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28.09.2021, 18:11 | #1 |
Sklaverei
Sklaverei
Gibt es denn heut noch Sklaverei? Allein das Wort hat bösen Klang, doch überall wo wir nicht frei, erfahren wir auch sehr oft Zwang. Es ist, wenn man in Armut lebt, und dies zu mancher Arbeit zwingt, mit der man dann vergeblich strebt, nach Wohlstand, der so nicht gelingt. Ein Sklave ist, der, den man lenkt und dabei meist noch kontrolliert. Auch jener, der dies nicht bedenkt, im Leben manchen Zwang verspürt. So mancher denkt er wäre frei, doch oft ist er der andern Hund. Vielleicht denkt er, dass ers nicht sei! Dies sagt man ihm, nicht ohne Grund. |
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01.10.2021, 01:54 | #2 |
gesperrt
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Ein Sklave ist, der keine acht Stunden täglich für sich allein hat. Laut dieser Definition, die von Nietzsche stammt, müßte man unsere moderne Gesellschaft immer noch für eine Sklavengesellschaft halten. Okay, er irrte sich bisweilen, auch den Krieg um die Weltherrschaft hat er falsch datiert.
Die Änderungsvorschläge Die erste Strophe Gibt es denn heut noch Sklaverei? Allein das Wort hat bösen Klang und überall wo wir doch frei, erfahren wir auch sehr oft Zwang. wo wir nicht frei sind, ist der Zwang ja obligatorisch und nicht der Rede wert. S3V1 da haste ein Komma zu viel, "Ein Sklave ist der, den man lenkt" Dennoch; ein gutes und lesenswertes Gedicht hast Du wieder mal geschrieben, Hans. |
01.10.2021, 09:58 | #3 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Ja, es gibt noch Sklaverei, und zwar nicht weniger als früher, sondern mindestens in gleich hohem Maße. Sie existiert vor allem in den afrikanischen Ländern und (wie seit jeher) im arabischen Raum. Gesellschaften, in denen die Sklaverei Tradition hat, sehen darin nichts Verwerfliches, sondern für sie ist dieser Zustand natur- bzw. gottgewollt. Sklaverei ist am Besitz eines Menschen und an der Ausbeutung dessen Arbeitskraft gebunden. Er war auf Gedeih und Verderb der Einstellung seines "Herrn" ausgeliefert. In den meisten Fällen galt ein Sklave als Kapital und wurde so behandelt, dass er möglichst lange und ergiebig dienen konnte. Begehrte er jedoch auf, folgten drastische Vergeltungsmaßnahmen, um andere Sklaven abzuschrecken. Gleichwohl ist Sklaverei nicht allein an Unfreiheit und Arbeit gebunden, wie uns Hans suggerieren will. Ein Bauer war vor den Stein-Hardenberg-Reformen in Preußen an die Scholle gebunden und zu Abgaben an seinen Pachtherren verpflichtet, aber er war deswegen längst kein Sklave. Das sogenannte "Bauernlegen", also die Befreiung von der Scholle und Gewährung der Freizügigkeit, machte sein Leben nicht besser, sondern stürzte ihn ins Elend, denn er wurde für sich selbst allein verantwortlich. In den Städten mit den aufstrebenden Fabriken drängten sich jedoch die Menschen vom Land, so dass sie keine Arbeit fanden, verarmten und verhungerten. Der Pauperismus griff um sich. Wer einen Platz in einer der Manufakturen und Fabriken ergatterte, sah sich nicht als Sklave, sondern als Glückspilz - trotz langer Arbeitszeiten und schlechter Bezahlung. Kinder und Frauen mussten mitarbeiten, um den Lebensunterhalt zu sichern. Arbeitsunfälle, oft mit tödlichem Ausgang, waren wegen körperlicher Schwäche und Übermüdung an der Tagesordnung. Aus diesen Zuständen heraus entstanden die soziale Frage, die