Verwünschte diesen Tag und müsste trinken. XI Verwünschte diesen Tag und müsste trinken: Der Möwenschiss war durch den Guss zerflossen, Das Schiff im Sturm schnell auf und ab geschossen; Den Hein sah ich im Blitzschlag achtern hinken Und den Klabautermann von Weitem winken. Er schien bei sich sein und fröhlich unverdrossen Die Suppe anzurührn, als sich ergossen Der Monsterbrecher drei – ich rief: Wir sinken!, Als sich ein Wal vor uns erhob. Er blies Fontänen in die Luft, die gülden waren. War er es, dass man mich am Leben ließ? Es war mein Schicksal, dieses Meer zu fahren. Der Kiel glitt über Stein und Sand und Kies. Die Wolken machten Platz dem Dunkelklaren. XII Die Wolken machten Platz dem Dunkelklaren, Das Donnern fiel auf einmal rasch zusammen. Ich fühlte plötzlich mich, den schweren, klammen Und rauen Stoff, aus dem die Hosen waren. Wir Menschen pflegen seltsames Gebaren, Wenn Höllen sind durchlitten samt dem Flammen, Die doch in Wahrheit aus dem Innern stammen. Es waren Glücksmomente, von den raren, Die man geschenkt bekam wie aus dem Nichts. Die Sonne schien, und ich begann zu stinken, Ich fühlte Salz an jedem Fleckchen des Gesichts. Des Schicksals Mantel schenkte mir ein Winken Und aus dem Schatz des Glücks ein Strahl des Lichts Dem Sternenhimmel, in dem Sonnen blinken. XIII Dem Sternenhimmel, in dem Sonnen blinken, War Kälte eigen, endlos Unbarmherzigkeit. Ich hatte mich geübt und war bereit. Der Raum war weiß, mit Türen ohne Klinken. Mein Schatten wollte in der Wand versinken Und mit ihm mit mein Sein und alle Zeit. Ich schnitt aus meinem Mut mir Kraft und Kleid Und wollte meine Rüstung grad verzinken, Als diese Träume platzend mich befreiten. Ich wollte lieber Sturm und Meer befahren, Durch Sand und Wüsten auf Kamelen reiten, Als Mäuschen sein am Hof von einem Zaren. Es waren Leid und Schmerz, die uns begleiten, Die uns von falschen Wegen oft bewahren. XIV Die uns von falschen Wegen oft bewahren, Sind Freunde, das Gelernte und Verstand. Gefahren wurden viel zu spät als sie erkannt, Wenn Blindheit und die Wut am Steuer waren. Das Ritterheer verlor. Der Sieg war den Tartaren. Das Leichte, das das Schwere locker überwand, Es war der schnellen Klugheit nah verwandt: Die Ritter starben fürchterlich in Scharen. Jetzt, als ich’s wusste, war die Schlacht geschlagen. Ich hatte das Prinzip zu spät verstanden. Jetzt blieben fast nur Scherben neben Klagen. Mein Glück sah ich mit Sturm und Drang versanden. Mit mir auf dieser Insel wohnten Fragen: Ich stand am Strand, die Welt kam mir abhanden. XV (Meistersonett) Ich stand am Strand, die Welt kam mir abhanden. Die Wellen balzten lüstern um das Riff. Auf ihren Kämmen tanzte dieses Schiff: Es wollte und es konnte nirgends landen. Der Wind kam auf, als mir die Sinne schwanden. Es war die Zeit, in der ich klar begriff, Dass es nichts nutzte, wenn man feige kniff: Ein Unglück würde niemals nur versanden, Es würde unter Dünen nicht versinken. Ich wachte auf mit Gischt in meinen Haaren, Verwünschte diesen Tag und müsste trinken. Die Wolken machten Platz dem Dunkelklaren, Dem Sternenhimmel, in dem Sonnen blinken, Die uns von falschen Wegen oft bewahren. Geändert von Walther (11.05.2021 um 19:07 Uhr) |
|
13.05.2021, 11:33 | #2 | |
Zitat:
|
||
14.05.2021, 21:40 | #3 |
Ein Kranz mit vielen Widersprüchen, mit Ecken und Kanten, ein Kranz wie das Leben auf hoher See. Ich hätte Lust, mich intensiver damit auseinander zu setzen. Aber mir scheint, du optimierst noch weiter. Stimmt das?
