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10.03.2012, 18:14 | #1 |
gesperrt
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Respekt vor dem Leser!
Respekt vor dem Leser
Wir haben ja hier im Forum unterschiedlichste Diskussionen, wie man sich auf unterschiedlichste Weise zu einem Text äußert, sei es wohlwollend oder kritisch. Ich will nicht in diese Kerbe hauen, weil diese Diskussion abgedriftet ist in persönliche Anfeindungen. Sie trifft also den Kritiker, nicht die Kritik. In diesem Zusammenhang war auch von Respektlosigkeit die Rede. Ich denke, dass zunächst der Autor eines Textes eine Bringschuld hat. Dass sein Werk einem Leser zumutbar ist, das beginnt schon bei der Schlecht-/Rechtschreibung, dessen Gebrauch man dem Leser zollen sollte – zumindest als erwachsener Mensch in einem Forum (Bei Jugendlichen will ich gerne Toleranz walten lassen). Und hiermit sind nicht die Flüchtigkeitsfehler gemeint, die wir alle machen. Über Stil und Form kann man streiten, muss man aber nicht, man kann es auch einfach hinnehmen oder unter „Kreativität“ und künstlerischer Freiheit verbuchen. Von vielen Texten fühle ich mich als Leser verarscht, weil sie einfach (erb) ärmlich und ohne jede Substanz sind, wie von einem Computerprogramm ausgespuckt. Hier mahne ich an, dass es auch einen Respekt vor dem Leser geben muss, ein Mindestmaß des Zumutbaren. Man muss nicht jeden hingeschmierten Einkaufszettel, jede blöde Floskel oder jede Blähung publik machen. Wer es dennoch praktiziert, muss sich mit den Tücken eines Forums vertraut machen. Antworte ich auf offensichtlichen Schund mit schroffen „Schrott“, erwartet der beleidigte Autor stattdessen eine sachlich begründete Kritik, für die mir aber meine Zeit zu schade ist. So will ich nicht näher begründen und mich zu Unflätigkeiten hinreißen lassen, weil mich ein dummer Text provozierte. Auch in den Konzertsälen muss der Künstler dem Publikum Respekt zollen, sonst hagelt es Buhrufe oder es folgen gar die beliebten Mitbringsel. Außerdem gibt es das Unterforum „Experimentelles“, in dem man versuchsweise seine Ergüsse verbal ejakulieren kann. Nicht jedes dünnsinnige Gewurstel muss, mangels Erklärungsnot, als architektonische und künstlerische Verbalisierung deklariert werden und den Anspruch hegen, freundlich kommentiert zu werden. Viele wirkliche Schätze und Kunstwerke von wahrhaftigen Handwerkern der schreibenden Zunft liegen in den Katakomben dieses Forums – unkommentiert. Traurig, wenn vor diesem Hintergrund Diskussionen und Feindschaften entstehen durch das Geschreibsel sich selbst zerstörender Texte, die nur Aufmerksamkeit heischen wollen. Oft kommt es dem Schreiber nur darauf an, sich mitzuteilen. In einem Gedicht-Forum sollen sich aber die Texte mitteilen. Und diese müssen einem intelligenten Menschen die Möglichkeit geben, ein inhaltliches Verständnis aufzubringen, anstatt Wortverhunzungen zur Kunst hoch zu sterilisieren. Letztendlich aber geht es immer nur um das Gedicht – nicht um den Dichter. Auch vernichtende Kritik soll und darf nicht den Dichter vernichten. Aber den Kritiker auch nicht! Auch das ist künstlerische Freiheit, seine Kritik in Spott und Ablehnung zu formulieren. Und das muss ein Text abkönnen! Jeronimo |
10.03.2012, 20:42 | #2 |
R.I.P.
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BRAVO !
