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05.02.2024, 16:01 | #1 |
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Trinklied für Annemarie
1.
Neulich sagte meine Frau mir, dass sie sich scheiden ließe, denn ich sei schon morgens blau, falls ich aufzustehn beschließe. Ich sei keine Hilfe ihr, sei ein Klotz am Bein, zocke, kiffe, trinke Bier und kauf niemals ein. Refrain: Sei nicht bös, Annemarie, sei nich bös, Weil nur der Tod, Haselmausi, unsern Bund löst! Schau nicht nach vorn, Annemarie, schau mich an! Denn du musst tun, was ich dir sag, ich bin dein Mann! 2. Neulich sagte meine Frau mir, dass sie die Wohnung kündigt, weil ich feier wie die Sau. (Hab mich auch am Hund versündigt) Ich geb keine Kohle ihr, sei ein Stein am Hals, zocke, kiffe, trinke Bier und Whisky aus Malz. Refrain: Weine nicht, Annemarie, weine nicht, denn sonst schlag ich Dich morgen früh ins Gesicht! Schau nicht nach vorn, Annemarie, schau zurück! Denn nur bei mir, Hasenpupsi, liegt Dein Glück! 3. Neulich kam die Polizei, mich aus meinem Bett zu schmeißen, weil ich ein Nomade sei - na, das muss ja nicht viel heißen. Ich sei nicht mehr Mieter hier, schrien sie mich an. Alles leer, gab auch kein Bier! Ach, ich armer Mann! Refrain: Wo bist du, Annemarie, wo bist du? Ohne Dich, Puschelmuschi, find' ich keine Ruh! Komm zurück, Annemarie, komm zurück! Denn nur bei mir, Haselmausi, liegt Dein Glück! Unter der Brücke in meinem Arm - da liegt Dein Glühühühüüüüüück! |
05.02.2024, 16:38 | #2 | |
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Zitat:
Neulich sagte meine Frau mir, dass sie sich scheiden lasse, [nichtwörtliche Rede, Konj. I] denn ich sei schon morgens blau, falls ich aufzustehn beschlösse. [Möglichkeitsform, Konj. II] Außerdem stimmt die Zeitenfolge bei Zeilen zwei und drei nicht. Das Wörtchen "mir" ist überflüssig, es stört den Rhythmus. |
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05.02.2024, 19:13 | #3 |
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Hallo Ilka-Maria,
danke für Dein Feedback. Es ist ein bisschen gemogelt, das stimmt. Man kann aber auch "Weil ich nie die Blumen gieße" oder irgendwie so was hin reimen. Scheiden lasse/ trübe Tasse. Ich bin da selber noch nicht so wirklich glücklich, aber es geht ja darum, Annemarie insgesamt mit meinem Gesang zurückzugewinnen. LG |
05.02.2024, 20:12 | #4 |
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Schlechtes Argument, weil der Kontext fehlt. "Weil ich nie die Blumen gieße", ist kein Konjunktiv. Es wäre völlig korrekt zu schreiben: "Weil ich nie die Blumen gieße, ist klar, dass sie mir eingehen werden." Anders jedoch im Konjunktiv: "Gösse ich nie meine Blumen, gingen sie mir ein."
Lyrik ist nicht nur der Königsweg, sondern der Götterweg der Literatur. Wer sich darauf einlässt, sollte seine Sprache beherrschen und Mogeleien so unterzubringen verstehen, dass sie entweder tolerierbar sind oder nicht bemerkt werden. Ich weiß, dass ich streng bin. Ich weiß auch, dass ich selber nicht perfekt bin und Fehler mache. Das liegt daran, dass der Umgang mit Sprache nicht so einfach ist, wie manche glauben, es sich machen zu dürfen. Da denken viele, man müsse nur alles an Gedankenrülpsern raushauen, was einem in den Sinn kommt, auf Verständnis pochen und im Ernstfall sich auf die Position zurückziehen, Kunst liege im Auge des Betrachters. Dort liegt sie aber nicht. Jedenfalls habe ich noch nie im Augapfel eines Menschen, geschweige denn in seiner Iris oder in seiner Pupille auch nur den Ansatz von Kunst gesehen, außer derjenigen, die Natur durch die Entstehung des Auges geschaffen hat. Das muss man mal nüchtern entgegenhalten. |
05.02.2024, 20:32 | #5 |
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Hallo nochmal und danke fürs Feedback. "Meine Frau sagt, sie lasse sich scheiden, weil ich nie die Blumen gieße" wäre indirekte Rede und Tatsache. Oder weil ich ihr den Tag verdrieße. Da wird mir schon noch was einfallen.