Da wirken noch einige Unstimmigkeiten ungewollt, zum Beispiel die Verse in mehreren Strophen mit sechs statt der vorherrschenden fünf Hebungen oder die plötzlichen eingewebten Bilder, die nicht wie die meisten anderen aus dem nautisch-maritimen Bereich stammen. Ich denke, es lohnt sich, einige andere Strophen ebenfalls zu überarbeiten und auch die fünfte nochmals einem kritischen Blick zu unterziehen. Ich hatte schon ein paar Formulierungen in meinen Gedanken, die an der ein oder anderen Stelle den Hebungsprall oder Rhythmusstolperer ausbügeln könnten. Aber du müsstest mir erst mal verraten, ob das nicht auch Absicht sein könnte und in das Bild der schwankenden Wellen passen soll. Fazit: Da geht noch was. Freundliche Grüße von Stachel |
|
15.05.2021, 13:21 | #4 | |
Zitat:
lg W. |
||
15.05.2021, 14:40 | #5 | |
Zitat:
danke fürs lesen. es geht immer was. an gedichten kann man sein leben lang herumwerkeln. der sonett(en)kranz ist ein dichtwerk. wir sind im reich der metapher(n). die seefahrt ist ein thema der literatur, seitdem der mensch auf diesen planeten sie schafft. er hat wohl schon davor am lagerfeuer davon berichtet. sie als beispiel des lebens, das ja eine reise ist, herzunehmen, ist also nichts neues. aber wir wissen ja, dass im westen nichts neues ist. das gilt nur auch für alle anderen himmelsrichtungen. und natürlich spielen wir mit den mythen und sagen, haben träume in träumen, springen munter zwischen den bildern, wie es gerade passt. und wir binden das publikum mit ein. lg W. |
||
30.05.2021, 07:47 | #6 |
abgemeldet
|
Hallo Walter,
ich finde das einen überaus gelungenen Sonettkranz. Besonders, wenn man bedenkt, was für eine Arbeit dahinter steckt. Großen Respekt! Und bis auf ein paar Kleinigkeiten, die silbentechnisch nicht ins Gesamtbild passen, ist es auch technisch absolut gelungen. Grade das klassische Reimschema. Also ich persönlich schreibe nicht so gerne Sonette, grade weil sie so unbequem zu schreiben und oftmals auch zu lesen sind. Und zweites gilt für den Kompletten Kranz überhaupt nicht. Klar kann man an absolut jedem Gedicht ein Lebenlang feilen, das ist ja auch das schöne. Ich habe mich außerdem nmal dazu hinreißen lassen, ein paar Änderungsvorschläge zu unternehmen, nur, was die Fünfhebigkeit angeht. Ich bin auch nur darauf gekommen, weil es hier angesprochen wurde, und ich finde, deinem Kranz gebührt mehr Anerkennung. Die uns vor falschen Wegen oft bewahren, Sind nicht oft die, auf die wir hören wollen. Wir tun es nicht, wir gehen in die Vollen, Als würde Dummheit sich mit Wagnis paaren. Ich würde mir das nur zu gern ersparen: Wie wahr, ich hätte einfach hören sollen, Anstatt die ganze Zeit mit Inbrunst schmollen Und dann mein Leben an die Wand zu fahren. Ich hatte nichts als Widerwort im Kopf. Wenn mich der Unsinn listig zu sich pfiff, Ergriff ich die Gelegenheit beim Schopf. Ich war nur ungehobelt, ohne Schliff, Ritt Stürme und das Meer im Suppentopf: Die Wellen balzten lüstern um das Riff. II Die Wellen balzten lüstern um das Riff. Die Wirklichkeit gab’s nurmehr als Chimäre: Der Mensch spielt Argonaut auf einer Fähre Und hat vom Ziel der Reise kein Begriff. Das Rätsel löste man mit einem Kniff! Stattdessen fuhr man los ins Ungefähre, Man fraß, anstatt zu speichern, jede Ähre Und hielt für höherwertig auch den Siff. Ich lag an Stränden allzu vieler Meere Und hatte