Ein Traum
Und also standen sie wieder und sie liefen dabei. Und sie sah seinen Schatten, wie er schwankte, unförmig und zittrig, getrieben mehr vom schwachen Mondlicht und den spärlichen Laternen denn von ihr. Und er sah sie, freilich gleichsam nur sanft umrissen und wie in Decken gehüllt, immer den einen Schritt schneller, ihr Schatten vor seinem, ihn mal überlagernd, mal gänzlich erdrückend. Und sie gingen und die Berührungen wären nicht wahrzunehmen, würde sie nicht der Schrecken danach, die unweigerlich sich selbst fordernde Distanz, darauf zustoßen.
Als sie einmal, kaum ihre Wahrnehmung erreichend, zu viel ging durch ihre Köpfe, an einer Brücke liefen, blieben sie stehen. Beide wie auf einen unhörbaren Befehl hin. Sich umdrehend, und auf die schwarze Stille des zuströmenden Laufes hin starrend, legte sich sein Arm um sie. Und er wunderte sich nicht, viel mehr noch begriff er nicht und sie fasste es nicht. Sie fasste IHN nicht. Sie stand und sie fror, ihre zarten Lippen versteinerten und schimmerten bläulich im Angesicht des Mondes. Und sie standen und er hielt sie, sie standen und verstanden nicht. Der Bach rauschte gleichmäßig, das fahle Licht mit sich davon reißend. Unerträgliche Kälte stieg aus ihm wie aus ihnen, längst hatten die sich fremden Münder aufgehört zu schlottern, zu alt, zu kalt waren sie und einander fremd. Da griff er fester, und für einen Moment schien er gerettet, sie geheilt. Dann aber schon ihre Hand, dann wieder die Zweifel, dann alles vergangen.
Als er sich gerade zu ihr umdrehen wollte, war sie schon entzwei, und das Rauschen des Baches schwoll an zu einem lachenden Tosen, das ringsum die Stille und ihn mit sich zerriss.
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