Irgendwie mag ich hingefriemelte Mogeleien und umgangssprachliche Fehlleistungen, sie erheitern mich, auch bei anderen Autoren. Der wahre göttliche Funke ist ja der Humor und den sehe ich schon in so manchem Auge blitzen. Kunst - das gibt es gar nicht wirklich. Es gibt nur Handwerk und Talent. LG |
05.02.2024, 20:54 | #6 | ||
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Zitat:
Deutsch Sprak, schwer Sprak. Zitat:
Kunst gibt es nicht wirklich? Da scheinst du auf eine dünne Planke gesprungen zu sein. Aber ... errare humanum est. Ich möchte jedenfalls mal jemanden sehen, der ein Papierbötchen für den Rinnstein gebastelt hat (eine immense Errungenschaft, zugegeben ... zumindest für einen Dreijährigen), es aber mit einem Leonardo da Vinci aufnehmen könnte. Kunst ist nämlich nicht nur Handwerk, nicht nur Kenntnis des Farbmischens und zu wissen, wo in einem Bild der Fluchtpunkt ist, oder wie man ein klassisches Theaterstück aufbaut, ein Drehbuch schreibt, eine Figur glaubhaft darstellt, tänzerisch eine Geschichte erzählt, sondern Kunst ist, seiner Zeit vorauszudenken und neue Impulse zu schaffen. Kunst ist, den Menschen etwas zu zeigen, was sie bis dahin noch nie gesehen hatten. Davon sind wir hier, auf unserem Hobby-Narrenschiff, weit entfernt. |
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05.02.2024, 23:02 | #7 |
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Ich glaube, Du siehst das alles viel zu dramatisch, liebe Ilka. Damit entmutigst Du Dich und andere. Jeder kann etwas schaffen, das die Welt noch nie gesehen oder gehört hat. Viele Werke haben diese Differenzqualität und oft ist diese Qualität ein Augenzwinkern.
Die Ursache von Differenzqualität ist eine Kombination aus Handwerk und Talent. Jetzt kann man das "Kunst" nennen. Ursprünglich ist das ein magisches Wort. Wer einer Kunst mächtig war, entzog sich dem normalen Handwerkerstand durch seine besondere "göttliche" Begabung/ Gabe. Der Handwerkerstand ist aber Basis für die Höherqualifikation zum Künstler. Wir alle sind nur semigenial, sonst wären wir nicht hier, aber wir können voneinander lernen und uns verbessern. Grammatik war nie mein Ding, da bin ich mehr Fisch als Ichthyologe, darum danke ich Dir sehr für Deine Ausführungen. LG |
05.02.2024, 23:37 | #8 | ||
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Zitat:
Jeder kann etwas schaffen ... vielleicht. Das bleibt Theorie, denn es gibt keinen Beweis. "Jeder" hat ihn nämlich nicht geliefert. Zitat:
Göttliche Begabung ... ich lach mich tot. Schau mal in die Geschichte, wieviele Juden, durch Familienrabbi geschult und hochgebildet, an Königs- und Kaiserhöfen als Berater fungierten, wieviel Sprachen sie draufhatten usw. Vor der Genialität steht nämlich die Bildung. Und was hat man mit diesen Hochgebildeten, Hochbegabten gemacht? Man hat sich ihr Wissen zunutze gemacht und sie hernach gehenkt, massakriert und vergast. Neid und Minderwertigkeitsgefühle sind ein starkes, nicht zu unterschätzendes Motiv. Das wurde in dem Film "Schindlers Liste" eindruckvoll ins Bild gesetzt, als eine jüdische Architektin, die mit gutem Rat zu dienen meinte, vom Lagekommandanten liquidiert wurde. Talent ohne Schulung kommt niemals zum Tragen. Es landet in der Gosse. Nur Bildung vermag Talent zu entdecken. Die Erzählung, dass Talent, wie weit auch unbedarft und von Gott gegeben, nur um die Ecke kurven müsse, um die Welt zu erobern, ist eine Illusion. |
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06.02.2024, 00:34 | #9 | |||||||
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Zitat:
Zitat:
//google nonviolent communication Zitat:
Zitat:
Begabung kommt von Gabe, die wird von Gott/Muse/Universum vergeben, das ist so die Wortherkunft. Ich rede nicht von Gott_OR_fake, sondern von Wortherkunft an der Stelle. Zitat:
Zitat:
Zitat:
Namaste |
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06.02.2024, 09:55 | #10 |
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"Talent" gibt es nicht. Es gibt nur die Ausdauer, das zu tun, was man tun möchte, und dafür notfalls zu leiden. Ob die Nachwelt später ein "Talent" daraus macht, ist nur eine Wertung, eine Benotung. Vielleicht auch ein Wirtschaftsfaktor, wenn man bedenkt, zu wievielen Millionen ein Gemälde von van Gogh hochgejubelt wird - einach obszön.
