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Alt 26.02.2012, 21:03   #1
weiblich Haertelfuss
 
Dabei seit: 02/2012
Alter: 28
Beiträge: 5


Standard Eingegangen

Eingegangen

Ich habe viele Pflanzen. Pflanzen sind schön.
Sie wachsen auch im größten Gefängnis.
Wie jeden Morgen nehme ich meine Gießkanne und drehe meine Runde.
Mein Raum, der grüne Raum, ist klein, und fast jede freie Stelle bewohnt eine meiner Pflanzen.
Viele verschiedene Sorten habe ich.
Ich weiß mein Hobby ist ziemlich ungewöhnlich von einem 35 jährigen Mann der im Gefängnis sitzt.
Warum ich Pflanzen so liebe, fragen sie?
Nun, das hat viele Gründe.
Nehmen wir einmal an, Menschen wären wie Pflanzen, dann wäre die Welt ein besserer Ort.
Jede Art hätte sein Territorium und keiner würde den anderen von seinem Platz verdrängen wollen.
Jeder könnte in Frieden wachsen, und sich an seine Umwelt anpassen.
An die Umwelt an passen, das können die meisten Menschen nicht.
Diese Erfahrung habe ich gemacht, als ich noch auf freiem Fuß war und das ist auch der Grund warum ich hier bin.
Setzen sie sich, hier neben der Orchidee ist ein freier Platz, aber seien sie vorsichtig das sie keine Knospen abbrechen.
Damals war ich 27. Ich hatte einen guten Job, ich war Lagermeister beim Hamburger Hafen.
Ich war jung, hatte Freunde und mein Leben lief gut.
Das einzige was mir ab und zu zuschaffen machte, war meine kleine Schwester. Luise.
Seit einigen Monaten hatte sie einen neuen Macker. John.
John war ein dreckiger Kerl, drehte viele krumme Dinger, und spielte mit Frauen wie Karten.
Das dumme war nur das ihm die Frauen glaubten.
Welcher Bruder möchte seine Schwester nicht vor so einem Mann beschützen?
Luise ließ sich aber nicht beschützen. Sie trat aus ihrem gewohnten Umfeld, in die Nähe dieses Kriminellen.
Ich weiß in Anbetracht der Tatsache, da wir uns gerade im Gefängnis befinden, sollte ich so was nicht sagen. Aber das ist nun einmal die Tatsache. Er war ein krimineller und nur auf freiem Fuß, weil er einen verdammt guten Anwalt hatte.
Wie dem auch sei, egal was ich tat um Luise von dem Kerl weg zu kriegen, sie glaubte an die große Liebe. Ich zeigte ihr das der Kerl sie betrügt, ich fand raus das er sie nur anlog und bewies es ihr, ich versuchte ihr mit allen Mitteln die Augen zu öffnen.
Vergebens. Am 27.März. 2009 änderte sie ihren Namen in Luise Klager. Sie heiratete ihn.
Das war der Anfang von allem Übel.
Die Hochzeit war klein und Bescheiden. Da unsere Eltern schon lange gestorben waren, kamen nicht viele Gäste.
Am Abend hat der Typ sich zugesoffen und Luise musste ihn ins Bett bringen.
Ich konnte nicht glauben das der Typ sich so auf seiner eigenen Hochzeit benahm und habe mich tierisch über sein verhalten aufgeregt.
Wohl verständlich in Anbetracht der Umstände?
Luise spielte wie immer alles runter und tat so als würde es ihr nichts aus machen. Wir stritten uns heftig, weil ich ihr vorwarf ihr ganzes Leben weg zu werfen.
Aber sie musste diesen penner verteidigen.
Im Streit gingen wir auseinander.
Die nächsten Monate hörte ich kaum etwas von ihr.
Ich versuchte sie zu erreichen, aber sie ging nicht ran. Immer wenn ich vor der Wohnung von den beiden stand, wies mich John ab, sie sei nicht zu Hause, sie sei krank, sie will mich nicht sehen. Und so weiter.