niemand, der mich einmal kniff. Ertränkte ich das Volle in der Leere, Wenn der Klabautermann am schönsten pfiff, Gereichte es den Wellen wohl zur Ehre: Auf ihren Kämmen tanzte dieses Schiff. III Auf ihren Kämmen tanzte dieses Schiff: Ich hatte lang schon jeden Kurs verloren. Aus tiefster Not wird kaum ein Held geboren, Nein, meist ein Feigling, auf den jeder pfiff. Nicht immer half die Flucht als letzter Kniff. Die Götter hatten sich doch längst verschworen Die rauen Wetter hatten sie dazu erkoren, rauen weglassen Dass selbst letzte Mensch sehr schnell begriff, dasss selbst der letzte Mensch Worum es ging, wenn man die Meere schwebte. War da der Kompass irgendwann abhanden, Verfehlte man das Ziel, zu dem man strebte. Ich stand allein da, und die Sinne schwanden, Als unter mir das Schiff beim Krängen bebte: Es wollte und es konnte nirgends landen. IV Es wollte und es konnte nirgends landen. Die Wellen wurden flacher, Böen schwächer, Ein Hai zog weite Kreise als ein Rächer Und Warner, habe ich sehr schnell verstanden. Ich dachte an die Zeit, als wir empfanden, Die Welt gehörte uns: Wir waren Zecher, Wir tranken alles bis zum letzten Becher, Bis wir uns in Verliesen wiederfanden. Ich stieg hinauf zum Ausguck, es war Flaute. Man sah nur Wasser, nichts von fernen Landen, Soweit man auch die Horizonte schaute. Es wollte eine Möwe bei mir landen. Auf einmal schien’s, dass sie sich nicht mehr traute: Der Wind kam auf, als mir die Sinne schwanden. V Der Wind kam auf, als mir die Sinne schwanden. Halb wach konnt ich das stete Schwanken fühlen, Die Winde, die mich wiegten, mit den kühlen Und feuchten Böen. Zeit kam mir abhanden, Der Tag wurde zur Nacht, und Sterne standen Das Taglicht wurd zur Nacht Und malten mir das Kreuz des Südens. Fühlen War, was ich suchte, doch des Lebens Mühlen hier noch ein bisschen graderücken Vermahlten alles, und sie ließen es versanden. Die Wanten klatschten, und die Fische sprangen. Was nicht gewesen war, war jetzt doch wahr. Ich konnte mit der Hand mir Silber fangen, Das über mich so schnell geflogen war. Dann war der Wachtraum aber schon vergangen: Es war die Zeit, in der ich klar begriff. VI Es war die Zeit, in der ich klar begriff, Dass Reisen meist nur eines war: ein Flüchten, Ein Fallen aus dem Alltag, zu den Süchten, Das mit dem hehren Ziel war bloß ein Kniff. Die allermeisten Fahrten endeten am Riff. hier: die meisten Fahren Das Wellenraunen ähnelte Gerüchten, Die in uns falsche Lebensbilder züchten. Die Ozeane querte ich auf einem Schiff, : Per Schiff Die Mannschaft war gebildet aus den Träumen. Der erste Offizier, der bei acht Glasen pfiff, das "erste" weglassen Ließ Decks und die Quartiere plötzlich räumen: Es muss ein Ende sein, rief er, mit Dreck und Siff. er rief es muss ein Ende sein mit Siff Und die Erkenntnis ließ sich nicht versäumen, Dass es nichts nutzte, wenn man feige kniff. VII Dass es nichts nutzte, wenn man feige kniff, War eine Binsenweisheit, die nichts brachte. Die Mannschaft, die an Deck grad Ordnung machte, Gab meinem Schiff den allerletzten Schliff. Der Ausguck wackelte, und ich nahm einen Sniff Vom Kokain, das machte, dass ich lachte, Die Welt bekam den Glanzanstrich, und sachte hier vielleicht: aber sachte Glitt ich den Mast hinunter. Als ich mich vergriff. Fiel ich ins Leere und schlug auf die Planken. fiel ich ins Leere auf die glatten Planken Der