(K) eine Beziehung

[DieSilbermöwe]

Anita und Andrea wurden im gleichen Jahr geboren, lernten sich im Kindergarten kennen und waren in der Grundschule die besten Freundinnen. Das setzte sich fort, als Anita auf die Realschule und Andrea auf das Gymnasium kam. Anita hatte zuerst einen festen Freund. Sein Name war Gerhard. Andrea verliebte sich in ihn. Sie behielt diese Liebe für sich. Es würde nichts bringen, dies herauszupousanen, dachte sie. Niemandem wäre damit gedient, am wenigsten ihr selbst. Andrea hatte auf eine Beziehung so gar keine Lust. Sollte Anita doch die Arbeit machen. Sehr zupass kam Andrea, dass Gerhard, obwohl in fester Beziehung, gerne flirtete. Küsschen hier, Küsschen da für andere Mädchen, in Anitas Beisein natürlich. Andrea erhielt körperliche Nähe ihres Angebeteten, ohne etwas dafür tun zu müssen. Schöner konnte eine Beziehung gar nicht sein. Andrea musste sich nicht mit Kompromissen und Meinungsverschiedenheiten herumschlagen. Das war Anitas Aufgabe.

Dummerweise durchkreuzte nach zwei Jahren in dieser Konstellation ein anderer Junge Andreas Pläne. Patrick himmelte Andrea an, lud sie zum Tanzen und zum Essen ein, und Andrea ging mit, weil sie nichts anderes zu tun hatte. Obwohl sie es gar nicht wollte, löste Patricks Bild das von Gerhard in ihrem Kopf ab. Sie dachte weniger an Gerhard und sehnte sich weniger nach ihm. Und als Patrick sie endlich küsste, fiel ihr ein Spruch ein: „Der Himmel hing voller Geigen."
Nach diesem Kuss veränderte sich alles. Das Leben und die Liebe wurden anstrengender. Es gab niemanden mehr, dem Andrea Beziehungsarbeit hätte überlassen können. Wie ärgerlich, das selbst erledigen zu müssen! Es ging schief. Nach einem halben Jahr beendete Patrick die Beziehung.
Und Anita beschloss, nie wieder eine Beziehung einzugehen, wenn sie sich verlieben sollte. Wie schön und sorglos war das Leben früher gewesen...

[Andri]

Liebe Silbermöwe,
man sagt heutzutage ja gerne "Arbeit" zu unseren Lebensinhalten. Trauerarbeit, Beziehungsarbeit..., diese grässlichen Begriffe. Ich habe mich bei deiner Geschichte gefragt ob es wirklich Mädchen (oder auch Jungs) gibt die so denken und fühlen. Es ist jedenfalls ein sehr interessantes Gedankenspiel und in eine gut vorstrellbare Szenerie gepflanzt. Man kennt natürlich beziehungsfreien Sex, aber das ist es hier gar nicht.
Etwas unglücklich die Namen, ich musste drei mal den Anfang lesen wer jetzt welche ist.

Liebe Grüße,
Andri

[DieSilbermöwe]

Lieber Andri,

danke für deinen Kommentar. Das mit den ähnlichen Namen war Absicht - um dem Leser ein bisschen mehr Aufmerksamkeit anzuverlangen, weil die Geschichte ziemlich lakonisch erzählt ist.
Ob es wirklich Leute gibt, die so denken und fühlen ... ja davon bin ich überzeugt, aber das war gar nicht der Punkt. Der Punkt war, wieviel glücklicher man sein kann, wenn man sich keinen Kopf um eine Beziehung machen muss, weil man sie gar nicht beeinflussen kann.

LG DieSilbermöwe

[Mohrel]

Zitat von DieSilbermöwe

Der Punkt war, wieviel glücklicher man sein kann, wenn man sich keinen Kopf um eine Beziehung machen muss, weil man sie gar nicht beeinflussen kann.

sehr viel glücklicher, würde ich sagen, wenn man erst mal anfinge, sich generell keinen allzu großen Kopf zu machen

Diese kurze Geschichte hat mich zunächst ein wenig irritiert, zumal auch dein Schreibstil ganz anders wirkt. Und dann musste ich sie nochmal lesen.
Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass sie aus der Sicht einer (vielleicht) 13Jährigen erzählt ist. Ein vorsichtiges Herantasten an (k)eine Beziehung, innerhalb sicherer Grenzlinien, die man ohnehin nicht überschreiten will.
Mit all den Gedanken, die man sich macht, den großen Worten 'Beziehung', 'Beziehungsarbeit', 'nie wieder' , und mit einem Kuss, der das ganze Leben verändert.
Kommt gar nicht so selten vor
(Heutzutage wahrscheinlich sogar schon Jahre früher, als noch vor ein paar Jahrzehnten.. )

Gerne gelesen!

Liebe Grüße

[DieSilbermöwe]

Liebe Mohrel,

freut mich, dass du die Geschichte nach anfänglicher Irritation doch gerne gelesen hast.

Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass sie aus der Sicht einer (vielleicht) 13Jährigen erzählt ist.

Könnte ungefähr hinkommen, denn Andrea und Anita kommen beide auf die weiterführende Schule.

zumal auch dein Schreibstil ganz anders wirkt

Da hast du recht. Im Moment habe ich keine Lust mehr, so zu schreiben wie früher. Ich weiß allerdings noch nicht, ob es so besser ist, ich wollte mal etwas anderes ausprobieren.

Danke für deinen Kommentar!

LG DieSilbermöwe

[Kattze]

Eine Geschichte aus dem Album des Lebens. Kurz und nachvollziehbar. Berührend, weil ich „sie“ auch hätte sein können.