Arbeiterbewegung, die Gewerkschaften und die Schulpflicht für die Kinder. Der moderne Mensch der westlichen Welt weiß sich also zu wehren. Von Sklaventum, das allein auf einem 8-Stunden-Tag (in manchen Branchen weniger) beruht, kann also nicht mehr die Rede sein. Jeder Mensch kann sich selber aussuchen, was, für wen und für wieviel Entlohnung er arbeiten will. Er kann es auch bleiben lassen und sich vom Staat sein Geld holen. Jedenfalls ist er frei, sich die Expertise anzueignen, die ihn dazu befähigt, Forderungen zu stellen. Man muss eben die richtige Nase dafür haben, welche Fähigkeiten zur Zeit gefragt sind, andererseits ist aber auch verständlich, dass ein Mensch lieber seinen Interessen beruflich nachgehen will und sich dafür notfalls finanziell einschränkt. Es steht auch jedem Menschen frei, sich hoch zu verschulden, um sich einen BMW, eine Immobilie oder ein Brillantcollier leisten zu können. Dafür dann arbeiten zu "müssen", ist keine Sklaverei, sondern eine ohne Einwirkung von außen getroffene Entscheidung. Hans Plonka versucht indessen nachzuweisen, dass jede Erwerbstätigkeit an sich schon Sklaverei sei, dass der Mensch sich Freiheit nur einbilde und dass er in Wahrheit nicht mehr wert sei als ein unterwürfiger Hund. Das ist reichlich starker Tobak. Zufällig arbeiten nämlich auch die Reichen, und zwar oft mehr als nur acht Stunden am Tag. Auch sie kennen Pflichten und Zwänge, obendrein sind sie ständig in Gefahr, angefeindet, entführt oder erpresst zu werden. Viele von ihnen können sich nirgendwo ohne Bodyguards bewegen. Sklaverei definiert sich anders. Um zu verstehen, wie sie funktioniert hat (und immer noch funktioniert), muss man sich mit ihrer Historie befassen. Dann relativiert sich auch schnell die Sklaverei der "bösen" US-Amerikaner. Dort fand die Sklaverei innerhalb von 100 Jahren ihr Ende. Verbreitet war sie schon früher und ist sie noch heute - wie bereits oben erwähnt - im arabischen Raum. Übrigens wurden früher die Menschen in Afrika nicht von Weißen gejagt und in Netzen gefangen, wie dumme Kinofilme oft gezeigt hatten, sondern sie waren Kriegsgefangene, die von den Siegern verkauft wurden. Wer nicht verkauft werden konnte, wurde getötet, denn unnütze Esser konnte ein Stamm nicht gebrauchen. Von diesen Gefangenen gab es genug, denn die afrikanischen Fürsten- und Königtümer lagen ständig in Kriegen miteinander. Die fleißigsten Sklavenhändler waren übrigens die Franzosen, ihre Schiffe liefen von Nîmes nach Afrika aus. Und nicht immer kamen die Schiffe mit dem nötigen Erfolg zurück, um die Kredite für die Fahrt zurückzahlen zu können, es bestand immer ein erhebliches Verlustrisiko bei dieser Art von Unternehmen, bei denen Umwege an die Küsten der Abnehmer für das "Material" gemacht werden mussten. Kriege zwischen den Handelsnationen, die auch auf See ausgetragen wurden, sowie Piraterie erschwerten das Unterfangen. Wer gar einen Sklaven als Leibdiener mit sich nach Frankreich brachte, musste damit rechnen, dass er ausriss und bei den Behörden seine Freiheit erwirkte; denn in Frankreich war Sklaverei ungesetzlich. Dies nur mal, soweit ich es aus meinem Gedächtnis abrufen konnte, was wahre Sklaverei ausmacht. Sie ist jedenfalls nicht das, was Hans aus ihr machen will: ein Begriff, den man isoliert aufgreifen und unter Gegenwartsbezug beliebig mit Interpretationen füllen kann. |
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