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11.03.2012, 06:25 | #3 |
Forumsleitung
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Deine Ausführungen kann ich von vorne bis hinten unterstreichen, Jeronimo, und ich meine auch zu erkennen, welche jüngsten "Entwicklungen" im Forum Dich zu dazu veranlaßt haben. Dabei hast Du aber einen Aspekt außen vor gelassen: Es geht nämlich nicht nur um die Kommunikation zwischen Autor und Leser, um Textqualität und um positive oder negative Kritik, sondern es geht um eine "dritte Kraft", jene "Ritter der Enterbten", die genau das verteidigen, was Du anprangerst, weil sie sich in Personalunion mit dem kritisierten Autor zu befinden meinen, besonders, wenn sie dessen Machwerk vorher in den höchsten Tönen gelobt haben. Um diese Peinlichkeit von sich zu weisen, greifen sie dann tief in die Beleidigungs- und Schlagwortkiste gegenüber jenen Kritikern, die nicht ihrer Meinung sind, und dazu eröffnenen sie sogar einen eigenen Thread. Das interessante an diesem Mechanismus ist die Tatsache, daß man auf den Auftritt dieser "dritten Kraft" ein Vermögen wetten kann - man wäre immer auf der Gewinnerseite.
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11.03.2012, 23:54 | #4 | ||||
abgemeldet
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Hallo Jeronimo.
Zitat:
Wirst Du hier bezahlt? Zitat:
Zitat:
Bedenke alles bei Klammerspielen... Zitat:
Ich glaube, es gibt hier vor allem ein Definitionsproblem. Ich selbst bin dagegen junge Menschen abzuwatschen, die erste lyrische Versuche machen. Bei Erwachsenen ist es da schon anders. Aber: Auch eine miese Rechtschreibung kann Form sein. Beispiel: ich will nich sain wie ia ich will nich wi ia redn ich will nich wi ia schraibn Göte sakt: schraib wi du schbrichst so schraibstu schön Was ich ansonsten einfach vermisse, ist das Eindenken des Kommentators in den Text des Dichters. Da wird an Oberflächlichkeiten der Strick geknüpft anstatt den GEIST des Werkes zu atmen, vielleicht den Charme den eine Unbedarftheit haben kann, die Naivität, die aus blinder Liebe spricht. Man kann sich über sowas lustig machen, muss man aber nicht. Noch schlimmer, wenn es um seelischen Schmerz geht, da wird blindlinks draufgehauen, ganz egal, ob es jemanden verletzt oder nicht. Man kann sagen, dass es einem nicht gefällt, wenn es einen ankotzt kann man es auch lassen. Das Lesen eines Gedichtes ist ein ANGEBOT und keine Pflichtveranstaltung. Und niemand ist verpflichtet zu kommentieren (es sei denn, man ist ein Häufchenmacher und muss überall seinen Namen stehen sehen und schreibt seine sechs sinnlosen Verbalfäkalien, ob es Sinn macht oder nicht, Hauptsache alle haben gesehen: "Ich war hier". Herostratismus, wenn Du mich fragst. Auf der anderen Seite gibt es welche, die sich eines hochwohlgeborenen Scheinausdrucks bedienen und alles in schmierigem Glanze erstrahlen lassen: Ganz ohne Rechtschreib- und Grammatikfehler! Aber: Herzlos berechnetes, sinnfreies Geschwafel, dass, gern mythologisch oder scheinphilosophisch bespickt, ad hoc dahingepuppert wird (ist denn auch ein lateinisches oder französisches bonmot dabei?) und dann zu gerne untereinander beklatscht wird. Sieht man dann auf die schmutzigen Versfüsschen und die verwachsenen Formen ist es schnell mal aus mit der Pracht. Ebenso die Doppelmoral, wenn manche sich von "unwürdigen Gefechten" mit hocherhobener Nase verabschieden und sich sogleich in der nächsten Lache suhlen. Und diese Grunzerle möchten noch gerne gepudert werden und die Perlen auf dem Silbertablett bekommen, während sie