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Alt 12.08.2022, 23:51   #1
männlich dr.Frankenstein
 
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Standard Piraten für Büro 39

"Wo nix is und was drum rum, da is ein Loch. "
Sagte der ehrwürdige Präsident. Wir sind ja jetzt voll auf seiner Seite, seit der Kapitän ein neues Boot von Nordkorea bekam. Es ist schon fast luxuriös.
Letztens hatten wir so einen Vorfall, es gibt ja so Wissenschaftsheinis, die wollen Löcher in ihren Denkmodelagen nich haben.
Löcher sind eher die unangenehmeren Zeitgenossen für diese Typen, weil sie aus Nichts sind. Ein Oberbegriff für "was" das jeder kennt und keiner kanns mit irgendwelchen geschwollenen Brocken erklären.
Um genau zu sein, wir sind mit dem neuen Luxuskahn auf ein Riff gelaufen und im Maschinenraum hat das Loch dann quasi die absolut nich tragbare Eigenschaft aus nix zu sein, statt aus Metall und das Wasser denkt sich so: "Ok, dann lauf ich mal da rein."

Wie sagte schon Kurt PiratentuchHolzknie "Ein Loch ist da, wo etwas nicht ist"

Ich kuck so zu die Männers: "So ein Loch das is schon richtig knorrig, geht ja garnich anzufassen, würde da kein Wasser durchkommen, könnte ich da voll rein langen."
Ich lach so und klopp gegen die Wand und Lui glotzt so entgeistert, also munter ich ihn bisschen auf. "Stell dir mal vor man könnte das Loch so in die Hand nehmen und so umhertragen. Das Leck so oben an nem Supermarkt anbringen und vor wut kommt dann die Kassiererin mit der Kettensäge, so wie Leatherface und versucht das Loch durchzusägen."
Ich mach ein Loch mit der Hand und als Lui durchkuckt Box ich ihn und der fliegt so voll in die Brühe.
Alles was besteht, is zum Anfassen. Behaupten ja die mit ihren Brillen, die da durch ihre komischen Drehdinger kucken und in ihre ausgefransten Bücher, dabei verlieren sie das was Löcher sind. Lui is da unter Wasser am Schrauben und Hämmern.

Er kämpft gegen das Loch, auch witzig. Zum Glück haben wir genug Raketenteile an Bord

"Hilfe das Loch greift an. Hu huuuuu"
Achille Varzi der alte Ganove, also nich der Rennfahrer sagt ja, dass sich hinter dem alltäglichen, einfachen Schmus eine enorme Komplexizität versteckt. Der fragt sich so Sachen wie
warum Spiegel rechts und links seitenverkehrt anzeigen– und nicht oben und unten? "Vielleicht seh ich deshalb so hässlich aus?"oder
Gibts ein Gesetz, das sagt, dass wir Gesetze befolgen sollen?
" Ja, das Gesetz sollen sie uns mal zeigen. "

Aber ich glaube Lui hat den ersten Versuch geschafft. Er zieht an meinem Bein und taucht röchelnd auf.
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Alt 14.08.2022, 14:08   #2
männlich dr.Frankenstein
 
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Lui hat ja ein schwaches Selbstwertgefühl und is davon überzeugt, das der sich selbst und andere Leute beeinflussen kann, indem er sich hier als den super Lochschließer hinstellt.
Ich glaube er fällt vom Glauben ab, wenn er da unten so fragend hochglotzt und glaubt ich könnte ihm irgendwie helfen.
Ich zucke mit den Schultern und er taucht wieder ab. Ihm geben diese Dienstbotengänge Kraft und Energie, erzählt er immer stolz im Fresssaal.

Der denkt doch tatsächlich, er wäre der Einzige der es möglich macht, den ganzen Schwerhief und Rausforder zu verknusen.
Da sagt der doch letztens zu mir:
„Fox, glaub doch mal an dich, dann kannst doch auch mal wirksam werden und denn erscheint dir die Welt nicht mehr so schrecklich gut oder liebenswert, dann siehst du auch mal in was für einem wundervollen furchterregenden und kalten Ozean wir leben.“
Ich wusste garnicht was ich sagen sollte, also zog ich ihm eine rein.

Es heißt ja Selbstwertgefühl, nicht Fremdwertgefühl?
Was erlaubt sich der Affe, über mich eine Bewertung abzugeben.
Denkt er mein Bauch knurrt um seine bekloppte Anerkennung zu fressen.

Der Kapitän sagt wie sehr er Luis Arbeit Wertschätzt. Hoffentlich ersäuft die Sau.

