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23.12.2006, 12:29 | #1 |
Toni
Nachts um drei. Das war die richtige Zeit. Und Toni machte sich auf den Weg in die Einkaufspassage, die Leiter auf der Schulter tragend. Am Beginn der ersten Lichterkette klappte er sie auseinander, stellte sie auf die Gehwegplatten und prüfte, ob sie sicher stand, indem er an ihr rüttelte. Sie stand sicher. Aber noch bevor er die erste Stufe nahm, fiel ihm ein, dass er den Rucksack vergessen hatte. Toni lobte sich für seine Geistesgegenwart. Wie hätte er auch die Glühbirnen, die er spätestens im Frühjahr dem Besitzer des 99-Pfennig-Marktes verkaufen würde, nach Hause transportieren sollen? Also ging er zurück.
Es lief nicht gut. Toni fror. Und die Tatsache, dass er nun die Leiter um knapp 20 Meter versetzt vorfand, passte nicht in seine Vorstellungen; viel weniger noch, dass der bucklige Türke vom An-und-Verkauf davor stand. Wie es aussah waren die beiden Plastiktüten, die er in seiner Linken hielt, gefüllt mit herausgeschraubten Glühbirnen. Toni kam die Situation einfach merkwürdig vor. Nach kurzem Überlegen gelangte er zu dem Schluss, dass er nicht bereit war, seinen Plan, der hier von einem Günstling der Stunde durchquert wurde, als gescheitert anzusehen. Deshalb ging er zu dem Buckligen, wies auf die Leiter, sprach: „Meine!“, klappte sie zusammen, nahm sie wieder auf die Schulter und marschierte in Richtung Festplatz davon. Der Bucklige nickte und grinste ihm hinterher. Die riesige Dogge hatte keinen Laut von sich gegeben und war ohne Hast herangetapst gekommen. Sie hielt jetzt seinen Fuß über dem rechten Knöchel im Maul und knurrte finster. Toni sah augenblicklich ein, dass es keine gute Idee gewesen war, von dem ursprünglichen Plan abzuweichen um stattdessen im Wirtschaftshof des Supermarktes Pfandflaschen zu besorgen – nur weil man mit der Leiter leichter über die Mauer kam. Es war hundekalt und Toni musste darüber nachdenken, ob er, bevor er verblutete, erfrieren würde. Er versuchte kurz den Fuß aus dem Maul der Dogge zu ziehen. Doch das Tier drückte daraufhin seine Zähne mit einem solchen Druck gegen die Sehne seiner Ferse, dass sich Tonis Zehen gegen die Sohle des Schuhes krümmten. Er wunderte sich, dass er keinen Schmerz fühlte, wusste nicht weiter und wartete. Toni konnte die Balance halten, indem er auf dem freien Fuß leicht hüpfte. Aber das Ganze machte ihn traurig. Aus irgendeinem Grund musste er plötzlich wieder an das Mädchen mit den langen roten Haaren denken. Sie waren keine Kinder mehr gewesen und immer wenn sie sich begegneten, musste Toni lächeln. Es ging nicht anders. Lächeln war viel. Und er brachte es nicht fertig sie anzusprechen. Als sie irgendwann begann zurück zu lächeln, lachte es jedesmal aus Toni heraus und er fühlte sich warm innen. Jetzt verstaubte sie hinter der doppelten Glasscheibe in der Sparkasse, während sie damit beschäftigt war Geldscheine zu zählen. Toni war ihr vor Jahren dort begegnet. Ihre Haare waren getönt und das mit dem Lächeln klappte nicht mehr. Sie hatten beide ihre Jugend weit hinter sich gelassen; sahen sich ins Gesicht wie Fremde. Und weil die Ahnung, dass diese Frau trotzdem irgendetwas mit seinem Leben zu tun hatte, selbst in diesem Moment wie ein Licht in ihm aufstieg, fasste er einen Entschluss. „Wenn ich das hier überlebe“, sprach Toni die Dogge an, „dann gehe ich zu ihr.“ Das Tier knurrte nur noch lauter. „Ich bin Schuld daran, dass sie unglücklich ist. Verstehst Du?“ Die Dogge verzog das Maul, so dass die gesamten Zahnleisten des Ober- und Unterkiefers sichtbar wurden. „Du musst mich aber jetzt loslassen.“ Die Dogge ließ ein tiefes wütendes Bellen hören und Tonis Fuß fiel gefühllos zu Boden. Er konnte zu den Kästen humpeln und füllte hastig seinen Rucksack mit leeren Flaschen bis er sich sicher war, dass es für einen Blumenstrauß reichen würde. Die Dogge sah ihm zu, schüttelte sich und entließ Toni über die aufgestapelten Kästen in die Freiheit. |
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23.12.2006, 13:37 | #2 |
Gast
Beiträge: n/a
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wie melancholisch!
ein klein wenig überzeichnet vielleicht, das ganze, jedenfalls ab da, wo die dogge ins spiel kommt (so cool ist niemand im angesicht des todes), und ein klein bisschen zu umständlich vielleicht auch. aber eine gute weihnachtsgeschichte. schön: das mädchen, das hinter der doppelten glasscheibe verstaubt. weitermachen. und die kommas dabei richtig setzen. liebe grüße aus dem vorweihnachtlichen inferno zwischen den lofoten groper |
23.12.2006, 13:47 | #3 |
Danke, groper.
