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11.12.2007, 15:44 | #1 |
Das Leben hier und das Leben dort
Gelackte Schuhe, ein namenloser Anzug ohne Falten und eine moderne Krawatte. Martin schlenderte durch die breiten Gänge des Möbelhauses auf der Suche nach Kunden, die er mit seiner Professionalität und seinem Charme beeindrucken wollte. Vorbei an dem Wohnzimmerbereich und der Filialleiterin Frau Radisch, die eine Artikelliste durchging und wie immer ein ernstes Gesicht machte.
Der Rücken gerade, ein freundliches Lächeln und ein zielstrebiger Blick. Martin warf der Filialleiterin einen Gruß zu und beschleunigte seine Schritte Richtung Eingang, durch den in diesem Augenblick ein Kunde die große Halle betrat. „Darf ich Ihnen helfen?“, fragte Martin den älteren Mann gekonnt freundlich. Eine abgetragene Hose, die Jacke von vor zehn Jahren und ein leicht ungepflegtes Äußeres. Der Kunde hatte sich auf den ersten Stuhl nahe dem Eingang gesetzt und prüfte dessen Bequemlichkeit. Er beachtete den jungen Fragesteller nicht und schien in Gedanken. „Entschuldigung, mein Herr? Kann ich Ihnen behilflich sein?“, wiederholte sich Martin. Doch wieder reagierte der ältere Mann nicht. Er schien enttäuscht, stand auf und lief auf den nächsten Stuhl zu, um sich sogleich auf ihn nieder zu lassen. Der Kunde ist König. Das war schon immer die beste Philosophie eines guten Verkäufers. Deswegen musste Martin annehmen, dass der Mann schwerhörig oder gar taub war. Wären noch andere Kunden zugegen gewesen, hätte er ihn selbstständig probieren lassen. So aber folgte er dem Mann und versuchte demonstrativ in dessen Sichtfeld zu gelangen. Die dritte Sitzmöglichkeit war ein großer, ausladender Sessel, der im braunen Leder einen starken Kontrast zu dem ärmlich wirkenden Mann darstellte. Es wurden mehrere Sitzmöglichkeiten durchprobiert, wobei die schmächtige Gestalt des Kunden im Sessel versank. Martin stellte sich direkt vor ihn und gestikulierte übertrieben mit den Händen, während dieser seinen hängenden Kopf leicht schüttelte. „Hallo mein Herr. Ich möchte Ihnen helfen.“ Martin bewegte seine Lippen überdeutlich und sah in den Augenwinkeln Frau Radisch in seine Richtung blicken. Leicht blutunterlaufene Augen, ergraute Haaransätze und ein trauriges Antlitz. Der Mann stand auf und blickte den einen Kopf größeren jungen Verkäufer an: „Ich suche einen Stuhl.“ Danach zwängte er sich an Martin vorbei und ging weiter. Überrascht von der plötzlichen Kommunikation, auch wenn diese nichts Neues offenbarte, folgte Martin dem eigensinnigen Kunden und versuchte sich an seine Pflichten zu erinnern: „Woran hatten Sie denn gedacht? Suchen Sie etwas Bestimmtes?“ Der Mann hatte sich nun auf einen Schreibtischstuhl mit einer großen Lehne gesetzt und antwortete ohne aufzublicken: „Ja, etwas Bestimmtes.“ Vielleicht war dieser Mann einer der berüchtigten schwierigen Kunden, denen man mit hartnäckiger Freundlichkeit entgegenkommen musste. Martin jedenfalls hielt viel von Professionalität und wollte höflich auf die verschiedenen Sitzmöglichkeiten eingehen. Dennoch war der ältere Mann schon wieder von dem sich wild drehenden Schreibtischstuhl aufgesprungen und eilte davon. Die Drehbewegung gestoppt, den Anzug glattgestrichen und ein aufkommender Zweifel. Martin erreichte den Mann diesmal räkelnd auf einer Couch und versuchte auf bestimmte Verhaltensregeln hinzuweisen: „Ich bitte Sie, unsere Möbel ordnungsgemäß zu behandeln.“ Es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass der Kunde die Worte registrierte, sein Gesicht zeigte bloße Verzweiflung und Ratlosigkeit. Er sprang wieder auf, ergriff Martins Arm und zog ihn zu sich runter: „Bitte, du musst mir helfen ihn zu finden!