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17.11.2018, 23:28 | #1 |
Spiegel-Du
Unerwartet hielt die S-Bahn in einer Kurve. Ich blickte hinter mich durch das Fenster und fühlte mich dem Schicksal verbunden, eine Oase der Dunkelheit zwischen den Lichtern der Stadt zu sehen. Neben mir saß eine Frau, die im Fenster gespiegelt schöner war als meinem direkten Blick ausgesetzt. Nicht dass auch nur im Ansatz ein Zweifel daran bestanden hätte, dass sie schön war - im Gegenteil: sie war wunderschön, wie sie verträumt so vor sich hin lächelte, als hätte sie nie einen anderen Gedanken gehabt, als jenen, dem sie gerade nachging - in ihrem Grübchen die Neugierde eines Kindes und in ihren Augen die Weisheit eines ganzen Lebens. Doch in der Undeutlichkeit des Spiegelbildes, das alles verbarg, das von diesem Anschein abzulenken versuchte, in der geheimnisvollen Dunkelheit und Ruhe der Nacht, die sich in die hellen, fröhlichen Züge ihrer Mimik mischte und in dem Blickwinkel, der von einem Porträt-Zeichner gewählt schien, war sie gleichsam von unwirklicher Schönheit und schien doch wirklicher als alles, was ich an diesem Tag gesehen hatte.
"Aufgrund eines Polizeieinsatzes verzögert sich die Weiterfahrt um einige Minuten", riss mich die Durchsage aus meinen Betrachtungen. Das Stöhnen verärgerter Fahrgäste war von überall her zu hören. "Ob er das gesagt hat, um das Eis zu brechen?", fragte die junge Dame zu meiner Überraschung. Unwillkürlich zog es meinen Blick zu ihren Augen. Allerdings konnte ich die Wahrheit dieses Augenblicks nicht ertragen, zog es vor, sie weiterhin in ihrem Spiegelbild zu betrachten und gab zur Antwort: "Zumindest hatte es diese Wirkung." Im Fenster sah ich, wie ihr Blick an mir hinab und wieder herauf wanderte: "Die Pause einer S-Bahn hat so etwas herrlich Unwirkliches. Ich mag es, wenn Dinge etwas tun, das wir nicht von ihnen erwarten. Wenn die Welt von einem absieht, erkennt man sich selbst viel besser." Ehe ich diesen Gedanken völlig durchdrungen hatte, hörte ich mich sagen: "Mir versperrt die Wirklichkeit allzu oft den Blick." Im Spiegel sah ich ihre Hand nach mir reichen und spürte ihre zarten Finger mir über die Schläfe streifen. Ich griff nach ihrem Spiegelbild und fühlte die kalte, harte Scheibe. Inzwischen musste der Zug sich wieder in Bewegung gesetzt haben und rollte nun in die Station ein. "Ich muss hier raus", sagte ich und versank in ihrer Erinnerung. |
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27.11.2018, 02:50 | #2 |
Sauber Mann!
Hallo Schmusekind,
vor 20 Jahren fuhr ich mit meinem Sohn mit der D-Bahn von Waldshut- Tiengen bis nach Oberhausen, zu einer großen Wrestling Veranstaltung. Auf der nächtlichen Rückfahrt hat sich ein märchenhaft bezauberndes Fräulein neben mich gesetzt. Leider redeten wir nur über Nebensächliches. Sie war sichtlich müde und schlief später an meiner Schulter angelehnt ein. Weil Sie sehr angenehm duftete und weil mich ihre Haare kitzelten, war das für mich höchst anregend. Leider trennten sich bei Weil am Rhein unsere Wege weil ich Richtung Oberrhein umsteigen musste. Da ich frisch geschieden war, hätte ich diese junge Frau auf der Stelle geheiratet. Besonders schön waren ihre klaren blauen Augen. Kann Sie nur mit Schillers Kabale und Liebe beschreiben. „Da lag die Ewigkeit wie ein schöner Maitag vor meinen Augen; goldne Jahrtausende hüpften, wie Bräute, an meiner Seele vorbei.“ Geblieben sind mir nur, ein bisschen Sabber und ein paar Haare. Habe diese Geschichte schlecht verdichtet, wie man an den 21 Linkes ersehen kann. https://www.poetry.de/showthread.php?t=83256 LG |
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28.11.2018, 12:52 | #3 |
Ja, meistens ist man von einer glücklichen Fügung so überrascht, dass man sie einfach vorübergehen lässt. Wobei es hier wohl ganz gut für den Ich-Erzähler war, da er ja die Illusion mehr schätzte als den Menschen.