"und ein klein bisschen zu umständlich" ... meinst Du? Ich finde das Leben manchmal auch etwas zu kompliziert. Wo würdest Du etwas ändern? |
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23.12.2006, 14:24 | #4 |
Gast
Beiträge: n/a
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die ersten beiden absätze zum beispiel. das ist - so hätte mein alter deutschleher weiland gesangt - zuviel "quatsch mit fransen". toni charakterisiert sich später selbst. die gardinenstange der oma, die softpornos, der gadanke an ein entgelt für's ausleihen - überflüssig.
wozu lässt du den türken telefonieren? warum ist toni, der ideenhaber, so blöd und lässt die leiter stehen, um den rucksack zu holen, wo es doch plastiktüten scheinbar auch tun? warum muss toni schon von hunden gehört haben, die beißen, ohne zu bellen - die eine dogge langt doch! *sich etwas sagen* geht geräuschlos vonstatten; lass toni von anfang an mit dem hund sprechen - das macht die sache weihnachtlicher, hm? tu insgesamt ein bisschen was weg von dem gerümpel, dann sieht der leser weiter. lg groper p. s.: ich hab dich schon mal gefragt, wie man es anstellen muss, um an ein bildchen unter seinem namen zu kommen. so what? |
23.12.2006, 17:51 | #5 |
Vielen Dank. Das macht Spaß. So.
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23.12.2006, 21:07 | #6 |
kleiner vergiss-fehler:
"Deshalb ging zu dem Buckligen" mensch du, zwölf [edit:14] mal editiert... aber ich denke es hat sich gelohnt, mhh? ich hab ja die ur-version nicht gesehen, aber die hier macht spaß. "Es lief nicht gut. Toni fror." "Es war hundekalt und Toni musste darüber nachdenken, ob er, bevor er verblutete, erfrieren würde." das sind meine lieblinge aber das ende ist mir, für das leben, doch noch zu unkompliziert... ein "happy end", schade ich hatte doch tatsächlich gehofft, dass es nicht so (einfach) geht... max |
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23.12.2006, 22:06 | #7 |
Danke auch Dir, exmaex.
Aber am Ende fangen die Schwierigkeiten doch erst an! Das sag ich Dir! Den Titel find ich scheiße. Irgendwelche Hinweise? |
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23.12.2006, 22:50 | #8 |
"toni", find ich, steht dem text doch gut.
es passt zusammen, es geht ja nicht um..., sondern es geht um toni. mir wird nix gescheit(er)es einfallen. |
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23.12.2006, 23:45 | #9 |
Gast
Beiträge: n/a
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irgendwas mit weihnachten. mit dem hund und der staubigen freundin hinter derm doppelglas.
wie wärs mit "weihnachtsgeschäft"? oder nur "shopping"? ...*bubbles*... groper |
29.12.2006, 00:16 | #10 |
Tonis Idee scheint gar nicht abwegig. Vom Gemeindehaus haben sie vor Heilig Abend den leuchtenden Stern abgebaut. Der hatte laut Pastor einen Durchmesser von 1,30 Metern.
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29.12.2006, 11:53 | #11 |
Gast
Beiträge: n/a
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ich glaub nicht, dass toni den ganzen stern mitgenommen hätte. passt nicht so recht in seinen rucksack, hm?
vielleicht war's ein wunder? lg groper |
01.01.2007, 20:46 | #12 |
Aber es kommt noch besser. Unsere Stadt ist voller Weihnachtsgeschädigter, wie ein Artikel aus der SVZ beweist:
"Erster Hinweis zum Tannenbaumfäller Ludwigslust. Wie uns der Leiter des hiesigen Polizeireviers, G. B. gestern mitteilte, gibt es bereits einen ersten Hinweis zu einem Tatverdächtigen, der in der Nacht vom 23. auf den 24. Dezember die festlich geschmückte Tanne auf dem Alexandrinenplatz aus noch unerklärlichen Gründen gefällt haben könnte. ..." Dies sei fachmännisch geschehen, so die Gerüchte. Und das ist wohl auch besser so, denn der Baum war ... ich schätze mal ... 15 m hoch. Mindestens. |
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02.01.2007, 17:20 | #13 | |
Ich finde das schön. Habe lange nichts dazu geschrieben, weil mir einfach nicht mehr einfallen wollte.
Die Passage mit der Dogge ist sehr witzig. Das ganze Szenario hat Athmosphäre. Zitat:
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02.01.2007, 21:43 | #14 |
Klingt auch besser, Struppigelchen. Danke.
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