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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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19.05.2019, 16:38 | #1 |
Ich bin ich
Ich bin Schülerin
Ich stehe Montags bis Freitags früh auf Nehme meine Tasche, meinen Ordner und gelegentlich meine Sporttasche mit Fahre jeden Morgen mit dem Bus zur Schule Sehe jeden Morgen dieselben Menschen Folge immer dem gleichen Stundenplan Immer in den gleichen Räumen Alles ist durch getaktet Mein Kalender kennt jeden Test, jede Präsentation und jede Kursarbeit Ich zähle die Sekunden bis zum Schulklingeln Alles hat hier seine Ordnung Etwas anderes kann ich nicht akzeptieren So müssen in der letzten Stunde die Fenster geschlossen und die Stühle hochgestellt werden So muss jedes Buch in der Bibliothek am Ende der Pause an seinem rechtmäßigen Platz stehen Nur die Hausaufgaben, die müssen nicht erledigt sein Und trotzdem Stunde für Stunde Tag für Tag Woche für Woche Monat für Monat Jahr für Jahr Bin ich doch dort um zu lernen Nicht der Takt, nicht die Ordnung auch nicht die Freunde sind was mich dort halten Es ist die kindliche Neugier, das Verlangen nach mehr Wissen Süchtig nach der Erkenntnis Wie eine verbotene Frucht nehme ich Bissen für Bissen Kann es nicht zurücknehmen, nicht vergessen Möchte für immer dort bleiben, niemals fortgehen Doch werden sich die Tore des Paradieses bald hinter mir schließen Aber ich sage euch: „Ich komme wieder!“ Ich bin Künstlerin Berge von weißen Blättern vor mir Jedes leerer als das andere Ich halte einen Bleistift, einen von Tausenden Eine Kerze neben mir sie brennt, flackert, tanzt Die Miene bewegt sich im selben Takt über das Papier Verwandle die leeren Blätter in Spiegel meiner Selbst Keiner sieht mich bin in meinem Zimmer vergesse wo meine Tür hinführt als würde ich durchs Weltall schweben Bin schwerelos Unberührt froh Es ist still Nur die sanfte Musik aus den Lautsprechern füllt den Raum Spüre mein Herz schlagen Ein kindliches Lächeln auf meinem Gesicht Als ich den Stift zum letzten Mal anhebe falle ich auf den Boden der Tatsachen zurück: Mein Rücken schmerzt Die Augen brennen Mein Handgelenk beschwert sich Und die vorher noch so sanfte Musik dröhnt mir nun im Schädel Ich schaue auf die Uhr Waren es wirklich nur zwanzig Minuten gewesen? Ich öffne das Fenster Schließe die Augen und lasse mich von der frischen Luft erquicken Doch als ich wieder auf das Blatt schaue Entdecke ich eine groteske Gestalt: weder Mensch, noch Tier, noch sonst irgendwas Substanzlos, abschreckend ein Schauer läuft mir über den Rücken Ich nehme es, zerknülle es und werfe es fort Nur Sekunden dauert es bis wieder ein neues, noch weiseres Blatt vor mir liegt und das Spiel beginnt von vorn Ich bin Zwilling Eine große Schwester Muss die Pflichten tragen Mir sind diese zwei Minuten die Verantwortung wert Sie sind wichtig, gehören nur mir, möchte sie nicht teilen Nicht die auch noch Nichts ist wirklich mir gewesen Das einzige Possessivpronomen im Wortschatz war „uns“ Vom Spielzeug über Stifte bis hin zu Klamotten Nichts war mir, nur „uns“ In der Schule waren wir gefährlich, gefährlich leicht zu verwechseln Täglich wurde der falsche Name gerufen Bis sich auf einmal immer zwei Köpfe gleichzeitig drehten Diese Einheit aus zwei Schwestern zerbrach Jeder wollte sich selbst sein und nicht „wir“, nicht ein Zwilling Niemand hatte die Absicht eine Mauer zu bauen bis sie auf einmal dort stand Eingeteilt in Ost und West Aus einem Zimmer wurden zwei Freunde des Anderen waren nicht mehr die eigenen Der Anblick der Schwester, wie ein Blick in den Spiegel Wer ist echt, wer nur ein Trick des Lichts Die Pubertät schleicht vorbei Und wie Schuppen fällt es von den Augen Das Geschenk wird erkennbar Eine solche Person hat nicht jeder Wir fallen