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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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28.02.2022, 01:17 | #1 |
Alles nah
Meine Schritte sind klein geworden.
Die Sonne sucht den Horizont. Schatten neigen sich, sie fallen tief. Das Spinnennetz im Türrahmen tanzt im Takt mit den Regentropfen. Sie trommeln, sie platzen. Hörst du sie lachen? Putz rieselt von der Decke, er bedeckt mein Haar und streichelt meine Wangen. Ich beuge das Haupt. Dornen und Narben! Sie sind mir treu geblieben. Die Liebe meines Lebens! Ich habe sie verloren! Milde bin ich geworden, mir ist alles nah. Bin ich im Herbst geboren? © Flocke |
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28.02.2022, 01:44 | #2 |
abgemeldet
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Moin Flocke,
das trifft bei mir irgendwie gerade einen Nerv, ohne dass ich das in mir drin gerade wirklich greifen kann. Mir gefallen die Bilder sehr, auch wenn ich hier noch versuche zu deuten, ob es sich wirklich um den Verlust der Liebe des Lebens handelt, oder ob es der schleichende Verlust des Lebens ist, weil Du ja auch einen Alterungsprozess beschreibst. Vielleicht ist aber auch beides miteinander kombiniert. Sprich, einen Verlust, den das Lyrische Ich im Alter noch nicht verwunden hat. Die letzte Strophe allerdings lässt mich dann doch vermuten, dass es um einen Verlust der großen Liebe geht und dass dieser erst im Herbst des Lebens verarbeitet worden ist. Im Herbst geboren... Sehr schön. Jedenfalls mag ich das sehr, weil da schon einiges drin steckt. Das geht in meine Favoriten. Bei "streichelst" hast Du allerdings ein Doppel-L eingebaut. Noch kannst Du es korrigieren. Gruß Pennywise |
28.02.2022, 02:13 | #3 |
Danke Pennywise,
eine Ahnung, dass da ein Schreibfehler sein könnte, hat mich noch mal auf diese Seite getrieben. Meine Sorge war berechtigt, aber du warst schneller. So was passiert mir, wenn ich noch zwei- oder dreimal den geposteten Text verändern will. Solche unnötigen Fehler ärgern mich wie ein Marmeladenfleck auf meinem Pullover. Aber gut korrigiert ist ja halb gelungen. Danke dir sehr für deinen netten Kommentar. Wenn ich wieder wacher bin, werde ich darauf antworten. Grüße Flocke |
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01.03.2022, 02:07 | #4 |
Hallo Pennywise!
es freut mich sehr, dass dich die Bilder erreicht haben und es macht Spaß zu sehen, wie genau du das Gedicht betrachtest. Ich finde mich in deinen Anmerkungen wieder. Ich möchte noch einen kurzen Blick auf den Begriff: Verlust der "großen Liebe" werfen. Ich denke, dass das ältere lyrische Ich eine andere Sicht auf das Leben hat als in seinen jüngeren Jahren und es anders gestaltet. Er lebt nunmehr weniger agierend und eher betrachtend. Aber ich glaube auch, dass es in diesem Zusammenhang keine bessere oder eine schlechtere Art und Weise gibt, sein Leben zu leben. Der Begriff "schleichenden Verlust des Lebens" könnte das nahelegen. So als ob die Lebensqualität stückchenweise zugrunde ginge. Im Gedicht wird aber nicht vom Verlust des Lebens gesprochen, sondern vom Verlust der "großen Liebe". Das lyrische Ich nimmt sein Leben als nicht mehr junger Mensch aufmerksam wahr. Trauer klingt an: seine große Liebe ist vergangen, die Narben blieben, aber er scheint nicht verzweifelt. Er ist sicherlich nicht mehr so sehr aktiv im Leben eingebunden. Das Leben gleitet eher an ihm, der langsam geworden ist, vorbei. Einsamkeit schwingt mit. Das lyrische Ich hat auch Verluste, Schmerzen und Niederlagen in seinem Leben als Bestandteile seiner Persönlichkeit angenommen. Kanten und Spitzen seiner Verletzungen sind mit der Zeit geglättet. Er ist milde geworden mit anderen und mit sich. Und so kann er jetzt in seinem Leben eine tiefe Verbundenheit und eine wohltuende Nähe zu allem, was ihm widerfährt empfinden. Liebe Grüße Flocke |
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01.03.2022, 13:39 | #5 |
Auch mir gefällt das Gedicht sehr gut. Vor allem die kreativen Bilder. Zudem finde ich mich gut wieder in dieser hart gewonnenen Milde, die aus den verarbeiteten Verlusten und Schatten des Lebens geworden ist.
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin. |
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03.03.2022, 11:56 | #6 |
Hallo AlteLyrikerin,
Es schließt sich ein Kreis. Ich habe in deiner Gedichtsammlung geblättert und ein Gedicht von dir gefunden, das mich damals und heute sehr ansprach. Zwar sehr unterschiedlich in ihrer Art ähnelt mein Gedicht dem deinen, was die innere Haltung angeht. Schnulle Köhn fand damals die Worte: "Hallo AlteLyrikerin, aus deinen Zeilen spricht irgendwie so eine Milde dem eigenen Ich gegenüber ... im Rückblick auf das gelebte Leben und in Aussicht auf die Vergänglichkeit." Und, wie du siehst, reagierten wir auf die jeweilige Vorstellung des anderen Textes auf gleiche Weise. Ich muss bekennen, über die Jahre hatte ich unsere Begegnung vergessen. Eigentlich habe ich dein Gedicht also gerade wiederentdeckt. Ich kann mir vorstellen, dass deine Verse ihren Teil dazu getan haben, dass ich meine schreiben konnte. Falten. Meditation über ein alt gewordenes Gesicht Mein Antlitz prägte nie das Ebenmaß aus Samothrake. Die Nase, immer schon zu groß, blieb sich darin stets treu. Pfirsichhaut hat nicht lang vertraut der Mär vom glatten Leben. Erzählt inzwischen, ungeschminkt, von prall gefüllten Jahren. Von Siegen, die zu viel gekostet, von Niederlagen, die mir Not getan. Von stillen Glücksmomenten, ganz umsonst zu haben. Von wirren Eskapaden, viel zu hoch bezahlt. Von glatten Straßen ohne Ankunft und weglosem zufrieden sein. Zum Weichbild will ich mir nicht glätten, die Runen meines Seins, die sich dereinst entfalten zum oft durchkreuzten Wort, das bleibt. ( AlteLyrikerin) https://www.poetry.de/showthread.php?t=83053 Hab einen schönen Tag Flocke |
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03.03.2022, 14:19 | #7 |
Es ist immer schön Geistesverwandte zu treffen.
Herzliche Grüße, AlteLyrikerin. |
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