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Alt 28.11.2022, 18:18   #1
weiblich DieSilbermöwe
 
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Standard Mord am Swimmingpool*

*In Anlehnung und inspiriert von Ilkas Geschichte „Der Ruf der Eule" und mit ihrer freundlichen Erlaubnis

Die Party war vorbei. Richarda stand am Rand des Swimmingpools, starrte auf Jürgens Leiche, die auf dem Boden des Swimmingpools lag und versuchte, die letzte halbe Stunde der Party zu rekonstruieren. Alle bis auf Heinrich waren schon gegangen.
„Das haben wir gut gemacht", grinste er.
„Meinst du?"
„Sicher. Keiner hat was gemerkt."
„Und Ella?"
„Die habe ich schon vor einer Stunde heimgeschickt. Sie klagte über Kopfschmerzen."
„Bei mir fangen sie auch an." Richarda rieb sich über die Schläfe. „Sie weiß nichts von uns?"
Heinrich schüttelte den Kopf.
„Und wie geht es jetzt weiter?"
„Du gehst ganz einfach zu Bett, du hast keine Ahnung, was passiert ist. Und ich verschwinde jetzt." Er küsste sie flüchtig auf die Wange. „Und ruf mich auf keinen Fall an! Die Polizei darf keine Lunte riechen."

Richarda tat wie ihr geheißen, ging zu Bett und tat vor sich selbst so, als sei es ein ganz normaler Abend. Einschlafen konnte sie nicht. Schließlich schluckte sie eine von Jürgens starken Schlafmitteln.
Am nächsten Morgen stand sie wieder am Swimmingpool und starrte auf die Leiche. Als sie die Polizei anrief, hatte sie sich eine halbwegs glaubhafte Geschichte ausgedacht. Vor dem Eintreffen der Beamten betupfte sie sich die Augen sicherheitshalber mit Zwiebelsaft. Es wirkte wahrhaftig Wunder
.
„Hätte ich ihn nur nicht allein gelassen!", schluchzte sie auf die Fragen der Beamten. „Er kann doch gar nicht schwimmen! Aber ich dachte, er ist ja erwachsen...und ich wollte ihm nach der schönen Party auch nicht den Abend verderben. Er sitzt so gerne draußen..." Sie achtete peinlich genau darauf, von Jürgen in der Gegenwart zu reden.
„Mein herzliches Beileid", sagte der Polizist. „In diesen Fall muss eine Autopsie vorgenommen werden. Die Kripo muss hinzugezogen werden. Und die wollen wahrscheinlich wissen, wer alles auf der Party war. Können Sie sich erinnern?"
Richarda nickte unter Tränen. Wenn Heinrich und sie endlich zusammen sein könnten, ohne lästige Ehepartner, würde sie ihm diese oscarverdächtige Vorstellung demonstrieren.

Kaum hatten sich die Beamten verabschiedet, zückte Richarda ihr Handy. Heinrich hatte zwar gesagt, sie solle nicht anrufen, aber sie wollte unbedingt seine Stimme hören. In diesem Moment ging eine SMS ein. Sie war von Heinrich. Verwundert las Richarda den Text: „Liebste Ella!
Du weißt, ich liebe nur dich. Verzeih mir bitte den Seitensprung. Ich werde diese Schlampe nie wiedersehen, du kannst dich darauf verlassen. Sie wird sowieso demnächst eine lange Reise antreten. Für immer in Liebe DEIN Ehemann."
Richarda schaute lange auf ihr Handy, bis ihr dämmerte, was passiert war.
„Du verdammter Schweinehund", flüsterte sie vor sich hin.
Dann wählte sie selbst die Nummer der Kripo.
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Alt 28.11.2022, 20:54   #2
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Na ja ... das Gelbe vom Ei ist das nicht. Wo bleibt die Stimmung? Wo der Aufbau und das Heranführen des Lesers an das Geschehen?

Richarda (ich kenne eigentlich eher den Namen ""Ricarda") steht am Swimmingpool und rekonstruiert die letzte halbe Stunde der Party. Das läuft dem Grundsatz "Show, don't describe!" zuwider.

Heinrichs Frau hat nicht erst seit ihrem morgendlichen Kater Kopfschmerzen, sonderrn schon während der Party und sich bereit erklärt, auf Geheiß ihres Mannes die Platte zu putzen, was ziemlich unglaubhaft ist.