“ Ein zerknitterter Ärmel, ein flehender Kunde und die Überzeugung im Angesicht der Hoffnung richtig zu handeln. Martin versuchte sich von der Umklammerung zu lösen und sprach improvisiert beruhigend: „Natürlich helfe ich Ihnen.“ Der ältere Mann sah sich gehetzt um und sprintete schon wieder zu einem Stuhl, der an einem Küchentisch stand. Es blieb Martin gar nichts anderes übrig, als dem merkwürdigem Kunden zu folgen. Dieser testete den Küchenstuhl ausgiebig. Aber es schien wieder nicht das zu sein, was er suchte, denn er schüttelte abermals traurig den Kopf und flüsterte leise: „Nein, nein. Das ist er auch nicht.“ „Ich bitte Sie, können Sie mir nicht sagen, was sie genau brauchen?“, versuchte Martin einen neuen Start. Allerdings hatte er auch diesmal keinen Erfolg, denn der Mann sprang erregt auf, wodurch der Stuhl laut nach hinten geworfen wurde. „Nein, nein. Das ist er auch nicht“, wiederholte er laut und rannte davon. Gefühlter Blick der Filialleiterin, schleichende Wut und Ende des Verständnisses. Martin hob schnell den Stuhl auf und lief hinter dem wildgewordenen Kunden her. Er hätte rufen können, jedoch war die Hoffnung, auf ein schnelles und leises Hinausschaffen dieser Tragödie, noch im Bereich des Möglichen. In einem anderen Teil der Halle, in dem ein vornehmer alter Esstisch stand, holte Martin den älteren Mann wieder ein. Dieser hatte sich an der Stirnseite niedergelassen und eine vornehme Haltung eingenommen. Er tat, als würde er mit Anderen am Tisch sitzen und schien noch schwermütiger als zuvor. Martin konnte darauf keine Rücksicht mehr nehmen: „Sie werden sofort diese Haus verlassen!“ Dabei zeigte sein Gesicht eine ärgerliche Miene und sein Arm auf den Ausgang. Jegliche Eile verloren, ein schweifender Blick und laufende Tränen. Der Mann hatte beide Hände auf den Tisch gelegt und sah Martin mit verschleierten Augen an. „Das ist er“, kam es leise über seine Lippen. Martin konnte da natürlich nicht folgen: „Wie bitte?“ „Das ist er“, die Stimme des Kunden versagte fast. Sein Blick hatte sich von der Realität gelöst und schwelgte in einer anderen, traurigen Welt. Ein neues Gefühl des Unwohlseins nahm Martins ausgestreckten Arm die Kraft und ließ ihn schweigend die Szenerie beobachten. Nachdem der Mann ein Lächeln in die Runde des Tisches geworfen hatte, stand er langsam auf und ging auf Martin zu, breitete er seine Arme aus und umarmte ihn herzlich „Das ist er“, sprach diesmal die Freude aus ihm, während er sich an Martin drückte. Eine beobachtende Filialleiterin, ein zerknitterter Anzug und ein zufriedener Kunde, der das Möbelhaus verlassen hatte. |
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12.12.2007, 18:56 | #2 | |
RE: Das Leben hier und das Leben dort
Hallo Spin,
Zitat:
Sprachlich kannst Du noch daran arbeiten. Einige Wörter kommen recht häufig vor, beispielsweise "lief", "setzen" und "doch". Dass der Mann traurig ist, wird auch inhaltlich zu oft wiederholt. Dann die angeprochenen grammatischen Fehler, die wiederum inhaltliche Komik erzeugen. Grüße vom Weihnachtsigel |
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14.12.2007, 16:34 | #3 |
RE: Das Leben hier und das Leben dort
Danke Igel,
für deinen ausführlichen und konstruktiven Kommentar. Ich habe versucht, deine Vorschläge und Korrekturen umzusetzen. Ist schon komisch, ich habe den Text mehrere Male gelesen und nicht bemerkt, dass ganze Worte fehlen oder zu viel sind. Typisch. Persönlich meine ich, man kann durchaus Vermutungen anstellen, was den Mann bewegt. Allerding hast du selbst bemerkt, dass die Geschichte aus der Sicht Martins ist und dieser die wahren Gründe nicht offenbart bekommt. Es ist schon eigenartig, wie sich manche Menschen verhalten. Nur zu gern wüsste man, welche Beweggründe sie haben. greetings die Eigenschaft kleinster Teilchen |
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