Zu dieser Zeit hatte ich auch sehr viel Stress auf der Arbeit. Wir konnten uns nicht mehr so viele Mitarbeiter leisten und ich musste oft sehr viele Überstunden machen.
Eines Nachts, als ich völlig erschöpft nach Hause kam und eigentlich nur noch in Bett fallen wollte, klingelte mein Telefon.
Ich ging genervt ran.
Luise.
Sie war total verheult und musste flüstern damit sie John nicht aufweckte.
Sie wollte sich Morgen um 7 mit mir am Hafen treffen.
Okay sagte ich und legte auf.
Ich wusste nicht, was passiert war, aber ich machte mir Sorgen.
Trotzdem konnte ich nicht lange darüber nachdenken, denn schon bald schlief ich tief und fest.
Am nächsten Morgen, traf ich mich mit Luise. Die Sonne war gerade dabei aufzugehen und eigentlich war es für diese Jahreszeit nicht kalt. Trotzdem trug Luise eine sehr dicke Winterjacke und eine Sonnenbrille.
Ich umarmte sie und freute mich sie zu sehen.
In der Lagerhalle setzten wir uns auf zwei Kisten und ich fragte sie was denn los sei.
Ihre Stimme wurde brüchig und sie fing an mit dem Kopf zu schütteln.
Langsam hob sie den Kopf und schaute mir in die Augen, dann nahm sie die Brille ab.
Ihr rechtes Auge war ein Schandfleck. Blau und angeschwollen. Ich traute meinen Augen nicht, trotzdem hielt sie meinen Blick fest und schaute mir weiter in die Augen.
Währenddessen fing sie an ihre dicke Winterjacke und den Schal den sie trug auszuziehen. Darunter trug sie nur ein sehr dünnes T-shirt. Ich betrachtete ihre Arme und mir wurde schlecht. Dieser Wichser.
Sie hatte Prellungen und große Blutergüsse.
Ich konnte es nicht glauben dieses Drecksschwein.
Luise legte ihren Kopf an meine Schulter und fing an zu weinen.
Sie sagte mir das sie das nicht mehr lange aushalten würde. Ich riet ihr sich so schnell wie möglich von diesem Arschloch zu trennen, doch das wollte sie nicht.
Ich hatte einen riesen Wut im Bauch und hätte ihn in diesem Moment am liebsten tot geschlagen.
Meine Schwester, war nicht mehr die selbstbewusste junge Frau die ich kannte, sie war ein eingeschüchtertes ängstliches kleines Mädchen.
Wir saßen lange so da und ich versuchte alles um die dazu zu bring diese Ehe zu beenden. Doch das wollte sie nicht, sie glaubte sie hätte das verdient und er müsse das tun.
Irgendwann musste sie gehen, weil sie Angst hatte das er merkt das sie bei ihm war. Er verbot ihr den Kontakt zu ihr.
Den ganzen Tag, konnte ich an nichts anderes mehr denken, als an ihre Augen. Sie waren so verzweifelt und traurig. Natürlich wollte ich dass sie mit zu mir kommt, nicht wieder in diese Hölle zurück kehrt, aber meine Schwester war stur und stellte sich gegen jeden Hilfe Vorschlag.
Die nächsten Tage, wollte ich alles tun um mit ihr Kontakt aufzunehmen. Aber das funktionierte nicht. John hatte das Telefon abgestellt und sie waren umgezogen, ohne mir etwas davon zu sagen.
Ich suchte sie. Ich ging auch zur Polizei, aber diese nahmen mich nicht ernst.
Wochen später, bekam ich dann doch einen Anruf.
Sie hatten Luise gefunden.
In einer winzigen 1 Zimmer Wohnung außerhalb von Hamburg.
Sie hatte am ganzen Körper blaue Flecken und Blutergüsse, ihr Rücken war vernarbt von Schlägen mit dem Gürtel und sie hatte erheblich abgenommen. Sie sah schrecklich aus.
