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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln. |
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26.05.2011, 13:31 | #1 |
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Die Ballade von den Drachentötern
Es zogen zwei deutsche Ritter
in Waffen und in Wehr, geschmückt in Glanz und Glitter, das Herz ward ihnen schwer. "Sprich, wackerer Gefährte, Wolfram von Wonnegut" sprach Hornmut, der Gelehrte, mit inniglicher Glut, "wie sollen wir erreichen die minnigliche Maid? Der Drache will nicht weichen, der faucht und Feuer speit!" Sprach Wonnegut, der Starke: "Des leidet's keine Not! Ich stoß' in sein Gemarke den Spieß, das Schwert, den Tod!" Dies hört' das Ungeheuer und stürzte aus dem Turm. Es spie ein höllisch Feuer der grausigliche Wurm. Des focht mit langer Lanze Wolfram, des Kampfes froh - bis zu des Rosses Schwanze verbrannt' er lichterloh. --- Hornmut begrub die Leiche, die ohne Lebenssaft. "Nichts nutzten dir die Streiche, nichts nutzte dir die Kraft." Er holte fünfzig Fässer und füllte klug hinein - o Arglist! - die Gewässer des siechen Vater Rhein. Da stürzt herbei der Drachen, froh über solchen Fund, und stürzt sich's in den Rachen und stürzt sich's in den Schlund. Des mußt' der Lindwurm leiden gar schauerliche Pein in seinen Eingeweiden. Und tags drauf ging er ein. --- "Jungfrau!" rief Hornmut strahlend, "nun werde du mein Weib!" Und so bestieg er prahlend des Wurms entseelten Leib. Doch sprach die Jungfrau schnöde: "Hinfort, du schlimmer Wicht! Der Wolfram war wohl blöde, doch Geist begehr' ich nicht!" "Du bist mir, eitler Sieger, zu intellektuell. Der Wolfram war ein Krieger! Du fahre gleich zur Höll!" |
27.05.2011, 20:42 | #2 |
Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll, denn irgendwie kann ich mich mit Hornmut identifizieren.
Aber gute Geschichte, schön erzählt; der Sprachstil passt hervorragend. Kompliment! |
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27.05.2011, 22:01 | #3 |
Eine erfrischende Ballade, Schamansky.
Ja, Wissen war Frauensache, machte den Mann eher lächerlich. Das ist hier schön umgesetzt. Und das Raffinierte kommt gut als "schlimm" und "Wicht" - artig, also zwergwüchsig, unehrenhaft, durchtrieben zum Ausdruck. Achill hätte gegolten, Odysseus nicht. "Gemarke" ist wohl - in dem Sinn wie Gedärme gebraucht - ein Neologismus. LG gummibaum |
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28.05.2011, 15:40 | #4 |
Grandios gedichtet! Nehme ich auf in meine Sammlung großer Meister.
LG Fridolin |
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28.05.2011, 15:56 | #5 |
R.I.P.
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Ich bin hingerissen von dieser Travestie!
Thing |
28.05.2011, 19:15 | #6 |
R.I.P.
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Gar ungerecht ist diese Welt.
Egal, wohin die Liebe fällt! Fällt sie auf einen Toten, so ist das nicht verboten! Sehr gerne konsumiert. Günter. |
28.05.2011, 20:40 | #7 |
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Jawoll, lieber Charlton Heston statt Mickymaus.
Gut gemacht, Schamansky, Du verstehst die Frauen. |
28.05.2011, 21:09 | #8 |
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Tja, gegen Muckis kommt so ein Nerd nicht an, egal ob er am Ende die Muckis überlebt und egal was er zwischendurch auf die Beine stellt.
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28.05.2011, 21:22 | #9 |
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Ein paar Dukaten darf er auch anschleppen. An Kraft hapert es ja nicht. Für das Zimmermädchen ist bereits ein Posten im Budget angelegt.
