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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 17.04.2024, 12:26   #1
männlich Crystaloser
 
Dabei seit: 02/2011
Ort: Nürnberg
Alter: 42
Beiträge: 143

Standard Stilles Haus

Nachdichtung aus dem Russischen von Wladimir Wyssozki


Steht ein stilles Haus, ganz im Sonnenschein,
Google Maps beschwatzt: Ja, hier muss es sein.
All die Fenster vorn nützen doch nicht viel!
Zeig den Eingang mir in das Domizil.

Bin schon jetzt erschöpft nach dem SEV,
wo der Eingang steckt, weiß wohl keine Sau,
aber kann sehr gut sich in Schweigen hüll’n –
auf „Hallo?“ von mir – wie im Schauerfilm …

Irgendwie ich doch in das Haus eintrat
wie ein Flüchtling in einen andren Staat,
wurde abserviert ich schon beim Empfang,
scheint, nur Äußeres ist hier von Belang.

Brach ich dann vom Zaun ’nen Streit ohne Halt,
sie betonte, ich sei hier unerwünscht,
Rot des Nagellacks hat fast übertüncht
auf dem Blatt den Ernst des Worts „Staatsanwalt“.

Wer kann sagen, was ist das für ein Haus,
warum grade jetzt dieses Saus und Schmaus?
Dieses Lichtermeer, alles strahlt perfekt,
und kein Fältchen auf Bluse und Jackett.

Gibt’s ’ne Chance, dass man jemand anerkennt,
der den Ansprüchen so gar nicht genügt?
Mit der Antwort „Hast wohl lange gepennt
und die Welt vergessen.“ wurd’ ich gerügt.

„Unser Leben läuft doch schon immer so,
hier ist fei kein Zoo – hier riecht’s nach Croissants,
Leistung ist, was zählt, Sieger trinken Sekt,
wer da nicht mitflitzt, fliegt aus dem Projekt.“

„Wie ihr seht, hab ich keinerlei Gepäck,
nur was durchgemacht, trag’ ich mit mir rum,
doch wie kann es sein, dass der große Sturm
all der Krisen flog über euch hinweg?“

„Welche Krisen? Nie was davon gehört.“
Fremd in diesem Haus, lief ich raus und fort …
Wo ist noch ein Ort, wo es nicht so glänzt,
keine Dornen man Parias einkränzt?

Wo dafür noch etwas funktioniert,
gar sofort und nicht erst beim zehnten Mal,
Missverständnisse noch Ausnahme sind
und nicht alles allen ist scheißegal!

… Vieles ist verblasst, vieles abgeebbt,
Leben warf mich weg … dann hat mitgeschleppt.
Ist der eigne Anspruch vielleicht zu hoch?,
dachte ich und kroch in mein Winterloch.
Crystaloser ist offline   Mit Zitat antworten
Alt Gestern, 19:52   #2
weiblich Inka
 
Benutzerbild von Inka
 
Dabei seit: 07/2021
Ort: Odenwald
Alter: 85
Beiträge: 318

Standard Guten Abend

Lieber Crystaloser,

auf Deinen Beitrag wollte ich schon lange mal reagieren. Der in Russland bzw. in den ehemaligen Sowjetrepubliken sehr bekannte und beliebte Sänger Wladimir Wissozki (oder Vladimir Vysotski), der dort auch als größter Liedermacher des Jahrhunderts bezeichnet wird, „begegnete“ mir vor Jahren bei „youtube“ im Zusammenhang mit Marina Vlady.

Sie wurde mehrfach ausgezeichnet und war mir bekannt aus dem Film „Die blonde Hexe“, den ich 1955 gesehen hatte. Mit dieser französischen Schauspielerin und mittlerweile Autorin von zwölf Büchern war er elf Jahre verheiratet.

Die DVD „Die blonde Hexe“ und auch die Biographie „Eine Liebe zwischen zwei Welten – Mein Leben mit Wladimir Wissozki“ ließ ich mir mal schicken. Das Buch habe ich leider inzwischen verschenkt.

Ich wusste nicht, dass W.W. auch Schauspieler und Lyriker war. Sogar eine Briefmarke wurde ihm 1999 gewidmet und viele Ehrungen wurden im zuteil (auch posthum). Bedauerlich, dass er nur 42 Jahre alt wurde.

Liebe Grüße von Inka

P.S. In unserer Nachbarschaft wohnen einige Russlanddeutsche, die mit Begeisterung auf W.W. reagierten, als ich ihnen erzählte, dass ich mir einige Beiträge unter "youtube" angehört hatte (obwohl ich kein Wort verstehe). Seine Stimme klingt aber interessant.
Inka ist offline   Mit Zitat antworten
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