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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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05.08.2020, 19:12 | #1 |
Adieu, mein Freund
Dein Lebenswille war davongeflogen,
Doch hätt' ich ihn erneut zurecht gebogen, Dich von den Drogen fort gezogen, Warum hattest du mich bloß belogen? Dein Innerstes nicht offenbart, Die wichtigen Worte aufgespart, Ich hätte mich doch deiner angenommen, Wärst du bloß zu mir gekommen, Stattdessen wähltest du vom Weltgescheh'n benommen, Die Möglichkeit dem selben zu entkommen. Wie war es für dich, als du den Strick gebunden, Um damit der Welt deine Entscheidung bekunden, Fragtest du dich, wer hinterbleibt? Und deine traurige Geschichte beschreibt? Fragtest du dich, wer bitterlich weint? Und später auf deinem Begräbnis erscheint? Fragtest du dich, ob dein Leben es wert? Im Tode ein Rätsel für deinen Abschied erklärt? Die Zeugen der Zeit, die dir nicht mehr bleibt, hinterblieben mit endlosem Leid, denn für deinen Tod war niemand bereit. Keiner gewappnet, Als du, vom Leben entwaffnet, In deinem Pakt mit dem Engel der Toten Ein allerletztes mal die Stirn geboten, Doch in dem Spiel mit dem Seil und dem Knoten Ist einzig allein das Überleben verboten. Was bleibt sind endlose Fragen, Wieviel an Leid du wohl ertragen, Wieviel Schmerz und welche Last, Das du dich so entschieden hast. In deinem letzten so stummen Schrei, War einzig die Wahl deines Todes Dir frei. Losgesagt vom irdischen Treiben, Schwebtest dahin, wolltest nicht bleiben, Mit Flügeln einem Engel so gleich, Für immer ins himmlische Reich. Doch warte dort oben, ich komme dahin, Sobald ich dieser Welt überdrüssig bin. |
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05.08.2020, 20:19 | #2 |
berührend
Hallo Shentrox, in Deinem Gedicht spiegeln sich der Schmerz und das Leid, auch derer die zurück blieben, ebenso wie die Verzweiflung und die Hilflosigkeit wider. Es ist nicht einfach, diese Gefühle zu beschreiben. Dir ist es gelungen, mich als Leser zu erreichen und zu berühren.
Sei gegrüßt von Silver |
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05.08.2020, 20:57 | #3 |
Ich danke dir silver für eine solch positive erste Kritik. Da es mein erstes mal auf einer solchen plattform ist und man aus dem Internet so manches gewohnt ist war ich relativ skeptisch eingestellt, umso mehr freut und beruhigt mich deine Resonanz sowie die Ernsthaftigkeit mit der generell hier umgegangen wird, zumindest dass was aus den meisten Kommentaren, die ich mir angeschaut habe, hervorgeht
tatsächlich war der Tod eines engen Freundes der Startschuss fürs Dichten gewesen, und nun 5 Jahre danach ist es eine schöne neue Erfahrung jemanden mit den in reimen gefassten Emotionen zu berühren. Wirklich ein dickes Dankeschön für deinen Beitrag |
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05.08.2020, 21:35 | #4 |
05.08.2020, 21:57 | #5 |
Mein erstes mal auf einer forumplattform meinte ich damit, scheinbar habe ich mich missverständlich ausgedrückt und anderes gewohnt bin ich angefangen von SchülerVZ über Facebook bis hin zu insta oder jodel und Youtube sowie ähnliches, getreu dem Motto Internet is for trolls and porn..
