Unerschrocken (aus sicherer Entfernung)

[klaatu]

Aus sicherer Entfernung
verdamme ich die Vergangenheit
und alle ihre Kinder

&

mit gebührendem Abstand
spotte ich über die Götter,
die kalt und tot am Boden liegen.

*

Unerschrocken stelle ich mich den Bestien,
die hinter dicken Gitterstäben
ihre Reißzähne fletschen.

*

Nur mit T-Shirt und kurzer Hose
trotze ich der bitteren Kälte,
die mein Fenster von außen beschlagen lässt

&

todesmutig blicke ich in den Lauf
einer auf mich gerichteten Waffe
- bevor ich siegessicher den Fernseher ausschalte.

[Manni M.]

Hallo Klaatu,

wieder einmal ein amüsanter Text, der gleichzeitig eine Art von bitterer Ironie enthält. Ich habe mal ein bisschen in deinen Werken herumgestöbert. Mein Plädoyer: Gewieft einzigartig.

Liebe Grüße
Manni

[Ilka-Maria]

Guten Morgen, klaatu,

wahre Worte hast du wieder geschrieben. Aus historischem Abstand lassen sich Entscheidungen und Handlungsweisen früherer Menschen leicht moralisieren, besonders dann, wenn man selber noch nie mit einem unlösbaren Dilemma konfrontiert worden ist, bei dem es um "friss oder stirb" geht.

Besserwisser halten Gläubige für Dumpfbacken, aber wenn sie im Krieg im dicksten Dreck unter Beschuss geraten, flehen sie um den Beistand Gottes. Aus wilden Tieren machen Zoo-, Zirkus- und Aquariumbetreiber sowie die Sportindustrie gebrochene Kreaturen, und naive Leute finden die vermenschlichten Kuschelviecher in Fernsehserien und Disney-Filmen niedlich. Alles Klagen über angeblich zunehmende Gewalt hindert Fernsehzuschauer nicht daran, regelmäßig die Krimiserien anzuschauen, die höchste Einschaltquoten auf einer Vielzahl von Sendekanälen garantieren.

So sieht die Moderne zum großen Teil aus. Du hast das in wenigen Zeilen auf den Punkt gebracht. Oder anders gesagt: den Finger in die Wunden gebohrt.

LG
Ilka

[klaatu]

Tach zusammen!
Freut mich, wenn es euch gefallen hat! Ich bin ja selbst so ein kritisierenden Möchtegern-Weltverbesserer, der eigentlich nur faul auf seinem Arsch sitzt, also beschreibt dieser Text auch mich ganz gut...

Mit dem Finger in Wunden bohren scheint tatsächlich eine meiner Lieblingbeschäftigungen zu sein.sorry...

LG
k