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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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09.10.2015, 07:27 | #1 |
R.I.P.
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Nymphe
oder: Auch eine Art Glück
Saschenka hieß sie und ihr Gesicht war Sünde und war es doch nicht. Konnte denn sie dafür? Macht hatte sie mit Augen und Mund. Männer und Frauen wurden dort wund. Ahnen ließ sie den kindlichen Schoß, legte den Wahnsinn der Liebenden bloß. Konnte denn sie dafür? Sie spielte im Söckchen mit ihren Zehen, ließ unfrivol flaches Brüstchen sehen, senkte die Wimpern über süße Schatten, sah ringsum FastTodesErmatten.. und liebte doch nur den Einen mit ihren noch schlummernden Sinnen. Es gab kein Entrinnen. Tatjana, geblendet von offener Tür, in Söckchen, Sandalen und dem dünnen Sommerkleid, ließ Mutter zurück. Zwei Tage zuvor von Vandalen als kalter corpus judaicus entfernt. Verschneit. Konnte sie denn dafür? Positiv ausgelesen. Die Augen! Die Schatten! Zu frisch, zu jung für Zyklon B! Trotzdem schneidend: "Geh! Geh!". Sie traut ihren Augen nicht, Ratten statt Menschen, die schwärzeste Nacht. Sie hat ihre Sache dann gut gemacht. Etwa Zwanzig pro Tag und Schicht. Tatjana verhungerte nicht. Das mit der Kindfrau ging schnell vorbei. Der himmlische Mund zerschlagen, Knochen, die aus den Socken rausragen, das göttliche Pöchen schlaff wie der Magen. Aber noch nicht auf dem letzten Schragen! Sie wollte nicht in die feurige Tür. Kann denn sie dafür? |
13.10.2015, 15:13 | #2 |
Zwei Russinen, die schon als Kinder Opfer ihrer triebentfesselnden Unschuld werden. Eine wird von der eigenen Familie, die andere von Aufsehern im KZ geschändet.
Eine unselige Verbündung von Geschlechts- und Destruktionstrieb, die jede Moral Lügen straft. LG g |
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14.10.2015, 01:26 | #3 |
R.I.P.
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Lieber gummibaum -
ich habe wahrscheinlich nicht deutlich genug gemacht, daß es in erster Linie um die Tochter ging.
Die Mutter (aus jüdisch-russischer Familie) wurde zwei Tage vor der Ergreifung Saschenkas von der SS ermordet. Der Vater, Dirigent, war zu seinem Glück auf einer Tournee in den U.S.A. (Das Schicksal seiner Familie konnte er nicht beeinflussen). Das arme Mädchen (mit 12 Jahren Cello-Virtuosin, ungemein schön, mit 13-14 Jahren in einen Jüngling verliebt) wurde ins KL verbracht und - weil sie so schön war - ins Bordell gesteckt, das den Schergen diente. Sie hat, um zu überleben (doppelte Ration und Extra-Baracke) mitgemacht. Als siebzehnjährige Greisin wurde sie endlich 1945 befreit. |
14.10.2015, 02:00 | #4 |
Ein furchtbares Schicksal und ein Beweis dafür, zu welcher Bestie gerade auch der brave Deutsche werden kann.
Danke für die Hintergrundinformationen, Thing. Woher hast du sie? Ich bin inzwischen zwar auf Berichte gestoßen, dass auch Häftlinge gegen Geldzahlungen an die SS Zutritt zum Lagerbordell bekamen, aber zu dieser Pianistin habe ich nichts gefunden. LG gummibaum |
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14.10.2015, 07:14 | #5 | |
R.I.P.
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Zitat:
Vor allem die brutalen Kapos konnten sich das (selten!) erkaufen. Ich erfuhr von dem Schicksal der Künstlerin aus einer bis heute nicht sehr beachteten Biographie, aber den Namen möchte ich nicht öffentlich machen. LG Thing |
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14.10.2015, 19:54 | #6 |
R.I.P.
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Jetzt sehe ich, was Dich verwirren mußte.
Von ihren Eltern wurde Tatjana Saschenka genannt, es handelt sich um ein und dieselbe Person. |
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