Nachmittag
Wir liegen gemeinsam in meinem Bett. Sie trägt den dunkelbraunen Rock und die schwarz-seidenen Strümpfe, den grünen Pullover. Mein Hemd ist weit geöffnet. Wir sehen schön aus. Ich lese; Geschichten von der Besatzung, Duras. Sie sieht mir zu. Sie sieht mehr dabei als ich je sehen könnte. Keine Miene verzerre ich, keine Bewegung vollführe ich. Und sie sieht trotzdem: Wie ich die Bilder forme, wie ich lebe in den Bildern, wie ich fühle, was ich lese. Sie streichelt mir den Hals. Ich zeige nicht, dass ich es bemerke. Sie merkt, wie sehr ich fühle, was ich lese. Ich bin müde. Noch fünf Seiten bis zum Ende. Geduldig wartet sie auf mich. Wenn ich fertig bin, wird sie mir etwas sagen. Vielleicht will sie mich küssen. Ich erwarte nichts. Ihr Lächeln ist sanft. Sie ist glücklich. Ich bin glücklich. Der Nazi stirbt. Ich bin fertig, lege das Buch hinter ihren Rücken. Wir sprechen nicht. Sie lehnt sich an mich. Ihre Hand liegt auf meiner Brust. Mein Herz geht ruhig. Ich denke über sie, über Gefühltes. Wenn ich jetzt schlafe, träume ich davon. Ich bin mir sicher. Sie ist eingeschlafen. Ich sollte ihr folgen. Ihre Beine rekeln sich. Ich werde schlafen und vergessen.
|