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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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14.07.2019, 17:50 | #1 |
Forumsleitung
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Vom Reden und Schweigen
Vor deinem Alter muss ich mich verneigen,
nicht jeder wird an Jahren reich bedacht. Jedoch: Was hat die Zeit mit dir gemacht? Ich kann dich nicht erreichen und muss schweigen. Dein Reden kann ich längst nicht mehr begreifen, du phantasierst, und jeder Satz klingt wirr, Gedanken hüpfen durch dein Hirn wie irr, statt Feld und Hain der Klarsicht zu durchstreifen. Ich kann dir meine Welt nicht länger zeigen, nichts öffnet mehr den Riegel deiner Tür. Und weil ich weiß: Du kannst ja nichts dafür, hör ich dir zu und hülle mich in Schweigen. 14.07.2019 |
14.07.2019, 18:34 | #2 |
Liebe Ilka-Maria,
ein ganz starker Text, der mich sofort mitnimmt! Dieses absolute „muss“ in dem Text würde ich wahrscheinlich vermeiden. Aber du musst meiner Vorstellung nicht folgen. Sehr gerne gelesen! „Gedanken hüpfen durch dein Hirn wie irr, statt Feld und Hain der Klarsicht zu durchstreifen.“ Super formuliert! Liebe Grüße Gylon Vor deinem Alter kann ich mich verneigen, nicht jeder wird an Jahren reich bedacht. Jedoch: Was hat die Zeit mit dir gemacht? Ich kann dich nicht erreichen, sollte schweigen. |
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14.07.2019, 18:49 | #3 |
Forumsleitung
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Deine Version setzt eine Option voraus oder eine Hoffnung: Ich sage noch etwas, obwohl ich weiß, dass es nicht zu der erwarteten Reaktion führt. Aber ich versuche es, obwohl ich weiß, ich sollte schweigen.
Meine Version kennt diese Option nicht mehr. Jedes Reden ist vergebens, weil kein Empfänger mehr dafür da ist. Deshalb muss ich schweigen, ich könnte nämlich mit meinem Reden noch größere Verwirrung in dem ohnehin verwirrten Gehirn anrichten. Mit anderen Worten: Das lyrische Ich und das lyrische Du sprechen nicht mehr die gleiche Sprache. Dazu kommt, dass Menschen in diesem Demenz-Stadium nicht mehr in der Kontinuität leben. |
14.07.2019, 18:57 | #4 |
Liebe Ilka-Maria,
deiner Argumentation kann ich bedenkenlos folgen, den Gedanken hatte ich auch, aber irgendwie wollte ich noch etwas Hoffnung in den Text streuen. In der Beziehung bin ich halt ein Hoffnungsloser Fall. Liebe Grüße Gylon |
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15.07.2019, 15:12 | #5 |
Liebe Ilka-Maria,
ein wirklich beeindruckender Text. Nur eines fehlt mir. Wie aus meiner ehrenamtlichen Arbeit mit Sterbenden weiß, unter denen auch viele Demente sind, kann man diese Menschen auf emotionaler Ebene noch gut erreichen. Sprache funktioniert ab einem bestimmten Stadium so gut wie nicht mehr, da gebe ich dir recht. Sehr gerne gelesen, AlteLyrikerin. |
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15.07.2019, 15:26 | #6 |
abgemeldet
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Dieses Gedicht hat mich tief berührt und hat mich heute den ganzen Tag begleitet.
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