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28.05.2011, 21:30 | #10 |
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Ich fürchte, Hornmut ist nicht mehr interessiert. Und Drachen entsorgt er ab jetzt nur noch gegen Bares.
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28.05.2011, 21:35 | #11 |
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Aha! Das heißt, die Rechnung geht am Ende an das Burgfräulein. Da wünschte ich mir doch den Drachen zurück. Der war auch klug und kräftig, kostete aber nix.
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28.05.2011, 21:37 | #12 |
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Nicht doch. Der Drache war auf intellektueller Höhe mit Wonnegut.
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28.05.2011, 21:40 | #13 |
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Aber ein Habenichts. Und verloren hat er auch. Auch hatte er keine Forderungen. Er war ein Hündchen.
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28.05.2011, 21:44 | #14 |
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Klar verliert ein Reptiliengehirn gegen Hornmut. Der hat jetzt eine florierende Firma, Marke: "I can't believe it's not Siegfried!" Und auf dumme Blondchen fällt er nicht zweimal rein, dazu ist er zu smart.
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28.05.2011, 21:45 | #15 |
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Schamansky, in der Originalversion der Nibelungensage war Krimhild nicht blond. Und nochmal reinfallen kann Siegfried nicht, denn man ist nur einmal tot, und zwar für immer.
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28.05.2011, 21:46 | #16 |
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Kann ja sein, aber sei versichert: die Dame in dieser Ballade ist extrem blond.
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28.05.2011, 21:49 | #17 |
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Wasserstoffsuperoxid?
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28.05.2011, 23:19 | #18 |
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Das gab's zu der Zeit noch nicht, nur naturblond. Aber reden wir aneinander vorbei? Es ist natürlich Nerd Hornmut, der nicht zweimal auf Blondchen reinfällt. Nibelungen-Siegfried dagegen trug seinen Verstand doch auch zwischen wir wissen wo.
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29.05.2011, 00:55 | #19 |
Dabei seit: 05/2011
Ort: Noch Dorsten, bald Marl, beides in NRW
Alter: 38
Beiträge: 18
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He He
Gefällt mir! |
29.05.2011, 16:36 | #20 |
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Ich glaube, der Doofe war eher König Gunther, setzte der doch ein ganzes Reich in den Sand für eine Wotanstochter, der er nicht gewachsen war. Siegfried war der moderne Aufklärer und blieb mit großer Berechnung erst einmal als Vasall in der zweiten Reihe, brachte sogar einen Goldschatz mit nach Burgund und hatte genug Selbstbeherrschung, auf seine Braut zu warten, bis er alle Anforderungen Gunthers erfüllt hatte. Das gefiel Hagen und seinen Leuten nicht, denn sie wußten, daß Gunther schwach und abhängig war, während Siegfried als Schatzbringer und Drachentöter beim Volk immer beliebter wurde. Deshalb mußte er sterben, natürlich durch einen "Unfall". Nur hatte Hagen die Rechnung ohne Kriemhild gemacht - die war nämlich gar nicht blöde (und in der Urfassung, wie gesagt, dunkel statt blond, dort ist Brunhild nämlich die Blonde).
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29.05.2011, 16:46 | #21 |
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Dummheit stirbt früher, Intelligenz überlebt. Dafür pflanzt sich Dummheit unbedarfter fort und bleibt deshalb quantitativ vorne.
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29.05.2011, 17:03 | #22 | |
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Zitat:
Bei Mord sieht es aber anders aus, da trifft es auch die Intelligenten. |
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29.05.2011, 17:06 | #23 |
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"Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens."
Schiller, Jungfrau von Orléans. |
29.05.2011, 17:12 | #24 |
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Das wundert mich nicht, wer braucht schon einen Verbündeten wie die Dummheit. Sie sollten es mal damit versuchen, gegen die Dummheit zu kämpfen.