auf der Sänfte von der schweigenden, aber angekotzten Menge getragen werden. Ich denke, dass darf getrost mal gesagt werden. Jeder sollte seine Meinung sagen. Aber bei Gedichten geht es nicht nur um Texte. Warum schreibst Du, Jeronimo? Warum schreibt jemand Gedichte? Ich verrat Dir was: Das Ziel ist nicht einen annehmbaren Text mit guter Rechtschreibung für ein paar Forumsfuzzis (ich meine uns alle) zu schreiben. Ich denke, es sollte in erster Linie um den Impuls gehen. Warum begeistern sich Menschen für Portraits? Zumal sie die meisten dargestellten Personen gar nicht kennen? Was fasziniert sie? Was ist wichtig? Ja, ein Text sollte lesbar sein. Und es wäre schön, wenn er eine Botschaft hat und mir etwas neues beibringt. Aber es gibt auch Menschen, die zur Berlinale gehen und sich fünf Filme nacheinander ansehen und die Qualität der Filme bemängeln (wenn sie denn die Titel noch zusammenkriegen). Ich beschäftige mich viel mit Malerei und habe im Laufe der Jahre oft die Erfahrung gemacht, dass manche Bilder mir nichts gesagt haben, weil sie mir profan erschienen, weil ich meinte, dass ich das alles kenne und tausendmal gesehen habe...aber eine Zeit lang später habe ich mehr über Menschen oder Kunst gelernt und kann mir selbst aus den kleinsten Anfängersachen etwas Interessantes ziehen. Wie kam Picasso zu seinem "Kindergeschmiere" wie es manche nennen, wenn man seine Frühwerke oder die blaue Periode betrachtet? Manchmal ist die Frage, was ich für eine Erwartungshaltung habe und ob ich mich über den ersten Eindruck sofort erhebe und der Sache überhaupt keine Chance gebe. Es ist eben auch die Frage, WER sich das Gedicht ansieht und wozu er fähig ist. Wie weit kann ich mich selbst wiederfinden? Wie weit kann ich mich einfühlen? Wie könnte ich der Person helfen, wenn ich denn möchte? Aber zugegeben: Einen kleinen widerlichen Furz über einem nicht aufgegangenen Hefeteig zu lassen, geht schnell und gibt ein großartig erhebendes Gefühl und hinterlässt natürlich bei vielen den Eindruck der Überlegenheit. Ach ja: Wenn Du in einem Elektronikmarkt eine mieses Produkt siehst, machst Du Dir dann auch die Mühe einen Zettel zu schreiben um möglichst einfallsreich oder platt Dich über das Produkt lustig zu machen und den Verstand des Herstellers in Zweifel zu ziehen? Mir wäre es die Sache nicht wert. Wozu dient es? Wird das Gedicht besser? Wird der Verfasser klüger? Wird das nächste Gedicht des Verfassers klüger? Ich bin eben nicht der Meinung, dass "eine Tracht Prügel noch niemandem geschadet hat". (Nur zur Anmerkung: Ich halte Dich nicht für einen Häufchenmacher und habe Dich in diesen Bezügen nicht gemeint.) Liebe Grüße an Dich, Jack |
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12.03.2012, 07:06 | #5 |
abgemeldet
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Ich kann mir nie wissen, was ich dem anderen, mit meinem Schreiben, ich in ihm verursache, das ich damit seine Würde verletze. Manchmal ist es zu viel, manchmal zu wenig. Ich habe noch nie gehört, dass jemand an Buchstaben, den Worten zu Sätzen, jemals gestorben ist. Auch wenn ich meinem Freund sage, ich könnte dich umbringen du Schuft, auch daran, wenn ich wirklich nicht Hand anlege, stirbt er nicht.
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12.03.2012, 07:13 | #6 | |
Forumsleitung
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Aus einem Lexikon:
Zitat:
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12.03.2012, 12:12 | #7 |
Lesezeichen für Respekt vor dem Leser! |
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