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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten. |
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10.09.2012, 09:33 | #1 |
Jahreszeiten
Schritte hallen tönern durch den dunklen Flur der Stadt,
und Männer lehnen sich an nackte Säulen, und Frauen stehen stumm und kalt an Häuserecken, und Autos blicken stumpf aus matten Scheiben, und Kinorachen spucken lebende Fontänen, und kalter Nebel faßt dich an wie Tod, und halbe Worte welken in den Mäulern, wenn das der Herbst nicht wär, es wäre wohl zum Heulen. Und Schnee fällt weiß und wollig in die Nacht und läßt das Licht aus seinen Gräbern steigen, und an den Scheiben hängen bunte Glaskristalle, und warme Hände halten kalte fest umschlungen, und aus den Fenstern blicken heimlich Lichter, rot, gelb und grün, und rot sind auch die eingewickelten Gesichter der Menschen, die des Winters Straßen fliehn. Und Sonne lockt das Grün aus allen Löchern, und Bänke stehen frisch gestrichen in den Parks, und Blumen zeigen ihre ersten Farben und Mädchen ihre neuen kurzen Röcke, und Blicke folgen flinken schlanken Beinen, und Vögel singen morgens beim Erwachen. Das muß der Frühling sein, so voll von Lust und Lachen. Und Früchte quellen reif aus Blütenträumen, einschläfernd wirkt der süße schwere Duft, und Wasserquellen brechen schwüles Schweigen, und schwere Seufzer zittern in der Luft, und Vollmondnächte sehen süße Qualen, und Kinder schreien schrill, und alte Leute malen, um festzuhalten was entfliehen will. Aus jeder Stunde quillt in stillem Geben ein bißchen Rausch aus einem Sommerleben. |
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10.09.2012, 09:53 | #2 |
R.I.P.
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Halli Hallo, asd -
ich weiß, es gibt Leser, die gehäufte "und" ablehnen, aber hier - finde ich - ist das ein ausgezeichnetes Stilmittel. Besonders gefallen mir die unverbrauchten Metaphern und die durchgängige Melodie, der schwingende Rhythmus, die Farben. Ich bin sehr angetan. Ein ungewöhnliches, starkes Gedicht! Lieben Gruß von Thing |
10.09.2012, 10:03 | #3 |
abgemeldet
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Jahreszeiten
@asd
Du gibst einen Abriss der Jahreszeiten: Herbst, Winter, Frühling, Sommer. Das Gedicht vermeidet im großen und ganzen Klischees, ja manches ist recht originell. Es ist im freien Vers geschrieben, hält aber, soweit ich das feststellen konnte, den Jambus ein. Das kann von Vorteil sein, ist aber beim freien Vers oftmals von Nachteil. Das Gedicht umfasst gleich ein ganzes Jahr. Besser wäre es wohl gewesen, du wärest auf eine einzige Jahreszeit eingegangen. Da hättest du persönliche Erfahrungen einbauen können, das Ganze wäre dann auch persönlicher geworden. In seinem jetzigen Zustand spricht es mich emotional nicht an. Das aber ist wesentlicher Bestandteil der Wirkung eines Gedichts auf den Leser. Er muss die Jahreszeiten, die er ja kennt, wiedererkennen und fühlen können. Du bemühst zu oft die Anapher "und". Ein-, zweimal wäre es recht. Aber in dieser Häufung entspringt sie wohl mehr der Einfügung in den Jambus und wirkt auf die Dauer ermüdend auf den Leser, sodass er den Eindruck bekommen könnte, dass der Autor mit dem Gedicht nicht zurechtgekommen ist. Das aber bist du mit den genannten Einschränkungen meiner Ansicht nach, nur das gehäufte "und" ist doch recht störend. Nitribitto |
10.09.2012, 10:09 | #4 |
Hallo. asd,
mir gefällt dieses ganz andere Jahreszeitengedicht auch sehr gut, ich find´s rundum gelungen, sehr genau beobachtet und geschickt in Verse gepackt. (Schmunzeln musste ich beim Lesen der Zeilen: "und Blumen zeigen ihre ersten Farben und Mädchen ihre neuen kurzen Röcke, und Blicke folgen flinken schlanken Beinen" besonders stark auch: "und alte Leute malen um festzuhalten, was entfliehen will." sehr gern gelesen, simbaladung |
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11.09.2012, 15:01 | #5 |
Ich freue mich über die stark sachbezogene Kritik. Die Punkte zum "und" kann ich weitgehend nachvollziehen. Als ich die Texte, (lange als geheim verborgen), neu ans Licht hervorholte, wunderte ich mich selbst über diese Form. Ich kann aber die Gründe dafür nicht mehr nachvollziehen.
Ich vermute, die Versuchung zum "und " als Verbindungsstück (und damit zu einer Aufzählung) wird dadurch gefördert, daß für dieses Gedicht die Frage gestellt ist: "was Passiert" ? bezogen auf die Zeit (z.B. Herbst usw. ) Im Unterschied zu der bei den meisten anderen Gedichten (von mir) im Vordergrund stehenden Frage: "was empfinde ich ?" Wenn man das "und" überall wegnimmt, ( ich habe es im Nachhinein versucht), zerfällt das Gedicht. Der Zielbezug der Aussagen geht verloren. Vielen Dank für Euer Interesse |
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11.09.2012, 15:03 | #6 |
R.I.P.
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