LG |
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02.12.2018, 07:44 | #4 |
In Sachen Liebe, lebte ich damals schon oftmals nur in der Illusion.
Sehr schätzte ich stets die Menschen, die mir symphytisch waren! Mein Problem, damals war ich sehr schüchtern, daher getraute ich mich nicht interessante Mädchen, bzw. Damen näher anzusprechen. Durch meine Schüchternheit, habe ich als schöner junger Mann, sicherlich duzende Fräuleins unglücklich gemacht. Es riecht nach Worten, die nie gesagt wurden. Im Gehirn haftet der Ruch von Vorwürfen. Bin gegangen, einfach nur so und zurück bleibt nicht gesagtes. Die Finsternis greift mit groben Händen um sich. Der traurige Blut Mond fällt und reißt Sterne wie Scherben mit sich. Jaulend platzt Stille von den Wänden ab und verebbt ungehört im Raum. Es bleibt keine Zeit, kein Licht, kein Klang, kein Ort, keine Welt. Und nicht ein leises, letztes Wort. Jenseits aller Sinnesfreuden ausgetanzt, davongemacht. In Gedankenlosigkeit fallengelassenes, liegt wie verlorenes Glück am Rande des Tanzsaales. In der einfallenden Stille heulen hemmungslos getretene Gefühle. Gedemütigt finden Tränen ihren Weg, die nur durch Flucht zu verbergen sind. Muss Selbstmitleid soweit gehen, dass sie noch die Gekränktheit der Lächerlichkeit preisgibt? |
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03.12.2018, 13:34 | #5 |
Ach, Schüchternheit ist eine Tugend, die sich dann erfüllt, wenn einen der richtige Mensch anspricht (der darf dann halt nicht schüchtern sein und insofern ist Aufgeschlossenheit ebenso eine Tugend).
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04.12.2018, 06:12 | #6 |
Schmuddelkinder
@ Schmuddelkind,
ich bin zwar schon auch tugendhaft, aber die Schüchternheit, bzw. meine Hemmungen, kamen hauptsächlich von meinen argen Minderwertigkeitskomplexen! Weil wir kinderreich waren „9 Kinder“ und bis in die 70er Jahre dazu noch ärmlich, hatten wir den Ruf asoziale Schmuddelkinder, bzw. dahergelaufene Zigeuner zu sein. Zu allem Unglück habe ich auch noch einen geistig behinderten Bruder, da Frühgeburt, bzw. Nabel um den Hals. In dem Dorf wo ich lebte hatte ich nie eine Chance auf ein Mädchen. Mädchen die ich auswärts auf dem Tanz kennenlernte, machten schnell Schluss als sie von meinen Bruder erfuhren, vermutlich dachten sie, dass sie mal ein behindertes Kind bekommen könnten? Na ja, zumindest ist aus den dummen Schmuddelkindern etwas geworden. Bis auf den behinderten Bruder hat jeder einen guten Beruf, den Meister und einige gar ein eigenes Geschäft. |
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06.12.2018, 01:21 | #7 |
Na ja, wer nicht mit den Schmuddelkindern spielen möchte, dem ist eh nicht mehr zu helfen.
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13.12.2018, 07:17 | #8 |
Fortsetzungen folgen
Dazu kann ich noch viel erzählen, denn meine
Menschenscheu kam nicht von ungefähr! Habe hier einen eigenen Tread aufgemacht. https://www.poetry.de/showthread.php?t=83451 |
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