Spaß beiseite und zurück zum Gedicht: Ein Drachentöter ist ja eigentlich ein Sinnbild dafür, daß eine tyrannische Macht beseitigt wird. In Sagen und Märchen wird das immer belohnt, und hier setzt das Gedicht an, das die Sache aber persifliert, weil das umworbene Weib - wie undankbar - eigene Vorstellungen von ihrem Bräutigam hat. Nicht unbedingt vernünftig, aber sympathisch. |
29.05.2011, 17:23 | #25 |
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Ach, viel archaischer. Das geht zurück in die Höhlen. Wer ein großes Biest erledigt, hat bewiesen, daß er Steinzeitfrau und -kinder als Jäger am Kacken halten kann. Der Drachenkadaver ist Trophäe und Brautpreis. Den kann sich Hornmut erwiesenermaßen sehr wohl leisten, er entspricht nur nicht dem "Großer Jäger"-Archetypus unserer Blonden.
Fazit: der Homo "sapiens" ist zwar aus der Höhle ausgezogen, aber die Höhle nicht aus dem Homo "sapiens". Gilt für Männlein wie Weiblein. |
29.05.2011, 19:38 | #26 |
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Gilt nicht für mich. Ich ziehe Bäume vor. Bessere Aussicht.
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29.05.2011, 20:07 | #27 |
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Preiset das Wirken den Großen Maki!
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30.05.2011, 14:56 | #28 |
R.I.P.
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Das ist doch falsch, in jedem Fall.
So sprach man im NEANDERTHAL! Heut hört mans von nem MAKI nach einer Flasche RAKI! Geändert von Günter Mehlhorn (30.05.2011 um 19:31 Uhr) |
30.05.2011, 15:55 | #29 |
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Es steckt im Menschen allzumal
noch sehr tief das Neanderthal. Man kriegt es auch nicht aus ihm raus. Die Zukunft sieht nicht prickelnd aus. Das Weibchen steht auf Große Jäger, sprich pralle Konten, dicke Schlitten; das Männchen ist da noch viel träger: dem reichen Beine, Arsch und Titten. |
30.05.2011, 17:00 | #30 |
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30.05.2011, 17:21 | #31 |
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Es gibt ja durchaus klassische Deutungstheorien für den klassischen Märchenstoff: Der Prinz (oder Held) muss den Drachen besiegen um die Erwählte freien zu können.
Der Drache wird normalerweise als Mutterfigur (des Helden) interpretiert, er muss also das Feuerspuckende, Gift und Galle speiende, alte und schuppige Reptil, mit der gespaltenen Zunge, besiegen. (Missverständlicher Satz, deswegen der Kommata- Versuch) So hat also Wolfram es nicht geschafft, im Selbstbehauptungskampf seine Mutter zu überwinden, und lässt sich jetzt weiterhin die Socken bügeln. Hornmut dagegen hat seine Mutter ausgetrickst- er ist ihr also nicht offen gegenüber getreten und sich dem Zweikampf gestellt, sondern hat eine List gebraucht und sie vergiftet. Nun wird der Giftmord im Allgemeinen den Frauen zugeschrieben (ob das alles so richtig ist...???), da man Frauen, jedenfalls in der Vergangenheit offenbar für zu schwach hielt, einen Mann im Zweikampf zu besiegen, griff sie eher nicht nur zur List, sondern sogar zur HINTERlist, und ohne dass die betreffende Person sich überhaupt wehren konnte, wurde sie von einer der berüchtigten Giftmischerinnen zur Strecke gebracht. Und genau so einen Weg wählt Hornmut. Das die Jungfrau, die ja traditionell erobert sein will, das ablehnt, ist, jedenfalls vom althergebrachten Denken aus gesehen, absolut folgerichtig. Was soll sie in einer Welt, in der die körperliche Macht zählt, mit jemandem der das tut, was sie könnte? (Nur um richtig verstanden zu werden, dass ist hier alles nicht mein Frauenbild sondern ein Gedankenspiel mit Stereotypen und, meiner Ansicht nach, veralteten Auffassungen. Es mag immer noch vorkommen, dass Frauen auch mit Gift morden, aber ich denke auch dass der eine oder andere Mann zum Gift als Waffe greift, genauso wie Frauen auch Messer benutzen, oder auch Schußwaffen etc.