|
|
Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
|
Themen-Optionen | Thema durchsuchen |
09.08.2013, 01:22 | #1 |
1916
Im Westen? Nichts Neues. Nur Trichter im Land,
geborstene Granaten. In Ästen die Därme, am Weg eine Hand zerrissener Soldaten. Was fragst du? Man stirbt. Wie sinnlos ist das. Oft Hunderte die Stunde. Und denen, die rückkehren werden vom Gas, erstarb das Wort im Munde. |
|
09.08.2013, 07:35 | #2 |
R.I.P.
|
Lieber gummibaum -
Das ist ebenso schaurig wie gut gesetzt.
Herzlichen Morgengruß von Thing |
09.08.2013, 10:24 | #3 |
Hallo, gummibaum,
du erinnerst hier an den erstmaligen Einsatz von chemischen Kampfstoffen im ersten Weltkrieg, der sich immer weiter hochschaukelte. Von deutscher Seite aus: erster grausamer mengenmäßiger "Höhepunkt": Januar 1916 (Reims) - 500 Tonnen Chlor. Später wurde Phosgen beigefügt und an der Westfront gegen französische Soldaten eingesetzt. (Mai 1916) Wie du das machst, in so wenigen Worten, aber Schlüsselworten, (mit Trichtern sind sicher die Grannateneinschusslöcher gemeint) find ich ganz stark. Das ist Ver-dichtung, Herausarbeiten einer Kernaussage mit Worten, die noch genug Platz für Assoziationen lassen. Kompliment! Grausam, wie gut! lieben Gruß, simba |
|
09.08.2013, 11:26 | #4 |
R.I.P.
|
Ja,
und auch an den aufwühlenden Kurzroman von E. Kramer (Remarque) erinnernd. |
10.08.2013, 07:22 | #5 |
Dabei seit: 06/2012
Ort: Erstwohnsitz: Der Himmel, ein Schneeweißes Wolkenbett
Alter: 63
Beiträge: 1.722
|
Still ist mein Herz,
nur noch weinen ob all der Mütter ihre Kinderfrucht im Leibe trugen Treu sie standen Herzens-bluten jener Stunde jenem Orte wo des Mensch seins - fort Es erschlägt mich! Ich schenke alle Liebe die ich noch in mir finde, aus Trotz, zum TÖTEN! |
10.08.2013, 09:53 | #6 |
Hallo simba,
gut, dass du Historisches nachgefüttert hast. Schon der wissenschaftliche Ergeiz in der Kampfgasforschung war so verwerflich. Man wusste, welche Qualen man anrichtet und war sich nicht zu schade, noch Ehrungen anzunehmen. Hallo Thing, Remarque hat es beschrieben. Auch der dritte Vers zitiert den Roman fast wörtlich. Hallo Phönix-GEZ-frei, viele Soldaten waren ja noch ahnungslose Kinder und die Mütterhände plötzlich unvorstellbar leer. LG gummibaum |
|
10.08.2013, 10:01 | #7 |
R.I.P.
|
|
10.08.2013, 10:59 | #8 |
Nicht schlecht so. Es sitzt das Grauen tiefer und macht auch für Schönes empfänglicher.
|
|
10.08.2013, 11:06 | #9 |
Dabei seit: 06/2012
Ort: Erstwohnsitz: Der Himmel, ein Schneeweißes Wolkenbett
Alter: 63
Beiträge: 1.722
|
Ich gehe in meinen Gedanken weiter und sehe die Gaskammern des Zweiten
Vernichtungskrieges gegen alle Menschlichkeit. Dort wo sie Experimentierten um am Ende Massenhaft Individuen, Empfindungs volles Leben vernichteten für ihren Verbrecherischen Größenwahn der in jedem Land auf diesem Planeten zu finden ist. Selbst hier Herrscht der Wahnsinn! Schaue genau, es ist nur einer unter vielen, im anderem Mantel. Ich nenne ihn Uli. R. LG Phönix |
10.08.2013, 16:44 | #10 |
Forumsleitung
|
Die erste Strophe ist reißerisch ("Gedärme in den Ästen"?) und mir trotzdem nicht drastisch genug. Der verstümmelte Tote am Boden ist für mich bedrückender als zerstreute Leichenteile, von denen ich nicht weiß, wem sie gehörten. Ein Toter ist dagegen immer noch als Mensch wahrnehmbar, mit oder ohne Eingeweide.
Aber die zweite Strophe geht unter die Haut. Da kommen Menschen zurück, körperlich und geistig bis zum Tode gezeichnet. Die sind noch da, aber fertig ... und das hast Du auf den Punkt gebracht. LG Ilka |
10.08.2013, 19:56 | #11 |
Hallo Ilka,
"Gedärme in den Ästen" steht im Roman. Aber du hast recht, das Leiden der noch Lebenden wirkt stärker. Ich will das Gedicht im Moment nicht ändern, dich aber gern mit dem folgenden Ausschnitt bestätigen. LG gummibaum “Wir sehen Menschen leben, denen der Schädel fehlt; wir sehen Soldaten laufen, denen beide Füße weggefetzt sind; sie stolpern auf den splitternden Stümpfen bis zum nächsten Loch; ein Gefreiter kriecht zwei Kilometer weit auf den Händen und schleppt die zerschmetterten Knie hinter sich her; ein anderer geht zur Verbandstelle, und über seine festhaltenden Hände quellen die Därme, wir sehen Leute ohne Mund, ohne Unterkiefer, ohne Gesicht….” (Im Westen nichts Neues) |
|
10.08.2013, 21:40 | #12 |
abgemeldet
|
Und denen, die rückkehren werden vom Gas,
erstarb das Wort im Munde. Damit hab ich irgendwie Probleme Im ersten Vers steht das etwas nach der Rückkehr passieren wird, im zweiten Vers steht das Zukünftige Geschehen aber schon in der Vergangenheit. Kann mir das einer erklären bitte? |
10.08.2013, 21:46 | #13 |
R.I.P.
|
Ganz simpel:
Das Gas zerstörte die Lungen. Wessen Lunge zerfressen ist, kann nicht mehr viel an Lauten von sich geben, wer aus dem Grauen zurückkam, war auch ohne Gasvergiftung oft stumm geworden. Der Unterschied zwischen WKI und WKII darf nicht übersehen werden. Die "Heimat" war im WKI nicht auf das gefaßt, was an der Front (der erste Stellungskrieg) geschah. |
10.08.2013, 21:53 | #14 |
Ich glaube, es ging Chip um die Zeitenfolge, Thing. Ansonsten sind die Erklärungen natürlich gut.
Imperfekt vertritt hier das wenig poetisch klingende Futur II: wird das Wort im Munde erstorben sein. LG g |
|