Ich glaub sein schwaches Selbstwertgefühl begann schon in seiner Kindheit.

Der is ja bei normalen Eltern aufgewachsen. Die haben ihre Rolle in der Welt gar nicht verstanden: Die waren die ersten, die Lui sein Leben versaut haben.
Seine Mutter hat ihn immer geknuddelt und gesagt was für ein wertvoller Mensch er ist, wenn er den Abwasch gemacht hat. Das hat ihn von innen zerfressen.
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Alt 14.08.2022, 22:37   #3
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Der Kapitän läuft hinter mir hin und her und hat sich wieder mal in seinem Denkgewebe eingewoben mit dem Titel „Heiliger Klabautermann was sag ich nur dem ehrwürdigen Präsidenten.“ Seine ganz persönliche Sicht auf die Welt ist ja, das wir alle über kurz oder lang drauf gehen, wenn er einen Haken weit aufhört nachzudenken. Seine Memoiren ließen sich vermutlich nicht unterscheiden, zwischen Denk und Wirklichkeit. Wenn allen alles so Problemverwurstet erscheinen würde, wie ihm, dann würden sie vermutlich auf Deck liegen und nur noch Rum heulen.
Und wenn alle sich so wenig Gedanken machen würden wie ich, würde vermutlich alles hier zu Ende sein.
Da is so ein seltsames Reißen in mir, der innere Halunke will Lui zur Seite stehen.
Ich krame also die verfluchte Bedienungsanleitung aus dem Handschuhfach und blättere darin Rum.
Der Kapitän dreht sie mir in der Hand um: "So rum liest man Bücher Jungchen."
Und in dem Augenblick fällt mein Blick auf die Funktion solcher seltsamer Türen die unten im Schiff sind.
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Alt 16.08.2022, 23:36   #4
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Der Kapitän stolpert und stürzt auf einen Hebel der die Shots schließt, so komische Eisentüren gegen Löcher. Hab ich gelesen.
Lui is leider da unten geblieben, aber vielleicht ist er durch das Loch rausgetaucht und er lebt jetz das Leben, das er immer wollte, als Hausfrau.
Wahrscheinlicher is aber, dass er über Störtebekers Kiste hängt.

Mittlerweile steh ich wieder oben an Deck. Mit meinem großen Piratenhut auf der Rübe und so einem neumodischen Telefonkasten in der Kralle, steh ich an der Reeling.

Volle Kanone trifft mich der stärkste Drang der Clowngeneration:
Als ich so die toten Fische vorbeischwimmen sehe und die blöde Sonne so komisch aufm Wasser fuchtelt, ballert voll die Schießpulverschrift durch meinen Schädel:

-Sei Infaulenzer.-

"Aber ich hab doch nur 5 Follower."

-Sei Infaulenzer.-
"Aber 3 von denen sind Fakeprofile von mir und die anderen sind Lui und der Kapitän…"

-Sei Infaulenzer.-
"Ich poste doch nur Bilder von Raubüberfällen in Fußgängerzonen."

-Sei Infaulenzer.-
"gut gut, du hast mich überzeugt" denk ich, denn ohne Rum am Vormittag hab ich gar keinen Durchblick und die bitterbösen Entzugserscheinungen kochen mir das Hirn in unmoralischem Ether.

"Gut, ich bin jetz super Infaulenzer. Kniet nieder. Reiche mir den Rum, darauf müssen wir einen trinken."

Die nächsten Tage verbrachte ich dann voll hibbelig auf der Suche nach der perfekten Hängematte.
Ich konnte keinen Haufen mehr machen, ohne ihn nachher vor einer verträumten Kloszene zu knipsografieren.

Ich mach mich so gerne zum Superstar eines Flachlieg-Fotomoments, die schieße ich dauernd an Deck und mich weg. Früher hab ich in kleinen Städtchen nach Beute und Flittchen und all solchem Zeug gesucht. Heute halte ich Auskuck nach hübschen Zehnägeln in der Kajüte, die aussehen wie die vom Nagelpilz-Blogger aus der Apothekenwerbung, den ich verfolgt und ausgeraubt habe in einer Show auf Instaaahrgram. Das war alles echt, einer meiner Fakeprofile dachte das wäre gespielt. Der Typ rannte wie aus der Pistole geschossen durch seine hessischen Gassen weg, der alte Racker. Von den harten, hölzernen Knüppeln des fotogenen Angriffs auf mich, ganz zu schweigen. Ich kriege Pickel von dem Mist.
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