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05.08.2020, 22:46 | #6 | |
Forumsleitung
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Zitat:
Zunächst einmal ist er, soweit das Zitat reicht, ein einziger Vorwurf. Hättest du nur ... Da bläst sich jemand zum verhinderten Erlöser auf, der sein Wegsehen damit rechtfertigt, dass ein Hilfebedürftiger das Maul nicht aufgemacht hat. Obwohl das Bedürfnis klar erkennbar gewesen sein muss, denn sonst könnte man ja nicht darüber schreiben. Der Gescheiterte behält die Schuld, sie bleibt sein Baby. Niemand fragt danach, ob dieser Gescheiterte sich überhaupt noch hätte mitteilen können. Ich habe da einiges aus Begegnungen mit sprachlos gewordenen Menschen gelernt. Ich weiß nicht, ob der Texter dieses Beitrags in der Realität zu Hause ist. Wenn ja, ist es nicht meine Realität. Schon gar nicht, wenn man sich damit freizuschaufeln versucht: "Du hast ja nie etwas gesagt." Obwohl man sieht, dass dem Mensch schon das Wasser an Oberkannte/Unterlippe steht. Die Wahrheit ist doch: Niemand will es hören, damit er nicht in die moralische Pflicht genommen wird! |
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06.08.2020, 07:48 | #7 |
Zunächst einmal danke ich dir für deine Kritik, die genauso wichtig ist wie das wohlwollen der Vorgänger . Ich bin ja nicht hier um mir nur Lob abzuholen, da würde sich ne Bühne besser anbieten. Kurz zur Erklärung, es war ein sehr enger Schulfreund und Nachbar gewesen, bis wir uns nach dem Abitur zwecks Studium etwas auseinandergelebt hatten, anderes Umfeld etc. 3 Monate vor seinem Ableben traf ich ihn noch an einer Bushaltestelle an der wir uns kurz austauschten, er erzählte zwar von seinem gescheiterten Studiengang und der momentanen Arbeitslosigkeit aber nichts von den Drogen und seinen Depressionen, ich zog weg und ein halbes Jahr später erfahre ich von einem anderen kindheitsfreund dass er seinen Tod frei gewählt hat. Und ja es ist ein Vorwurf, mag es vielleicht an meinem Alter liegen oder lediglich dass ich einfach niemals nachvollziehen könnte warum man sich selbst das Leben nimmt, aber ich war sauer auf ihn, Schande über mein Haupt, nicht weil mir die Möglichkeit genommen wurde ihn zu erretten, ich bin kein Jesus, aber weil ich unsere Freundschaft so eingeschätzt habe dass man über so etwas spricht, ich war enttäuscht, und ja irgendwo schon auch des versuches beraubt ihm irgendwie helfen zu können, wahrscheinlich hast du damit doch ein bisschen Recht,
Jedenfalls blieben mir all die Fragen, ich habe versucht mich in jemanden hineinzuversetzen der sich für den Freitod entscheidet, was mir extrem schwer gefallen ist. Und was meinst du genau mit Realität? Was ist denn bitte für dich Realität? Ich verstehe wirklich nicht wieso ich nicht in der gleichen Realität leben soll nur weil ich nicht nachvollziehen kann warum man sich entscheidet sich das Leben zu nehmen, und die Wahrheit die du so scheinbar faktisch hinstellst mag vielleicht für deine Sichtweise des Menschen gelten, ich für meinen Teil habe mich nach dem Vorfall für ein Psychologiestudium entschieden weil ich wenn es irgendwie möglich ist eine solche situation frühzeitig erkennen möchte und nach bestem wissen und gewissen helfen möchte. Also frage ich noch mal, welche Realität meinst du? Wenn in deiner Realität die Menschen ihr eigenes Ding machen und sich vor hilfebedürftigen betroffen umdrehen um nicht in die moralische Pflicht genommen zu werden, dann hast du entweder im Vorfeld bei der Wahl deines Umfeldes so einiges verkehrt gemacht, oder du passt gut in dieses Bild hinein, so oder so bin ich in beiden Fällen aber froh nicht in der gleichen Realität zu Hause zu sein wie du . Ich hoffe du verstehst das nicht als persönlichen Angriff, wie gesagt bin ich neu in einem solchen forum, also verzeiht mir bitte, sollte ich mich mal zu weit aus den Fenster lehnen, ein respektvollen Umgang ist mir auch bei einer Diskussion sehr wichtig |
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06.08.2020, 08:33 | #8 |
Forumsleitung
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Ich halte mich an den Text, private Erlebnisse sind für meine Bewertung kein Kriterium. Für mich lautet die Aussage der ersten Zeilen: Wer den Mund nicht aufmacht, ist selber schuld, dass er kaputtgeht, denn ich hätte es verhindern können.