- hoffe ich hab mich verständlich gemacht.) Zurück zu unserer mittelalterlichen Maid: Was soll sie also mit ihm, der in ihren Augen mehr eine "sie" ist? Nichts! Sie verachtet ihn sogar, weil er in ihren Augen nicht fair gekämpft hat, er hat in gewissem Sinne nicht die althergebrachten Spielregeln eingehalten. Und, ich hoffe, ich langweile euch nicht, ich gehe noch einen Schritt weiter und erzähl euch die Geschichte vom schlauen Peter, der es aus Angst vor seiner Mutter nicht wagen wollte, seine Freundin Jasmin mit nach Hause zu bringen, weil seine Mutter immer so komisch reagiert hat, wenn er von Mädchen sprach und sie einfach "not amused" ist, wenn er auch nur einen Frauennamen erwähnte, der nicht ihrer war. Jasmin möchte natürlich auch Peters Familie kennenlernen, und vor allem auch Peters Mutter, von der er auch öfter erzählt- sie kümmert sich immer so gut um ihn und ist die beste Mami der Welt... Aber weil Peter sie nicht mitnimmt ist sie auch schon verstimmt und befürchtet insgeheim, dass er sich vielleicht für sie schämt oder es doch nicht so ganz ernst meint. Peter hingegen strengt seine grauen Zellen an, inszeniert einen Verkehrsunfall, bei dem es so aussieht, als das seine Mutter Schuld daran gewesen sei, dass dem scheinbar zufälligen Opfer Jasmin ein Nachteil entstanden ist. So will er seine Mutter dazu bringen, sich Jasmin verpflichtet zu fühlen, und wenn er auch nicht glaubt, dass sie ihm gleich den Segen erteilt, so hat er der Sache doch schon mal einen Stoß in die richtige Richtung gegeben. Aber was denkt sich Jasmin? Und hat sie nicht vielleicht sogar Recht damit? (In diesem Fall kein Recht, sondern, weil sie nach dem alten Schema lebt, höchstens Folgerecht! Und würde man Peters Geschichte in einer sympathischen und humorvollen Art und Weise in einer Komödie darstellen, würden ihm doch einige Herzen zufliegen, weil er nämlich so ein Süßer ist und so sensibel, weil er seine Mami nicht verletzen möchte und ausserdem ein kluger Kopf, aber irgendwie auch ein liebenswerter Tropf ist.) Aber für sich selbst hat Jasmin Recht, ihn nicht zu nehmen. Und Peter ist auch gut damit beraten, nicht weiter hinter Jasmin herzulaufen. Sie wären beide nicht gut für sich, und würden beide darunter leiden. |
30.05.2011, 17:59 | #32 |
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Das ist eine hochinteressante Analyse. Derart tief bin ich gar nicht gegangen, für mich ist die Konstellation viel simpler:
Wolfram: primitiver Kraftprotz, unreflektiert drauflos, "dem Drachen hau ich was auffe Fresse", er scheitert und stirbt. Definitiv der Verlierer. Die Maid: dummes Blondchen auf Wolframs Intelligenzstand, da kann ein Hornmut 10 tote Drachen anschleppen. Verliert nichts, gewinnt nichts, bleibt so allein und dumm wie zuvor. Hornmut: intelligent, Analytiker, kreativer Denker, er löst das Drachenproblem und liefert als einziger Resultate. Objektiver Sieger. Sein Fehler: sich die falsche Maid ausgeguckt zu haben. Aber daraus lernt er auch noch. Die Maid lernt's nie, für Wolfram ist ohnehin alles zu spät. Fazit: Ein Verlierer, ein partieller Gewinner. Das Pareto-Kriterium spricht für Hornmut. Intelligenz gewinnt nicht alles, aber Primitivität geht drauf. |
30.05.2011, 18:04 | #33 |
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Also wenn das jetzt keine Hoffnung macht...
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