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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten. |
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26.07.2022, 00:34 | #1 |
Tarantella lycosa
Spinnenweben, feinste Seide. Augen auf der Lauer. Vibrationen, hilfeschreie, klebriges Gemäuer. Leise, leise - horch der Stille, atme weise. Krümmt dein Leib sich, kleine Amme, arme Meise? Leise, leise - voller Leben endet hier nur, deine Reise. Immer leiser, heiser - weine. Gift durchströmt die Herzvorkammer. Blut wie Samt und Fleisch wie Seide, todgeweihte. Augen, sie verschwinden leise. Meine tanzen still auf dir und reisen leise. |
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26.07.2022, 09:23 | #2 |
Dabei seit: 10/2006
Ort: Reimershagen in Mecklenburg-Vorpommern, Nähe Güstrow
Beiträge: 7.879
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Moin, moin!
Der Musikliebhaber, und ich zähle mich zu dieser Sorte Menschen, hört beim Wort "Tarantella" entweder die von Rossini (La danza) oder Millöckers "Anzoletto sang Komm, mia bella" und merkt erst beim zweiten Hingucken, dass es sich um die Namensgeberin des wilden Tanzes handelt. "Wie von der Tarantel gestochen", sagt man manchmal und macht sich keine richtige Vorstellung von den Auswirkungen des Giftes dieses Spinnentiers. Müsste es hier nicht heißen "..nun..." und Komma weg? (voller Leben endet hier nur, deine Reise.) Gern gelesen und anschließend die Wände abgesucht. Liebe Grüße, Heinz |
29.07.2022, 08:00 | #3 | ||
Hallo Heinz
Zitat:
Zitat:
Solange sie etwas zu bieten haben und manchmal ist da dieses ganz gewisse Augenpaar, das auf ihren Körpern reist. Zumindest im nicht oberflächlich betrachteten Teil. Vielen Dank dass du den Text unter die Lupe genommen hast, ich hoffe meine Antwort war dementsprechend aufschlussreich. Ich fand deine Anmerkungen zum Text sehr interessant. Lg Mono |
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30.07.2022, 12:43 | #4 |
abgemeldet
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Hallo Mono,
interessanter Stoff, auf jeden Fall ich stimme dem Opera-Buffa- und Operettenfan Heinz gerne zu, das ist wieder Mal ein sehr feiner Text, erinnert mich schon rein optisch ein wenig an eine sehr sophistizierte Vasen-Form. Der spielerisch affirmierende, klangbasierte Duktus kontrapunktiert die eigentliche Grausamkeit der Prozessur und öffnet damit das Tor in eine aus unserer Perspektive wohl neurotisch anmutende Welt, wobei die eigentliche Phobie, die wir mit einer Todesspinne wohl in Verbindung bringen (Spinne laut Freud ja sowieso das Phobien-Symbol schlechthin), fetischisiert wird. Klanglich auch sehr spannend, viele weiche „s“- und „d“-Laute vor einem „ei“. Ich meine hier mal irgendwo von dir gelesen zu haben, ein großer Rilke-Fan zu sein, in dieser Hinsicht merkt man das schon mal. Auch wenn bei dir freilich mehr die Versenkung ins Phobische im Vordergrund, steht, erinnert mich dein Gedicht übrigens ein wenig an Benns „In Memoriam Höhe 317“, wo die Spinnenmetapher mit ihren diskursiv konnotierten Phobien zur Veranschaulichung von traumatischen Erfahrungen von Kriegsüberlebenden funktionalisiert wurde. Auf den Bergen, wo Unbekannte nachten nicht auf Sarg und Stroh Opfer aus den Schlachten -: wie die Stunde rinnt, spürst du's nicht im Ohr - eine Spinne spinnt Netze vor das Tor. Auf den Bergen, die Art von Leben tragen, dass man schauert, wie nah die Quellen lagen, wie die Stunde rinnt, spürst du's nicht im Ohr - von den Bergen rinnt, spinnt ein Ascheflor. Ach, dem Berge, den Frucht und Sommer kränzt, ist nicht anzusehn all das Ungeglänzt, wie die Stunde rinnt, spürst du's nicht im Ohr wie vom Berg im Wind schluchzt ein Schattenchor. Als Benn-Fan musste das mal sein. ^^ Gern gelesen (is auch ein Fav für mich), liebe Grüße |