Heute brauchst du gar kein "Talent" mehr (was immer das sein mag), um dich als Künstler auszuweisen. Du brauchst Action. Schmeiß aus zwanzig Metern Entfernung Farbe und geschredderte Partikel auf einen Untergrund - Leintuch, Betonmauer, Holzwand, was auch immer -, und schon kannst du sagen: "Ich habe mich ausgedrückt, und deshalb bin ich ein Künstler." Talent? Sofern vorhanden, stopf es in die Tonne, mache einen youtube-Kanal auf und lass die Leute zusehen, wie du aus zwanzig Metern Entfernung mit Farbe und Abfall herumkleckst. Die Klicks werden dir sicher sein. |
06.02.2024, 12:18 | #11 |
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Es gibt schon Talent. Mein Bruder kann jedes Lied, das er einmal gehört hat, nachspielen oder pfeifen und ich kann das nicht. Mein Bruder ist musikalisch begabter. Ich hingegen kann jedes Gesicht, das ich einmal betrachtet habe, aus dem Gedächtnis zeichnen, das kann mein Bruder nicht. Da fehlt ihm das Talent.
Mein Bruder ist auch viel geschickter mit seinen Fingern. Wir haben beide gleichzeitig angefangen, Gitarre zu lernen. Er konnte es nach einer Woche, ich kann es immer noch nicht. Aber wenn er ein Bild malen soll, dann muss er Farbbeutel werfen, weil das auch nicht besser aussieht. Aktionskünstler schaffen einen Diskussionsraum für uns. Aktionskunst ist zuerst einmal vergänglich. Kann man mit Theater vs. Film vergleichen oder Live-Konzert vs. Schallplatte. Es geht nicht so sehr um die Farbe auf der Leinwand, sondern um das Werfen der Farbbeutel oder um den Ausdruckstanz (...) und vor allem geht es um Interaktion mit dem Publikum. Die Kunst besteht darin, mich als Kunstkonsumenten zu unterhalten. LG |
06.02.2024, 13:15 | #12 |
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So wie du definiere ich weder Talent noch Kunst. Jeder Mensch kann etwas Bestimmtes besser als ein anderer, und in den meisten Fällen findet er das auch heraus. Talent und künstlerische Hochbegabung kann man nur feststellen, wenn man Menschen im gleichen Sujet vergleicht. Es gibt eine Menge Künstler, deren Werke lausig sind, aber nur ganz wenige, die Herausragendes geschaffen haben. Ein Til Schweiger wird immer ein Hampelmann vor der Kamera bleiben, Laurence Olivier und Orson Welles hingegen unbestritten zu den unerreichten Titanen ihrer Kunst zählen. Das macht den Unterschied.
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06.02.2024, 14:59 | #13 |
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Natürlich kann jeder Mensch seinen eigenen Geschmack verwenden, um Kunst zu definieren, aber wenn man schlechter Kunst abspricht, Kunst zu sein, legt man die Messlatte zu hoch.
Es gibt ja eigentlich nur zwei Arten von Kunst, nämlich Kunst, die für den Rezipienten hergestellt wird und Kunst, die der Künstler für sich selbst herstellt. Manche erkennen nur die zweite Art überhaupt als Kunst an. Andere unterscheiden nicht so stark zwischen Kunst und Unterhaltung und wieder andere reagieren sogar emotional, wenn ein Werk zu produzentenorientiert ist. Wir erleben das gerade mit Harry und Meghan, deren Versuche, in der Unterhaltungsbranche Fuß zu fassen, daran gescheitert sind, dass sie Kunst (oder besser: Content) für sich selbst erschaffen. Sie sind zu narzisstisch und deshalb nicht erfolgreich. In dem Moment ist es auch keine Kunst mehr, sondern bloße Selbstdarstellung und das funktioniert nur mit Freaks und nicht mit Prinzen. Von daher glaube ich an die gesunde Mischung aus Volksunterhaltung und Selbstdarstellung. Ich als Person bin nicht so interessant, aber ich bin vielleicht unterhaltsam. Meine Kunst ist so etwas wie ein Tontopf. Manche machen bessere Töpfe, viele machen schlechtere Töpfe, aber ich kann davon leben, was soll's. Klar würde ich gerne eine Fernsehserie über mich selbst drehen und damit reich werden, aber das wird einfach nicht passieren. Ich muss Content erschaffen, um zu überleben, denn leider bin ich nicht hässlich genug, dass die Leute Eintritt zahlen würden. LG |
08.02.2024, 08:53 | #14 |
Dabei seit: 05/2021
Ort: Sundern
Beiträge: 19
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Danke für dieses morgendliche Amusement!!
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08.02.2024, 09:11 | #15 |
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Lesezeichen für Trinklied für Annemarie |
Stichworte |
alkohol, eheprobleme |
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