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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen. |
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09.10.2015, 14:20 | #1 |
Dabei seit: 06/2012
Ort: Erstwohnsitz: Der Himmel, ein Schneeweißes Wolkenbett
Alter: 63
Beiträge: 1.722
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In den "Hallen"
Ein Ende Einer Rampe Ein Alptraum Immer noch kein Ende Die einen links Die andren rechts Und ich, in mitten Eines Albtraums Purpurn Gelebte Angst Bei Tag Wie nächtens sich verstärkt bei dem Gebell der Schäferhunde steht meine Liebe Schwanger mein Sohn an meiner Hand ich trage meine Tochter Hell wie alle hier ganz Leichen blass in Deutschlands tiefsten Keller man sagt:" Sie Glauben" Das glaube nicht! Es kommt, dass Gas aus Duschen. Phoenix-GEZ-frei In meiner Halle Herrscht Respekt vor jeder Art Ein Leben In meiner Halle Lerne ich Von allen Arten Was ich niemals vollkommen beherrschen werde. Ein Feuer Das da brennt Aus einer Eiseskälte Bis, ins erste Tauen Ein Erwachen Immer, neues das sich selbst in größter Hitze All zu bald Wieder Mal Verbrennt Heute strahlt mein Herz wie Herbst in Gold Kupfern gelben Bald Schon wieder Leuchtend Saftig grün. |
09.10.2015, 15:45 | #2 |
R.I.P.
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Lieber Phoenerle -
zwei in sich geschlossene Texte, gleichviel wie zwei Seiten einer Münze, die beiden Theatermasken, Janus - zum ersten Text: Schaurig, gut. Geht sehr unter die Haut. (das Gas). Ich habe Gleiches "vertextet". Der zweite bringt leider nicht die erwünschte Erleichterung, dafür ist der erste zu eindringlich. Gern gelesen! Lieben Gruß v. Thing |
09.10.2015, 18:02 | #3 |
abgemeldet
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Hallo,
abgesehen von der Form, gefällt mir die Aussage Deines Textes. Du zeigst, dass trotz des Abstandes von siebzig und mehr Jahren und der dieser Tatsache geschuldeten Überhöhung der allerorten spürbaren Empathie, der Kern des Themas brisanter und aktueller ist, denn je. Der erste Teil versetzt den Leser direkt an die "Rampe". Er ist mitten im Geschehen der Entwürdigung durch den Holocaust. Für mich liest sich der zweite Teil wie ein Gebet, wie der Glaube an die Hoffnung, dass die Würde eines Menschen unantastbar bleibt, dass er sich über die Täter hinwegsetzen kann mit der Hoffnung auf Auferstehung in einer Welt, welche geläutert, die sich abspielenden Tragödien der Geschichte - ob vergangen, oder aktuell - überwunden hat. Ob der Text die Anspielung auf nationale Identitäts-Suche gebraucht hätte, bleibt dahingestellt. Zumindest lese ich sie aus den "Hallen" heraus, oder beziehen sie sich nicht auf Walhall? Für meinen Geschmack konterkariert dieses germanische Element den Bezug zum heutigen Israel, obwohl ich erkenne, dass Du es durch das Thema an sich wohl verbunden siehst. Dennoch stört es mich, außer, Du lässt die Nazi-Schergen in Wallhall geläutert erwachen, aber das ist weit weit hergeholt. Trotzdem sehr interessant, das Teil. finde Geändert von ex findefuchs (09.10.2015 um 20:01 Uhr) |
09.10.2015, 19:39 | #4 |
Hallo, Phönix-GEZ-frei,
ich gehe nur aufs erste Gedicht ein. Die Bilder werden durch die ungewöhnlichen Zeilenumbrüche und Srophenabsätze einander überblendet (deutlich im Vergleich mit einer Prosafassung unten, bei der das verlorengeht). Regelverstöße bei der Orthographie (Groß- und Getrenntschreibung von leichenblass) doppeln die Bedeutung (alle sind schon Leichen und blass). Das Hell/Dunkel lässt eine gespenstische Szenerie und entwurzelnde Atmosphäre entstehen. Man wird magisch in die Momente vor der Vergasung hineingezogen. LG g Ein Ende einer Rampe. Ein Alptraum: Immer noch kein Ende. Die einen links, die andren rechts, und ich inmitten eines Albtraums: Purpurn. Gelebte Angst, bei Tag wie nächtens, sich verstärkt. Bei dem Gebell der Schäferhunde steht meine Liebe schwanger (da). Mein Sohn an meiner Hand. Ich trage meine Tochter: Hell, wie alle hier, ganz leichenblass in Deutschlands tiefsten Keller. Man sagt: "Sie glauben." Das glaube nicht! Es kommt das Gas aus Duschen. Geändert von gummibaum (09.10.2015 um 21:20 Uhr) |
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09.10.2015, 19:49 | #5 |
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@gummibaum: Ja, "man sagt"e, voller Hohn: "sie glauben" und hoffte noch in letzter Sekunde, viele würden schließlich, angesichts der Qual durch das Zyklon B, ihren Glauben verleugnen, man setzte bis ganz am Ende darauf, die Menschen zu brechen.