Schmerz war Antwort auf das harte Landen. Ich sah die Träume sich nach oben ranken, Und hatte nichts und niemand mehr verstanden. Die Masten würden sich vielleicht verschlanken: Ein Unglück würde niemals nur versanden. VIII Ein Unglück würde niemals nur versanden, Erkannte ich und kettelte den Riss In meinem Glauben, als ein Möwenschiss Mich wissen ließ, ich wär nicht von den Granden, Ich wäre eher einer der Probanden, Die der Versuch und auch der Irrtum biss, Die allseits man als Tierversuch verschliss, Weil sie, wohl Zufall, an der Stelle standen. Ich wälzte mich voll Ekel in den Schatten. Der Schiss begann rasch fürchterlich zu stinken, Den meine Freunde für mich übrig hatten. Es schien die Zeit, mich hier jetzt auszuklinken. Doch Selbiges ging nicht so leicht vonstatten: Es würde unter Dünen nicht versinken. IX Es würde unter Dünen nicht versinken. Es würde vielmehr mit dem Sandberg wandern, Die Küste lang von Hamburg bis nach Flandern. Es war mir klar, dass diese Bilder hinken. Am Horizont sah ich die Lichter blinken. Die Augen hüpfen hin und her. Mäandern Die Hoffnungen? Kommt diesmal eins zum andern? Es war, als würden sich von selbst die Karten zinken – "es war" weglassen Am Spieltisch mit Klabautermann und Hein: Wenn sich Versagen und das Unglück paaren, Dann musste ich da immer mittenrein. Sie soffen Rum und danach alten Klaren. Das schlimmste Schicksal war amEnde mein: Ich wachte auf mit Gischt in meinen Haaren. X Ich wachte auf mit Gischt in meinen Haaren. Der Sturm erweckte mich, die Wellen rauschten, Und Segel blähten, schlugen hart und bauschten, Der Sturm war scharf aus Nord in uns gefahren. Wir kreuzten im Atlantik. Die Kanaren Verschwanden rechts von uns. Die Ohren lauschten, Als sich die Richtungen wie wild vertauschten Und Spunten wimmerten wie die Fanfaren. Ich wollte stehen, doch ich musste fallen. Das Barometer musste schneller sinken, Als je zuvor. Wie lautes Peitschenknallen Zerhieb die Takelage Licht und Blinken. Vor Müdigkeit begann ich leis zu lallen, Verwünschte diesen Tag und müsste trinken. XI Verwünschte diesen Tag und müsste trinken: Der Möwenschiss war durch den Guss zerflossen, Das Schiff im Sturm schnell auf und ab geschossen; Den Hein sah ich im Blitzschlag achtern hinken Und den Klabautermann von Weitem winken. Er schien bei sich sein und fröhlich unverdrossen "sein" weg. Die Suppe anzurührn, als sich ergossen Der Monsterbrecher drei – ich rief: Wir sinken!, Als sich ein Wal vor uns erhob. Er blies Fontänen in die Luft, die gülden waren. War er es, dass man mich am Leben ließ? Es war mein Schicksal, dieses Meer zu fahren. Der Kiel glitt über Stein und Sand und Kies. Die Wolken machten Platz dem Dunkelklaren. XII Die Wolken machten Platz dem Dunkelklaren, Das Donnern fiel auf einmal rasch zusammen. Ich fühlte plötzlich mich, den schweren, klammen Und rauen Stoff, aus dem die Hosen waren. Wir Menschen pflegen seltsames Gebaren, Wenn Höllen sind durchlitten samt dem Flammen, Die doch in Wahrheit aus dem Innern stammen. Es waren Glücksmomente, von den raren, Die man geschenkt bekam wie aus dem Nichts. Die Sonne schien, und ich begann zu stinken, Ich fühlte Salz an jedem Fleckchen des Gesichts. ich fühlte Salz im gänzlichen Gesicht Des Schicksals Mantel schenkte mir ein Winken Und aus dem Schatz des Glücks ein Strahl des Lichts Dem Sternenhimmel, in dem Sonnen