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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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11.10.2013, 23:10 | #1 |
Forumsleitung
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Wohin gehst du?
Ich weiß, ich tu der Hand jetzt weh,
die ich zum letzten Male drück, um die ich warb zu meinem Glück, und die mir sagt: „Lass los, ich geh!“ Ich hab’s versaut, es tut mir leid, nur einmal nahm ich deine Hand, als uns der Ehering verband an bleicher Hand auf weißem Kleid. Bevor du deine Lider senkst, fleh ich dich an: „Verzeih, verzeih!“ Du warst mir niemals einerlei. Wohin du deinen Schritt auch lenkst: Geh wortlos nicht an mir vorbei! Ich fleh dich an: „Verzeih, verzeih!“ Ich bin zerknirscht und zwergenklein, will winselnd wie ein armer Hund, beschämt bis auf den tiefsten Grund, getreu an deiner Seite sein. Ich weiß: Das alles kommt zu spät, das nimmst du mir auch nicht mehr ab, denn jeder füllt das eigne Grab mit Schulden, die er auf sich lädt. Doch du, mein Lieb, bist schuldenfrei. Heut weiß ich, was ich dir verdank. Ich bin im Soll: „Verzeih, verzeih!“ Es macht mich irre, macht mich krank, dass du mich lässt im Einerlei. Gib mir zwei Worte „Ich verzeih …“. 11. Oktober 2013 by Ilka-Maria |
12.10.2013, 11:53 | #2 |
gesperrt
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Warum antwortet hier keiner?
Das ist doch so ein schönes Gedicht über Liebe, Schuld und Verzeihen. So ehrlich aus der Seele rausgesprochen, sogar aus der I.-M-typischen Sachlichkeit ausgebrochen, mit einem anrührenden Geständnis, so warm und um Verzeihung bittend. Das muss doch vielen aus der Seele geschrieben sein. Auch aus meiner. Denn ein jeder hat ein Schuldenkonto. Jeronimo |
12.10.2013, 12:18 | #3 |
R.I.P.
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Hallo, Jeronimo und Ilka-Maria -
es geht nicht immer alles so hoppla-hopp! Das Gedicht ist erster Güte, das gibts nichts zu rütteln. Alles drin und dran, was ein wirklich gutes Gedicht ausmacht. Der dritte Vers ist eine ganz spezielle Köstlichkeit. Leiglich das "irre" paßt mir nicht ganz. Auf der einen Seite find ich es zu heftig (und Irresein ist ja eine Krankheit), auf der anderen Seite zu doppeldeutig. (z.B. Ich wurde irre an ihr in der Bedeutung von Zweifel an der eigenen Wahrnehmung). Ich wäre auf einen Begriff wie "mutlos" o.ä. ausgewichen. Daumen hoch von Thing |
12.10.2013, 12:58 | #4 |
Wow! Mal ein ganz anderer Ton wieder, den ich lange nicht von dir gehört habe. Subtiler, wie ich finde. Gefällt mir ausgezeichnet, liebe Ilka.
LG gummibaum |
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12.10.2013, 13:12 | #5 |
Forumsleitung
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Dank an Euch für die Resonanz.
"Mutlos" klingt nicht schlecht, passt aber nicht zum Inhalt der Strophe. Wer mutlos ist, fleht nicht mehr, sondern hat aufgegeben. Hier ist aber das Gegenteil der Fall, das LI kämpft noch, wenn auch in der Verzweiflung, dass alles Flehen sehr wahrscheinlich nicht zum Erfolg führen wird. Gerade wegen dieser Verzweiflung habe ich bewusst einen umgangssprachlichen Ton angeschlagen. Wer sich in einer solchen Situation nämlich um die Wahl feiner Worte sorgt, ist für die angesprochene Person meiner Meinung nach kaum glaubwürdig, sondern eher mit Argwohn zu sehen. Außerdem: Wer sich selbst als mutlos bezeichnet, wird wohl kaum von jemandem, der bereits auf der Türschwelle steht, vom Gegenteil überzeugt, sondern erst recht als Verlierer angesehen werden. Vielleicht fällt mir als Ersatz für "irre" noch etwas anderes ein - mal drüber nachdenken. LG Ilka |
12.10.2013, 18:31 | #6 |
Ilka,
dieses Gedicht macht ganz viel mit mir. Danke dafür. Zu dem Vers: "Es macht mich irre, ... hatte ich die Assoziation "kirre" -verrückt, lässt mich nicht los. Mehr möchte ich dazu nicht schreiben. schönes Wochenende, simba |
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12.10.2013, 18:52 | #7 |
R.I.P.
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aber bedeutet "kirre" nicht gezähmt?
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12.10.2013, 19:02 | #8 |
Thing,
ich hab vorher nachgeschaut, weil mich auch interesseirt hat, woher das Wort kirre kommt. Du hast Recht, die Bedeutung "gezähmt" hat es auch, heute wird es aber in der Bedeutung "nicht mehr von etwas loskommen, verwirrt, verrückt werden gebraucht. (In der Umgangssprache) Gruß, s. |
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12.10.2013, 20:28 | #9 |
R.I.P.
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Mein Brockhaus behauptet nach wie vor:
zahm, gefügig |
12.10.2013, 22:03 | #10 |
Der Duden (online) kennt beide Bedeutungen.
Hier bei uns (im Ruhrgebiet) ist es eine gängige Redewendung: Mach mich nicht kirre! oder das macht mich ganz kirre! Mich würd schon interessieren, ob das in anderen Regionen auch so verbreitet ist. |
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12.10.2013, 22:19 | #11 |
gesperrt
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Wir im Norden sind sehr konservativ und sagen "nicht ganz dicht" oder "beknackt".
"Kirre" waren hier vor Jahren mal Mädels zwischen 12 und 15, die für einen Nachmittag einen Konfirmanden "auf ewig" verfielen. "Irre" sind häufig Touristen aus dem Ruhrgebiet, die fragen, wo die Garagen von den großen Schiffen stehen. Heute ist "kirre" uncool und man wird bei Verwendung gleich ins Altenheim durchgereicht. Irre: Jeronimo |
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