Viele Individuen haben dennoch, an der im Text gespiegelten Hoffnung auf Überwindung des Unheils und an ihrer Würde festgehalten. finde |
09.10.2015, 20:52 | #6 |
Danke, findefuchs, für diesen Beitrag.
Er schärft das Bewusstsein, wie niederträchtig und teuflisch das Ziel der Täter war und zugleich, welche Herzensstärke manche Opfer hatten. Für die letzteren empfinde ich Hochachtung. LG gummibaum |
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10.10.2015, 00:59 | #7 |
Mein erster Eindruck ist, es sind vielleicht Bilder in diesem Text verarbeitet, die mich allerdings zum größten Teil nicht erreichen.
Negativ fällt auf, dass der Text abgehackt ist. Unter den zu wenigen Worten leidet der Ausdruck, die Poesie, der Lesefluss und im Text öffnet sich ein weiter Raum für Interpretationen durch fehlende Informationsdichte. Viele Dinge kann man nur durch die richtigen Worte, manche auch nicht durch Worte nachempfinden. Die Vermittlung bleibt darüber hinaus natürlich auch immer eine Angelegenheit von Erfahrung, Sensibilität und Bildung. Will man hier das Geschehen im Konzentrationslager beschreiben, wie du es im ersten Teil beschreibst, muss man zur Prosa gehen, die Menschen genauer beschreiben und dann sehr kühl und sächlich den Ablauf, im Brechen von Idealität und Realität spiegelt sich dann die mögliche Empfindungsfläche. So aber bleibt es nichtssagende Oberfläche. |
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10.10.2015, 16:23 | #8 |
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ZURÜCK ZUM TEXT
@Fremder: Du beklagst die fehlende Informationsdichte im vorliegenden Text und dass sich dadurch zu große Interpretationsräume eröffnen. Nun, ich glaube, Lyrik lebt von Verdichtung, die Verdichtung ist die Essenz der Lyrik und es geht ja gerade um das Erspüren des zwischen den Zeilen Liegenden. Die genaue Beschreibung der Szenerie, welche Dir fehlt im Text, käme gar einem Zeitungsartikel gleich. Das kann nicht Sinn von Gedichten sein. Dein Kommentar hat mich erinnert an eine Studie mit Studenten, denen in einer P als Experiment, ein Gedicht zur Interpretation vorgelegt wurde, das nur aus einem Punkt bestand. Sie begannen zu rebellieren und toben, anderntags kamen gar Großeltern (selber Alumni) und Elternteile angerannt, mit Klage-Androhungen, ein riesiger Aufstand begann. Als das Experiment aufgelöst wurde, mit der Bitte, sich einmal in Ruhe auf den Punkt, auf dieses verdichtete Gedicht einzulassen, entstanden auf einmal viele sehr interessante Texte. finde |
10.10.2015, 22:52 | #9 |
Verdichtung ist das keineswegs, denn bei der Verdichtung bleibt das Wesentliche im Werk erhalten und genau das vermisse ich hier. Über Erlebnisse schreiben diejenigen am eindrücklichsten, welche sie erlebt haben. Dann kommt es auch an.
Dein Beispiel mit dem Punkt lässt sich auch auf Teile der modernen Kunstwelt anwenden, die in der Ambivalenz angekommen sind, indem sie alles Anschauliche über Board geworfen, aufgelöst haben. Am Ende bleibt eine graue Fläche oder ein leerer Rahmen oder ein Haufen Papier übrig - nichtssagende Dinge, die eben mit Interpretation bespiegelt werden müssen, um etwas zu bedeuten. Genau das braucht auch dein Punkt. |
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