Das ist perfide, prahlerisch und außerdem im Nachhinein nicht beweisbar. Die "hätte-hätte-Fahrradkette" hinterher aufzuziehen ist eine mühelose Taktik, die leicht zu durchschauen ist. Deshalb klingen die Verse auch danach, als wolle sich ein schlechtes Gewissen rechtfertigen, indem es dem "Sprachlosen" Vorwürfe macht. So kommt es jedenfalls bei mir an. Natürlich muss das niemand auf die gleiche Weise werten, aber ich hätte ein solches Thema mit mehr Verständnis und Mitgefühl für das Lyrische Du aufgezogen. Der vorwurfsvolle Ton gleich zu Anfang wirkt auf mich ziemlich verstörend. Übrigens: Es wäre tödlich, einen Suizid "nachvollziehen" zu wollen. Wie wäre es mit dem schlchten, aber korrekten Wort "verstehen"? Schon einmal von dem Psychologie-Professor Jordan Peterson gehört? Er pflegt zu sagen: "I am very, very, very careful with my words." |
06.08.2020, 09:03 | #9 | |
Zitat:
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06.08.2020, 12:21 | #10 |
@Ilka Maria
Zunächst einmal ist jede Bewertung von persönlichen Erfahrungen/Erlebnissen geprägt, es ist sehr anmaßend zu behaupten das persönliche Urteil wäre frei vom Einfluss solcher. Ein 60jähriger sterbebegleiter bewertet einen solchen Text definitiv anders als ein 20jähriger der zum ersten Mal mit einem Selbstmord konfrontiert wird. Und das war ich damals nun mal, von daher ist es ja auch gar nicht verkehrt wie es bei dir ankommt, es war anklagend, gefrustet, Verständnislos gemeint, darüber hinaus sauer über das Gefühl der Ohnmacht, und mehr als ein aufschrei der Verzweiflung zu verstehen als die bloße Unterstellung man würde sich als der heiler allen Bösen hinstellen . Natürlich hätte er es mir erzählen können und ich hätte vielleicht nichts dran ändern können, klar ist das im Nachhinein nicht beweisbar aber genauso hätte es auch anders kommen können. Und zu dem Thema schlechtes Gewissen, ich finde nicht dass mein Gedicht so viel interpretationsspielraum bietet, dass man so etwas reinbasteln kann, wie gesagt da steckte viel Frust und Verständnislosigkeit aber keineswegs ein schlechtes gewissen welches zu rechtfertigen gilt drinn, Selbstmord ist für meine Einschätzung ein sehr egoistischer Schritt, und ja mir ist bewusst, dass die Aussage jetzt sehr viel Angriffsfläche bietet, aber das ist meine Sichtweise. Und das ist schön und bewundernswert wie du das Gedicht aufgezogen hättest, für meinen Fall wäre dies aber absolut nicht authentisch gewesen, denn mein Gedicht ist genau das was es ist, eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Emotionen aufgrund des selbstgewählten Ableben eines vertrauten Menschen. Und für Verständnis oder Mitgefühl war im ersten Moment nun mal kein Platz, wenn ich auch heute noch bezweifle dass verstorbene mit Mitgefühl was anfangen können, das hebt man sich lieber für die Hinterbliebenen auf. Und nein leider war dieset Professor noch kein Bestandteil meines Studiums, scheint aber ein weiser Mann zu sein |
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06.08.2020, 12:26 | #11 |
@piotr
Also iwie kann ich mit deinen Beiträgen wenig bis gar nichts anfangen, und ich habe auch nicht das Gefühl dass du überhaupt an einem Disput interessiert bist . Falls ich dir Unrecht tue, tut es mir leid |
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06.08.2020, 12:29 | #12 |
Forumsleitung
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Die Zeit wird es richten. Niemand denkt mit 60 Jahren noch wie mit 30.