Dann liest Richarda eine SMS von Heinrich, die nicht für sie bestimmt ist, und gesteht seiner Frau (nehme ich an, denn wer Ella ist, geht explizit nicht aus dem Text hervor) unnötigerweise einen Seitensprung, von dem diese vielleicht gar nichts geahnt hat. Falls überhaupt von einem Seitensprung die Rede sein kann statt von einer handfesten Affäre, die einen Mord nach sich gezogen hat.

Die Figuren zeigen null Charaktereigenschaften, sondern bleiben plakativ. Das Motiv für den Mord bleibt im Dunkel, der Hergang des Mordes ebenfalls. Spannungsbogen: null.

Zitat:
„Mein herzliches Beileid", sagte der Polizist. „In diesen Fall muss eine Autopsie vorgenommen werden. Die Kripo muss hinzugezogen werden. Und die wollen wahrscheinlich wissen, wer alles auf der Party war. Können Sie sich erinnern?"
So würde ein Polizist nie reden. Es ist nicht seine Aufgabe, jemandem sein Beileid auszusprechen, schon gar nicht jemandem sein "herzliches" Beileid, der als potentieller Täter in Frage kommen könnte. Es wird auch nicht "in diesem Fall" eine Autopsie vorgenommen, sondern bei Gewaltverbrechen, Unfällen und Opfern aufgrund von Umweltkatastrophen IMMER, wobei die Leichen aufgemacht, vollständig "ausgeräumt", alle Organe in Pfannen gelegt und diese sorgfältig untersucht werden. Beim Sezieren sind der Ermittler und der Staatsanwalt in der Gerichtsmedizin dabei, um möglichst schnell die Ergebnisse zu erhalten, die der Arzt in ein Aufnahmegerät spricht, um sie später dem Protokollanten zu übergeben. Danach werden die Innereien wieder in die Leiche zurückgelegt, der Körper wird verschlossen und zur Bestattung den Hinterbliebenen übergeben.

Die "Story" liest sich nicht wie eine Story, sondern wie eine missglückte Synopsis.

Sorry, Silbermöwe, das hattest du schon besser drauf.
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Alt 29.11.2022, 07:31   #3
weiblich DieSilbermöwe
 
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Zitat:
. So würde ein Polizist nie reden. Es ist nicht seine Aufgabe, jemandem sein Beileid auszusprechen,
Doch, weiß ich aus Erfahrung. Habe aber keine Lust, das jetzt breitzutreten.

Zitat:
. Heinrichs Frau hat nicht erst seit ihrem morgendlichen Kater Kopfschmerzen, sonderrn schon während der Party und sich bereit erklärt, auf Geheiß ihres Mannes die Platte zu putzen, was ziemlich unglaubhaft ist.
Es gibt auch Frauen, die machen, was Ihre Männer sagen. Nicht immer davon ausgehen, wie man es selbst machen würde und dann andere Vorgänge bzw wenn sich jemand anders verhält als man selbst es tun würde, als unwahrscheinlich abstempeln.

Zitat:
. Richarda (ich kenne eigentlich eher den Namen ""Ricarda") steht am Swimmingpool und rekonstruiert die letzte halbe Stunde der Party. Das läuft dem Grundsatz "Show, don't describe!" zuwider.
Stimmt auch nicht. Ich habe ja nicht geschrieben, was bzw. welchen Vorgang sie rekonstruiert und nicht dem Leser direkt erzählt, was abgelaufen ist.

Sicher geht aus der Geschichte hervor, wer Ella ist:

Zitat:
.Sicher. Keiner hat was gemerkt."
„Und Ella?"
„Die habe ich schon vor einer Stunde heimgeschickt.
und weiter unten schreibt Heinrich in der SMS: „DEIN Mann."

Zitat:
. Es wird auch nicht "in diesem Fall" eine Autopsie vorgenommen, sondern bei Gewaltverbrechen, Unfällen und Opfern aufgrund von Umweltkatastrophen IMMER, wobei die Leichen aufgemacht, vollständig "ausgeräumt", alle Organe in Pfannen gelegt und diese sorgfältig untersucht werden.
Ja, genau - bei Unfällen. So wie Richarda es vor der Polizei darstellt, war es ja ein Unfall.

Ob du den Namen Richarda kennst oder nicht, spielt übrigens für das Lesen der Geschichte keine Rolle. Ich kenne jedenfalls den Namen als Frauennamen.