blinken. XIII Dem Sternenhimmel, in dem Sonnen blinken, War Kälte eigen, endlos Unbarmherzigkeit. hier noch eine Kleinigkeit Ich hatte mich geübt und war bereit. Der Raum war weiß, mit Türen ohne Klinken. Mein Schatten wollte in der Wand versinken Und mit ihm mit mein Sein und alle Zeit. Ich schnitt aus meinem Mut mir Kraft und Kleid Und wollte meine Rüstung grad verzinken, Als diese Träume platzend mich befreiten. Ich wollte lieber Sturm und Meer befahren, Durch Sand und Wüsten auf Kamelen reiten, Als Mäuschen sein am Hof von einem Zaren. Es waren Leid und Schmerz, die uns begleiten, Die uns von falschen Wegen oft bewahren. XIV Die uns von falschen Wegen oft bewahren, Sind Freunde, das Gelernte und Verstand. Gefahren wurden viel zu spät als sie erkannt, Wenn Blindheit und die Wut am Steuer waren. Das Ritterheer verlor. Der Sieg war den Tartaren. Das Leichte, das das Schwere locker überwand, das Leichte, Schweres locker überwand Es war der schnellen Klugheit nah verwandt: Die Ritter starben fürchterlich in Scharen. Jetzt, als ich’s wusste, war die Schlacht geschlagen. Und als ichs wusste war die Schlacht geschlagen Ich hatte das Prinzip zu spät verstanden. Jetzt blieben fast nur Scherben neben Klagen. Mein Glück sah ich mit Sturm und Drang versanden. Mit mir auf dieser Insel wohnten Fragen: Ich stand am Strand, die Welt kam mir abhanden. XV (Meistersonett) Ich stand am Strand, die Welt kam mir abhanden. Die Wellen balzten lüstern um das Riff. Auf ihren Kämmen tanzte dieses Schiff: Es wollte und es konnte nirgends landen. Der Wind kam auf, als mir die Sinne schwanden. Es war die Zeit, in der ich klar begriff, Dass es nichts nutzte, wenn man feige kniff: Ein Unglück würde niemals nur versanden, Es würde unter Dünen nicht versinken. Ich wachte auf mit Gischt in meinen Haaren, Verwünschte diesen Tag und müsste trinken. Die Wolken machten Platz dem Dunkelklaren, Dem Sternenhimmel, in dem Sonnen blinken, Die uns von falschen Wegen oft bewahren. Wirklich sehr gerne gelesen. Beste Grüße Palomino |
30.05.2021, 18:22 | #7 | |
Zitat:
vielen dank für die große zeitinvestition in meinen sonettkranz. ich habe ihn - anregt dadurch - nochmals durchgearbeitet. einige fehler hatte ich schon ausgebaut. manche meiner lösungen weichen von den vorschlägen etwas ab. lg W. |
||
30.05.2021, 18:25 | #8 | |
Zitat:
|
||
31.05.2021, 11:45 | #9 |
abgemeldet
|
perfect Walther - besser als ein toter November...und graupelgestalten
|
31.05.2021, 11:54 | #10 |
lb ralfchen,
danke dir. die einen können lyrik schreiben. die anderen glauben das nur. schlimm sind die, die nicht dazulernen wollen. es nicht zu können, aber besser werden zu wollen: die sind mir am liebsten. und die, die es schon können, aber trotzdem iimmer noch ein scheibchen drauflegen wollen, weil man nie auslernt. die sind mir die zweiliebsten. lg W. |
|
Lesezeichen für Wellen. Wellen. (Sonettkranz) |
|
Ähnliche Themen | ||||
Thema | Autor | Forum | Antworten | Letzter Beitrag |
Wellen | Vers-Auen | Sprüche und Kurzgedanken | 0 | 26.02.2021 01:48 |
Wellen | Schmuddelkind | Gefühlte Momente und Emotionen | 4 | 04.02.2020 16:57 |
Wellen | Gotenkönig | Düstere Welten und Abgründiges | 0 | 16.11.2019 14:26 |
Die Wellen | Thomasu.Theresa | Zeitgeschehen und Gesellschaft | 3 | 18.10.2013 15:10 |
Wellen | Sombra di Nova | Tanka-, Haiku- & Senryu-Gedichte | 0 | 22.07.2013 20:37 |