uns in die Arme sind versöhnt, bleiben aber Menschen machen Fehler, sind sauer, verzeihen, wie ein altes Ehepaar Auf einmal wieder unzertrennlich Die Eine ohne die Andere nicht denkbar Will nicht mehr ohne meine kleine Schwester Ich bin Mensch Bin aus Fleisch und Blut bin zerbrechlich Besitze Emotionen Auch die, zerbrechlich Bin eine von 80 Millionen, von 7,5 Milliarden In meinem Kopf so viele Fragen, so viele Zweifel Wie kann ein Mensch sich bei so vielen Menschen doch so alleine fühlen? Schuld sind nicht die anderen, es liegt an mir Warum vertraust du auch anderen Menschen Wenn du es nicht selbst machst macht es keiner Wer vertraut, wer sich auf andere verlässt ist schwach, kann es selbst nicht So sage ich es mir zumindest immer wieder Wenn du Schwäche zeigst nutzt es nur jemand aus Verputze deine Ecken und Kanten und lass niemand darunter sehen Lass alles wie Wasser an dir abperlen Dass du nirgendwo mehr anecken kannst Für alle da mit einem Lächeln auf den Lippen Ja, das ist es, was ich mir selbst einbläue Und doch genieße ich Tag für Tag Sperre die Zweifel weg lasse das Leben an mir vorbeiziehen Vertraue, liebe, falle und zerfalle immer und immer wieder Es ist ein schrecklich schöner Kreis der weder Anfang noch Ende besitzt genieße mein Mensch-seien Sauge alle Eindrücke um mich herum ein Bis ein ehrliches, fast schon zu breites Lächeln auf meinen Lippen ist Und jeder, der mich sieht wird angesteckt von meiner guten Laune Kann nicht anders als mit mir zu Lächeln Ich wünschte es ging immer Nur wenn der Schmerz zu groß, die Freuden zu klein sind, kann ich das nicht Mein Gesicht entspannt zu einem neutral-traurigen Ausdruck Bis es vorübergeht und mein Lächeln keine Tonnen mehr wiegt Bis sich meine Gedanken wieder beruhigt und die Schmerzen abgeklungen sind Ich lache Ich weine Ich genieße das Leben Ich denke an mein Ende Ich vertraue Ich behalte vieles für mich Ich fliege Ich falle Ich wachse Ich zerfalle Ich bessere mich Ich mache Fehler, doch Ich bin ich - LittleBlueDragon |
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26.05.2019, 11:47 | #2 |
Liebe LittleBlueDagon,
ein Text, in dem viel drin steckt aber auf mich etwas sprunghaft wirkt. Von der Schülerin zur Künstlerin, dann zum Zwilling und zu Dir als Mensch zurück. Trotzdem hast du mich als Leser gut unterhalten und lässt mich nachdenklich zurück. Sehr gerne gelesen! In deinem Nick fehlt wohl versehentlich ein r, lasse es doch von der Administration korrigieren. Liebe Grüße Gylon |
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26.05.2019, 14:15 | #3 |
abgemeldet
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hallo dagon*) -
mag sein es fehlt kein r...? dieser text ist eindeutig in der falschen rubrik. es ist weder lyrik noch prosa sondern eher ein tagebucheintrag gemischt mit einer winzigen autobiografie. vlg r *) https://lovecraft.fandom.com/wiki/Dagon |
20.07.2019, 20:35 | #4 | |
Zitat:
Ich wollte mit dem Text ein bisschen Identitätssuche betreiben und bin dann auf diese vier Themen gekommen. Ich hatte mir überlegt ob ich die Teile jeweils als einzelnes Thema hochladen sollte, aber da ich den Text schon einmal in seiner Gesammtheit vorgetragen hatte, habe ich mich dagegen entschieden. Tatsächlich fehlt in meinem Benutzernamen ein r, da zum Zeitpunkt des Erstellens bereits ein gleichnamiger Nutzer existierte. |
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21.07.2019, 00:38 | #5 | |
abgemeldet
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Zitat:
"was ist jessi???" fragte ich sie. "Dein Lächeln wiegt ca 1,5 Tonne, das hat mich niedergelegt." "Ok - dann trage ich dich gleich ins bett - nur: ich hab noch immer die nervenentzündung in der linken schulter, also bitte krabbel selbser rüber." |
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