Aber Luise war dieser Hölle entkommen.
Überall stand es in den Zeitungen. „Den Misshandlungen des Ehemanns entflohen, Selbstmord durch Ehemann, In den Tod geprügelt“
Und so weiter, ganz viele solcher Artikel waren zu diesem Zeitpunkt in den Zeitungen erschienen.
Als ich diese Nachricht erfuhr, brach ich zusammen. Ich konnte sie nicht beschützen und dieser Mistkerl hatte sie kaputt gemacht.
Sicherlich gab es eine Gerichtsverhandlung, aber man konnte John die Schuld nicht nachweisen.
Was ich von unserem Rechtssystem übrigens ganz schön erbärmlich finde. Da ich es nicht ertragen konnte, weiterhin zu sehen, wie dieser Kerl auf freiem Fuß war, beschloss ich die Sache selbst zu erledigen.
Er hatte das Leben meiner Schwester zerstört, verstehen sie warum ich das tat?
Ich fuhr zu der kleinen 1 Zimmer Wohnung und verschaffte mir einfach zu tritt. Es war nicht schwer, das Schloss zu knacken.
Wie erwartet lag John schlummernd in seinem Bett und machte sich keine Sorgen. Leise schlich ich zu ihm, setzte mich auf ihn drauf und schlug ihn mitten ins Gesicht.
Schnell riss er die Augen auf, versuchte sich zu bewegen, aber ich hielt ihn fest.
Meine Stimme war rau und schroff:„ Warum?! Reicht es dir nicht irgendwelche Fotzen zu vögeln? Du hättest die Finger von meiner Schwester lassen sollen!”
John kuckte mich immer noch ganz verdutzt an und fing dann an zu lachen.
„Soll ich dir mal was sagen? Ich bin froh das sie weg ist. Es wurde mir langweilig. Ihr ständiges Gewinsel, ihre Heulerei, ihr Gelaber, ihr Körper.”
Ohne zu Überlegen griff ich mit meinen Händen an seinen Hals. Meine Knie drückten auf seine Arme, dass er sich nicht bewegen konnte.
Er fing an zu röcheln und versuchte sich mit aller Kraft aus meinem Griff zu befreien, zwecklos. Ich sah die Angst in seinen Augen, aber hatte noch nicht genug.
John starb in dieser Nacht und ich wanderte ins Gefängnis.
Irgendwer von den Nachbarn hatte mich gehört, aber die Schreie von Luise, hatte niemand gehört, oder wollte vielleicht niemand hören?
Den Tod von Luise habe ich bis heute noch nicht verkraftet. Und Der Grund warum ich Pflanzen so liebe ist, Pflanzen können sich an ihre Umgebung an passen, das konnte Luise nicht. Schließlich ist sie an ihrem Ehemann kaputt gegangen und eingegangen wie eine Pflanze ohne Wasser.
Seit dem sammle ich Pflanzen.
Sie spiegeln für mich Luise wieder, einen Teil von ihr, der kämpfen wollte.
Ich muss sie aber bitten jetzt zu gehen. Ich bin noch nicht fertig mit dem gießen meiner Pflanzen. Dankeschön das sie mir zugehört haben. Schönen Tag noch. Auch und bevor ich es vergesse, seien sie vorsichtig beim rausgehen, das sie der Rose da hinten nichts tun. Ich weiß sie steht ein bisschen im Weg, aber wie sie sehen, habe ich hier drin nicht sonderlich viel Platz.
Haertelfuss ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.02.2012, 11:55   #2
weiblich marlenja
 
Dabei seit: 11/2010
Beiträge: 3.204


Geschrieben, wie wenn es echt geschehen wäre...

Bei aller Traurigkeit hat mir ein Satz ganz besonders gut gefallen:

Jeder könnte in Frieden wachsen, und sich an seine Umwelt anpassen.
marlenja ist offline   Mit Zitat antworten
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mord, verlust, irre

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