Zitat:
Die Figuren zeigen null Charaktereigenschaften, sondern bleiben plakativ. Das Motiv für den Mord bleibt im Dunkel, der Hergang des Mordes ebenfalls. Spannungsbogen: null..
In einem Kurzkrimi Charaktereigenschaften zu zeigen, ist verschwendete Liebesmüh. Dem Leser geht es um Aufklärung.

Was die Atmosphäre betrifft, ich fand die ganze Beschreibung in deiner Geschichte über den Ruf der Eule am Anfang vollkommen überflüssig.

Außerdem ging es mir im Prinzip darum, zu zeigen, dass man einen Kurzkrimi auch schreiben kann, ohne dass die Figuren sich am Ende gegenseitig erzählen, wie alles abgelaufen ist, obwohl sie es schon wissen und dies deshalb nur dazu dient, dem Leser die Lösung vorzubeten.

Zitat:
. Das Motiv für den Mord bleibt im Dunkel, der Hergang des Mordes ebenfalls. Spannungsbogen: null.
Das Motiv wird erwähnt:

Siehe:
Zitat:
Wenn Heinrich und sie endlich zusammen sein könnten, ohne lästige Ehepartner, würde sie ihm diese oscarverdächtige Vorstellung demonstrieren. .
Was den Hergang betrifft, okay, da hast du recht. Es fehlt, dass die beiden Jürgen ins Becken gestoßen haben.

Zitat:
. Die "Story" liest sich nicht wie eine Story, sondern wie eine missglückte Synopsis.
Möglich. Aber eine Synopsis sollte es ja sein.

Nochmal werde ich das sowieso nicht vorschlagen. Statt deiner Geschichte wird jetzt meine kritisiert. Naja, selbst schuld.

Geändert von DieSilbermöwe (29.11.2022 um 08:38 Uhr)
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Alt 29.11.2022, 08:53   #4
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Zitat:
Zitat von DieSilbermöwe Beitrag anzeigen
Außerdem ging es mir im Prinzip darum, zu zeigen, dass man einen Kurzkrimi auch schreiben kann, ohne dass die Figuren sich am Ende gegenseitig erzählen, wie alles abgelaufen ist, obwohl sie es schon wissen und dies deshalb nur dazu dient, dem Leser die Lösung vorzubeten.
Deswegen kommt bei deiner Geschichte auch nicht der psychologische Aspekt heraus, der mir wichtig gewesen ist, nämlich dass Klara Hennings Märchen geglaubt bat und sich in der Hoffnung auf ein neues Leben mit ihm zu der Tat hinreißen lässt, dann aber von ihm dumm hingestellt und im Stich gelassen wird.

Egal - du wolltest die Story subtiler machen, insbesondere die Dialoge. Sie sind aber leider nur flach. Ich hatte mir mehr erhofft.

Eine Synopsys ist keine Geschichte, sondern eine möglichst kurze Zusammenfassung.
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Alt 29.11.2022, 13:22   #5
weiblich DieSilbermöwe
 
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Ich weiß nicht, was du dir erhofft hast. Ich hatte jedenfalls nicht die Absicht, den Pulitzer-Preis zu gewinnen.

Mir ging es nur darum, dass man die Dialoge auch anders gestalten kann, ohne dem Leser die Aufklärung auf dem Silbertablett zu servieren. Das habe ich gemacht. Wenn du sie flach findest, kann ich das nicht ändern.

Zur Synopsis fand ich, dass dies eine Gegenüberstellung von Texten ist.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Synopsis
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Alt 29.11.2022, 13:47   #6
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Zitat:
Zitat von DieSilbermöwe Beitrag anzeigen
Zur Synopsis fand ich, dass dies eine Gegenüberstellung von Texten ist.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Synopsis
In der Literatur versteht man darunter eine möglichst kurze Inhaltsangabe. Dort gehören z.B. keine überflüssigen Details, Nebenfiguren nur im Ausnahmefall, vor allem aber keine Dialoge hinein, und man schreibt sie im Präsens. Letztere beiden Punkte gelten auch für das ausführlichere Exposé: keine Dialoge, grundsätzlich im Präsens.

Noch kürzer sind Storyline und Prämisse(n) (ein Satz bis maximal zwei Sätze), sie verwendet man i.d.R. zum Pitchen.
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