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06.08.2020, 12:35 | #13 |
Ja das stimmt sehr wohl, was aber nicht bedeutet dass man mit 60 zwangsläufig richtiger denkt als mit 30
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06.08.2020, 12:39 | #14 |
Hallo Shentrox,
wie ein Text gemeint ist, ist unabhängig von der Frage, wie er vom Leser verstanden wird. Wenn er nicht so verstanden wird, wie es beabsichtigt war, kann man sich fragen, woran das liegen könnte, und ob man es ändern möchte. Ich empfinde deine Zeilen auch als sehr anklagend. Zum Ende hin wird es lichter; aber eben auch schwülstiger für meinen Geschmack, und fragwürdiger, um nicht zu sagen "unglaubwürdiger". Als Rap mag der Text möglicherweise in gewissen Kreisen funktionieren, aber als reiner Lesetext empfinde ich ihn nicht als gelungen. Die Reime sind mir zu billig, einen durchgängigen Rythmus sehe ich nicht. Zudem liegt die Würze oft in der Kürze. Problematisch auch das Thema Suizid, gerade in einem Einsteigertext. Einmal abgesehen vom Ernst der Lage, die dahinterstehen könnte, für die ein Lyrikforum aber die falsche Plattform wäre: es ist ein typisch dramatisches Thema, auf dem gerne von Leuten herumgeritten wird, die mit dieser Wahl beabsichtigen, sich Aufmerksamkeit zu erschreien. So etwas kommt selten gut an. LG Sonnenwind |
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06.08.2020, 12:43 | #15 |
Forumsleitung
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Richtig? Dessen kann man nie sicher sein.
Man wird aber frei von den Allmachtsphantasien eines pubertierenden Harry Potter. Es gibt Dinge im Leben, auf die man nun mal keinen Einfluss hat, und das muss man zu akzeptieren lernen. Wenn jemand den Freitod wählt, ist das seine Entscheidung. Jeder Mensch hat das Recht dazu, und das sollte respektiert werden. Ihm gebührt ein anständiges Andenken und ein würdevolles Grab, anstatt namenlos verscharrt zu werden, wie es früher üblich für Menschen war, die sich nicht angepasst durch das gesellschaftliche Dasein quälen wollten. Ich sehe einfach keinen Sinn darin, sich die Haare darüber zu raufen, dass jemand diesen Weg gegangen ist. Sieh dir mal den Film "The Bridge" an. Vielleicht verstehst du dann, was ich meine. Du findest ihn auf youtube: https://www.youtube.com/watch?v=gRs-DlYmws4 Von der Golden Gate springen jedes Jahr mehr als 20 Menschen in den Tod. Gerade als Student der Psychologie könnte der Film für dich aufschlussreich sein. |
06.08.2020, 13:11 | #16 |
Hallo sonnenwind,
Vielen Dank für deine sehr sachliche Kritik Auch hier zu kann ich wieder sagen, dass der Text ja auch größtenteils so gemeint war, im Grunde also doch mehr oder weniger den gewünschten Effekt erzielt, wie gesagt bin ich kein 80jähriger vom Leben gezeichneter Mann, und das spiegelt sich natürlich auch in meinen Gedichten wieder. Und zu der themenwahl, ich hab mich ja nicht hingesetzt und mir überlegt, hey mit welchem Thema ziehe ich die meiste Aufmerksamkeit auf mich? . Es war lediglich der erste Beweggrund der mich zum schreiben brachte, und um chronologisch korrekt zu bleiben veröffentlichte ich das hier auch als erstes, aber du hast vollkommen recht, hätte ich mir vorher gedanken drüber gemacht, hätte ich auch zu dem schluss kommen können, dass die Thematik für ein erstes Aushängeschild nicht unbedingt das gelbe vom Ei ist Ich hoffe dass ich mit weiteren Werken eher dein wohlwollen gewinne Lg |
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Lesezeichen für Adieu, mein Freund |
Stichworte |
tod, trauer, verlust |
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